Auf einer alten Bahntrasse durch Weinberge radeln, picknicken an einer warmen Quelle im Canyon und feine Weine probieren – unser Roadtrip Katalonien im Hinterland von Barcelona war purer Genuss.
Inhaltsverzeichnis:
Tag 1: Strandfeeling in Sitges
Tag 2: Die Weinkathedrale von Pinell del Brai – Paella im Priorat
Tag 3: Steinhütten in den Weinbergen von Bages – Romantik pur im Bergdorf Mura
Tag 4: Älteste und kleinste Weinregion Kataloniens: Alella
Roadtrip Katalonien Tag 1: Sitges – Terres de l’Ebre
Angereist sind wir bereits am Abend zuvor, das macht in mehrfacher Hinsicht Sinn: Wir können unsere Weintour ausgeruht starten und – noch wichtiger – einen nächtlichen Streifzug durch Barcelona und dessen unwiderstehliche Tapasbars unternehmen.
Von Barcelona aus fahren wir am Vormittag an der Küste entlang Richtung Süden, nach Sitges. Die Stadt am Meer gilt vielen als kleine Schwester von Barcelona, nur weniger überlaufen. Direkt an der Strandpromenade mit Blick auf das Wasser und die Kirche lockt das Restaurant Picnic zum Lunch. Es ist ziemlich voll an diesem Donnerstagmittag. Gut, dass wir reserviert haben.
Als Vorspeisen kommen Fisch und Meeresfrüchte auf den Tisch, eine köstlicher als die andere. Dazu die Aussicht auf das glitzernde Wasser, einfach herrlich. Der Kellner bringt eine große, flache Pfanne, doch statt der vermuteten Paella serviert er Tintenfisch mit kurzen Fadennudeln, eine regionale Spezialität. Dazu gut gekühlten Garnacha Blanca. Der weißen Rebsorte werden wir auf unserem Trip noch öfter begegnen.
Nach dem Essen steht mir der Sinn nach einem schattigen Plätzchen im Sand für eine Siesta, anschließend ein erfrischendes Bad im Meer. Was wir stattdessen machen: eine Radtour auf der Via Verde. Glücklicherweise hat die Hitze am späten Nachmittag (in Spanien dauert die Mittagspause schon mal bis 17 Uhr) etwas nachgelassen.
Am alten Bahnhof von Bot erwartet uns Josep bereits mit den Rädern. Sein Unternehmen ViOrigen bietet Radtouren mit Weinproben an. Drei Stunden dauert der Ausflug, bei dem es auf der ehemaligen Bahntrasse via Tunnel und Brücken durch die sattgrüne katalanische Hügellandschaft geht. Meistens bergab mit Blick auf die Berge des Naturparks „Els Ports“, Weinberge, Mandel- und Olivenbäume. Der Canaletes-Fluss hat tiefe Canyons gegraben, einer dieser idyllischen Orte ist La Fontcalda, wo wir die Terra-Alta-Weine probieren.
Etwas geschafft (es sind immer noch über 30 Grad im Schatten) checken wir anschließend im Hotel Nou Moderno ein und lassen den Abend ausklingen bei einem typisch katalanischem Essen mit Morcilla, Clotxa, Lamm und Tortilla. Clotxa ist ein Sandwich, mit Sardinen, Oliven und Tomaten gefüllt und reichlich Öl begossen, dass die Bauern früher während der Weinlese gegessen haben. Hier ist übrigens Weißweinland, rund ein Drittel des weltweit angebauten weißen Garnachas wächst in Katalonien.
Terres de l’Ebre hat neben Wein auch herrlich lange, einsame Strände. Das Hinterland im Ebre Delta National Park und in den Bergen im Els Ports Nationalpark ist saftig grün, 2013 wurde das Gebiet von der Unesco zum Biosphärengebiet deklariert. Fischerdörfer, Forts und Burgen wechseln einander ab.
Roadtrip Katalonien Tag 2: Pinell del Brai – Priorat
Das Frühstück lasse ich ausfallen, nehme nur einen starken Kaffee in der Bar gegenüber, die schon ab sieben Uhr morgens geöffnet hat. Im Fernsehen laufen die Nachrichten, die Männer stärken sich mit Salami-Toast, der sehr appetitlich aussieht.
