Ich habe dir Unrecht getan. Jahrelang. Dabei hast du es mir immer einfach gemacht mit deinem fast schon südländischem Charme. Trotzdem hatte ich kaum einen längeren Blick für dich übrig, kam immer mal kurz vorbei – um dann doch gleich weiterzuziehen in die umliegenden Berge. Nur wenn es regnete, warst du mir eine willkommene Alternative. Und ich dachte fast jedes Mal: Für dich sollte ich mir mehr Zeit nehmen.
Nun bin ich hier. Nur wegen dir. Sag schon, Bozen, wo fangen wir jetzt an?
Vielleicht beim Walther. Dem von der Vogelweide, nach ihm ist der zentrale Platz in Bozen benannt. Oder nebenan beim Dom mit seinem hübschen Weintürle, wo früher immer kräftig ausgeschenkt wurde. Für ein Viertel ist es noch zu früh, aber die beste Zeit für den Bummel über den Bozner Markt. An jedem Werktag von morgens bis abends gibt es knusprig frisches Obst und Gemüse, Käse, Speck, Brot und allerlei Leckereien zu kaufen. Selbst schuld, wer da nichts findet.
Marktbummel macht nicht nur Appetit, sondern auch hungrig. Die Auswahl ist groß am und rund um den Platz – von der urigen Brauerei Hopfen & Co. bis zum stylischen Banco 11. Dort ist kurz vor Mittag kein Platz mehr frei, Schlange stehen angesagt.
Ein Zeichen, wie beliebt das Lokal ist? Klares Ja!, es lohnt sich, ein paar Minuten zu warten. Trotz hektischem Treiben hat die Chefin für jeden Gast ein Lächeln und: Zeit für einen kleinen Schwatz. Ein Glas Franciacorta, Praeclarus von St. Pauls oder lieber Südtiroler Sekt Arunda? Ach, immer diese Entscheidungen … Sie passen alle perfekt zum gebeizten Saibling und Lachs sowie zu den Antipasti.
Richtung Süden gehen wir später zum Museion, überqueren auf der neuen Brücke die Talfer. Von Norden grüßt Schloss Rabenstein herunter, zur anderen thront der Kohlern, Bozens zweiter Hausberg. Wir laufen ein Stück am Ufer entlang bis zur alten Talferbrücke, über die wir zurück in die Altstadt gelangen.
Durch die Lauben mit den vielen Geschäften (seit dem Mittelalter wird hier gehandelt) und dann durch die Waaggasse spazieren wir bis zum Kronplatz, dem ältesten der Stadt.
Gemütlich durch Bozens Altstadt flanieren
In der Bindergasse waren früher unter anderem die Fassbinder am Werk, wie Bilder an einer Fassade bezeugen. Sehenswert sind auch die alten Zunftschilder an den Häusern. Nur einen Steinwurf entfernt steht das alte Batzenhäusl, eines der ältesten Gasthäuser der Stadt. Für einen Batzen erhielt man jahrhundertelang in der Schänke den Gegenwert in Wein oder Bier. Wir zahlen mit Euro und das Bier ist sensationell gut. Wer das Hopfen und Co. am Obstplatz kennt, dem wird es auch im Batzenhäusl gefallen. Die beiden Lokale werden von ein und derselben Brauer-Familie geführt.
Über die Oswaldpromenade steigen wir, vorbei an duftendem Sommerjasmin, hinauf zum Ortsteil St. Magdalena, anfangs recht steil, aber dann nahezu eben. Magnolien und sogar blühende Kakteen lassen ahnen wie mediterran das Klima ist. Und das in Reichweite alpiner Gipfel.
Genau das ist es, was deinen Reiz ausmacht, Bozen. Bei dir gibt es nicht entweder oder, sondern sowohl als auch.
Die Oswaldpromenade führt direkt am Hotel Eberle vorbei in St. Magdalena. Das heißt eigentlich über die Hotelterrasse, auf der Loungemöbel sehr geschickt platziert sind, um einen Aperitif zu nehmen. Klare Sache, machen wir.
Direkt und mit 25 Prozent Gefälle ordentlich steil steigen wir über Untermagdalena ab und marschieren geradewegs ins Restaurant Kaiserkron im Palais Pock auf dem Musterplatz. Was mir gefällt: Die Küche ist ge- aber nicht abgehoben. Und mit Tatar vom Pinzgauer Rind oder Schlutzkrapfen mit Graukäse auch regional geprägt. Etwas preiswerter, aber ebenso richtig feine Südtiroler Küche, essen wir am nächsten Tag im Vögele. Eigentlich heißt das Lokal ja Roter Adler, doch jeder in Bozen kennt das alte Wirtshaus in der Goethestraße unter dem Codewort geheimer Treffen während des Krieges.
Wie schnell doch der Tag vergeht. In der lauen Nacht machen wir uns auf den Heimweg. Mit einem Abstecher zu den Fischbänken in der Josef-Streiter-Gasse. Die Kneipe von Rino Zullo alias Cobo ist sicher eine der originellsten der Stadt. Marmorne Tische, auf denen einst allerlei aus dem Meer verkauft wurde, haben sich in Theken verwandelt, an denen nun die Nachtschwärmer Platz nehmen.
Danke Bozen, für diesen schönen Tag. Bis bald mal wieder.
Infos: www.bolzano-bozen.it
Unsere Tipps für kulinarische Stopps: Banco11 am Obstplatz 11, Restaurant Kaiserkron am Musterplatz 2, Roter Adler (Vögele) in der Goethestr. 3, Fischbänke in der Dr. Josef-Streiter-Gasse, Hofen & Co. in der Piazza dell’Erbe 17 (direkt am Obstmarkt) oder auch das Batzenhäusel in der Andreas-Hofer-Str. 30.
Die Reise wurde unterstützt vom Verkehrsamt der Stadt Bozen.