Unser erstes Ziel heute ist die Weinkooperative in Pinell del Brai. Was erst mal wenig aufregend klingt, ist aber genau das: spektakulär. Das Gebäude der Kellerei zählt zu den schönsten Beispielen für Wein-Architektur – mit Elementen, die an große Kirchen erinnern. Etwa 40 solcher Wein-Kathedralen gibt es in Katalonien, viele sind bereits hundert Jahre alt. Der Architekt Cèsar Martinell war ein Schüler von Gaudí.
Über den Ebro fahren wir vorbei an Pfirsichplantagen, Olivenhainen und Mandelbäumen weiter ins Priorat, zunächst ins Weingebiet Montsant. Bis zu 700 Meter über dem Meeresspiegel wachsen die Trauen und profitieren von frischen Meereswinden. Die meist alten Buschreben bringen nur wenig Ertrag, liefern aber enorm komplexe Weine.
Bei Bodegas Masroig steigen wir wieder um aufs Rad und kurven durch die Weinberge, was sich aufgrund der ausgewaschenen Schotterwege als etwas schwierig gestaltet. Doch allzu lang dauert die Tour nicht und lohnt sich auf jeden Fall. Ebenso wie der Blick in den alten Keller, der heute nur noch als Museum genutzt wird: Man spaziert quasi in den ehemaligen Gärtanks herum. Die Kooperative Masroig wurde bereits 1917 gegründet und gilt heute als einer der am meist gelobten Produzenten von Montsant.
Kein Spanien-Trip ohne Paella. Aber wenn schon, dann hausgemacht, vom Chef persönlich: “Paella de Tros” bei Mas Trucafort in Falset (genau, die Weinregion mit den tiefschwarzen Rotweinen). Roger zeigt uns in seiner zur Open-Air-Küche umgebauten Garage das Geheimnis einer guten Paella. Liegt geschmacklich meilenweit entfernt von denen der Touri-Lokale.
Zuerst wird aus alten Weinreben ein Feuer angeschürt. Dann kommen nach und nach die anderen Zutaten in die heiße Pfanne: Tomantenpüree, Schnecken, Lamm, Hase, Artischockenherzen und viele Kräuter, die er übrigens selbst sammelt.
Roadtrip Katalonien Tag 3: Bages – Mura – Allela
Weiterfahrt nach Bages, einer fruchtbaren Ebene in der atemberaubenden Berglandschaft von Montserrat. Umgeben von den Bergen von Castelltallat, dem Naturreservat von Sant Llorenc del Munt y l’Obac und dem Massiv von El Montcau. Sehenswert sind neben dem Kloster von Sant Benet de Bages, die Salzminen von Cardona oder die Höhe von Sant Ignasi.
Auf unserem Roadtrip Katalonien sind einer anderen Attraktion auf der Spur, die noch kaum einer kennt: die „Wine Vats Route“ im St Llorenç de Munt i l’Obac Natural Park. Von den früheren Weinbergen ist kaum noch etwas zu sehen, die Natur hat hier sich ihr Terrain komplett zurückerobert. Deshalb blieben die steinernen Weinberghäuschen auch jahrhundertelang versteckt. Gebaut wurden die Steinhütten damals mitten im Weinberg, um die Trauben direkt pressen und vergären zu können, in einem zweiten Miniraum wohnte der Winzer während dieser Zeit. Ein Transport des Leseguts ins Dorf wäre zu beschwerlich und lang gewesen.
Vor ein paar Jahren hat man die Wine Vats wieder entdeckt und nun große Pläne, diese touristisch zu nutzen. Bestaunen kann man diese jetzt schon bei einer (auf Wunsch geführten) Tour durch den Naturpark.
Eines der Weingüter, das sich mit der alten Wine-Vats-Tradition beschäftigt, ist die Bodega Abadal, ein hübsches Anwesen aus dem 12. Jahrhundert. Seit 40(!) Generationen bauen die Vorfahren der Familie Roqueta in der Gegend Wein an. Sie verbinden den klassischen Stil und die Tradition von Pla de Bages mit Vermarktungskonzepten der Neuen Weinwelt. Das heißt: Erlebnis Weingut. Man kann ein Picknick buchen, das eigene Weinmuseum besuchen (die alten Laster sind herrlich) und natürlich im Shop probieren und kaufen. Mit rund 550 Hektar ist Pla de Bages eines der kleinsten Weinanbaugebiete in Katalonien, 100 davon bewirtschaftet allein Abadal. Bepflanzt unter anderem mit lokalen Sorten wie Picapoll, Sumoll und Mando.
Nach einem wunderbaren Tapas-Lunch mit Gazpacho, Würstchen, Tortilla und Käse bummeln wir durch Mura. Das mittelalterliche Bergdorf hat nur 90 Einwohner, aber am Wochenende 2.500 Touristen, die meist aus dem nahen Barcelona kommen. Kann ich verstehen, der Ort ist ein einziges Bilderbuch, ein Fotomotiv reiht sich ans andere. Der einzige Laden als Schaltzentrale des Dorfes, das sich auf charmante Art dagegen sträubt, ein Museumsdorf zu sein. Steile, schmale Gassen führen rauf und runter, hier und da ist ein kleines Lokal, sieben sind es bereits. Außer Tourismus gibt es nichts, wovon die Leute leben könnten.
Tag 4: Alella
Unser letzter Stopp liegt in Alella an der Costa Barcelona. Fast nahtlos gehen die beiden Städte ineinander über, eingebettet zwischen Meer und den sanften Hügeln der Serralada Litoral. Seit mehr als zweitausend Jahren wird hier Wein angebaut.
Die DO Alella ist die älteste und kleinste Weinbauregion in Katalonien. Im stylishen Boutiquehotel Arrey Alella (leider direkt an der vielbefahrenen Straße nach Barcelona) lassen wir unsere kleine Weinreise bei einem Essen mit darauf abgestimmten lokalen Weinen gemütlich auf der Terrasse ausklingen.
Roadtrip Katalonien – Tipps & Adressen:
Hinkommen:
Günstige Flüge nach Barcelona gibt’s von allen deutschen Flughäfen, z.B. mit Vueling.
Übernachten:
Hotel Nou Moderno, Carrer Sant Llorenç, 17, Vilalba dels Arcs, Tarragona, www.noumoderno.com/en
Hotel Peralta, Camí d’en Rull s/n Peralta Renau, 43886 Renau (etwas außerhalb von Tarragona, inmitten der Weinberge), www.hotelperalta.com
Hotel Alella, Charles Rivel, 6-8, Alella, Barcelona, www.hotelarreyalella.com/en
Essen & Trinken:
Köstliche Paella kocht Roger von Mas Trucafort in Falset, www.mastrucafort.com
Für zwischendurch: unbedingt einen Stopp beim Bäcker Jordi einlegen in Nulles (ca. 5 Minuten zu Fuß von der Weinkathedrale), Carrer de Sant Sebastià, 13, Nulles, www.forndenulles.com
Erleben:
Geführte Fahrradtour auf der Via Verde, einer ehemaligen Bahntrasse mit Weinverkostung, buchbar bei ViOrigin, www.viorigen.com/en
Wanderungen zu den Wine Vats und andere Touren kann man über Bages Terra de Vins buchen, www.bagesterradevins.cat
Mehr Infos zu den besuchten Weingebieten in Katalonien
www.doterraalta.com
www.costadaurada.info
www.domontsant.com
www.doalella.cat
Weingüter:
Bodegas Masroig (Verkostung in den Weinbergen inklusive kleiner Biketour durch die Reben, Besichtigung historischer Keller) www.cellermasroig.com/en
Bodegas Adernats, Estació, 43887 Nulles, Tarragona, www.adernats.cat
Bodegas Abadal, Sta. Maria de Horta de Avinyó, 08279 Santa Maria de Horta de Avinyó, Barcelona, www.abadal.net
Weinkathedrale in Pinell del Brai (DO Terra Alta, Carrer del Pilonet, 8, 43594 El Pinell de Brai, Tarragona, www.catedralsdelvi.cat, www.pagosdehibera.com
Roadtrip Katalonien – weitere Informationen:
Barcelona entdecken: www.barcelonaesmoltmes.cat/de/inici sowie auf der Website von Katalonien Tourismus