Winzerhäuser, Weingasthöfe, Heurige, Kellergassen und eine Landschaft wie sie nur in Weinregionen zu finden ist – das Kamptal darf bei unserer Genusstour durch Niederösterreich natürlich nicht fehlen.
Langenlois, ganz im Osten des Waldviertels, ist der größte Weinort in Österreich und mit knapp 4.000 Hektar Rebfläche zählt die nach dem Kamp-Fluss benannte Weinregion auch zu den bedeutenderen des Landes.
Weinfans und Genusswanderer kommen in Langenlois gleich doppelt auf ihre Kosten: auf dem Weinweg und im Loisum. Wir haben beide Erlebnisse ausprobiert – zwei mal Daumen hoch.
Inhaltsverzeichnis
Wandern und Genießen auf dem Weinweg Langenlois
Die Rebschere steckt verkehrt herum in der Erde, so als hätte der Winzer sie nur mal kurz aus der Hand gelegt für eine Pause. Allerdings ist sie mehr als zwei Meter groß und auch nicht wirklich zum Rebstockschneiden zu gebrauchen. Die Riesenrebschere ist eine der Skulpturen auf dem Langenloiser Weinweg, ein echter Hingucker.
Auf dem sechs Kilometer langen Weg erfahren wir viel über die Arbeit im Weingarten, über die 25 Winzer und die Reben, die sie rund um den Ort angepflanzt haben. Überwiegend Weißweine wie Grüner Veltliner oder Riesling wachsen im Kamptal, aber auch seltenere Rebsorten wie Frühroter Veltliner oder Neuburger.
Bei den roten Trauben setzen viele Weingüter hier auf Zweigelt und Burgundersorten. Im “Kreuzungslabor” am Weg kann man herausfinden, aus welchen Sorten bestimmte Reben entstanden sind. Auf kleinen Tafeln am Weg erzählen die Winzer persönlich von ihrem Alltag, was sie bewegt und was ihnen wichtig ist. So lernt man die Menschen hinter dem Wein nach und nach kennen, eine sehr sympathische Annäherung.
Ein Stückchen bergauf (wirklich steil wird es mit insgesamt 140 Metern Höhendifferenz nicht) haben wir einen Panoramablick auf die Einzellage Heiligenstein, aus deren steilen Terrassen einige der besten Rieslinge der Region kommen. Die Böden in diesem Weinberg enthalten rund 300 Millionen Jahre altes Wüstensand- und Vulkangestein.
Der Heiligenstein hieß wegen der heftigen Sonneneinstrahlung am Berg ursprünglich “Höllenstein”. Für einen Weinberg im Besitz der Kirche unmöglich, deshalb wurde daraus kurzerhand eine Toplage mit heiligem Namen.
Der Bilderrahmen setzt die Konturen der Landschaft, das Riedenporträt, eindrucksvoll in Szene. Hier würden wir gern noch eine Weile bleiben, würde da nicht ein guter Tropfen locken.
Bis zum ersten Weinsafe ist es nämlich nicht mehr weit. Entlang der Route warten auf uns in drei Weinberghütten jeweils eine gekühlte Flasche Wein. So können wir nicht nur sehen, hören und riechen, sondern auch schmecken, was der Weinberg hervorbringt.
Ein Grund mehr, sich ein wenig Zeit zu nehmen für den Weinweg, drei Stunden sollte man einplanen für die komplette Runde – gern auch mehr.
Den Schlüssel zum Weinsafe bekommt man im “Ursin Haus”, wo die Weine, Sekte, Brände, Traubensäfte von 57 Erzeugern aus dem Kamptal verkostet werden können. Die große Auswahl macht den Weg zum Winzer beinahe überflüssig, denn: Etwa 360 Produkte (Stand: September 2018) werden zu Ab-Hof-Preisen angeboten – vom Einstiegswein bis zu Ersten Lagen, Eiswein und Trockenbeerenauslesen. Von Top-Winzern und (in Deutschland) relativ unbekannten Namen.
Neben der Kamptaler Gebietsvinothek beherbergt das “Ursin Haus” noch die Tourimusinformation, einen Fahrradverleih, das Veranstaltungszentrum und die Café- & Weinbar.
Losium, die Weinerlebniswelt in Langenlois
Grüner Veltliner, was sonst. Je nach Witterung schimmert die Aluminium-Außenhaut des Loisiums grünlich wie der junge Wein.
Mit etwas Fantasie scheinen vier überdimensionale Buchstaben förmlich im Weinberg zu warten. Natürlich, etwas windschief. Der New Yorker Architekt Stephen Holl hat das Besucherzentrum des Loisiums extra um fünf Grad nach Süden geneigt. Architektur, Weinberg und Keller fließen so ineinander – Fenster, die die Kellergänge nachzeichnen, Wände aus Kork im Inneren des Besucherzentrums. Hier wird Wein nicht nur erklärt, im Loisium wird er inszeniert.
Bereit für einen Rundgang? Auf geht’s Richtung Kellereingang, vorbei an ein paar Rebzeilen, begleitet vom melodischen Dialekt des Audioguides, der jede Station kommentiert.
Auf dem Weg nach unten mutiert man zur Traube, die im Stahltank vergoren wird. Zum Glück der einzige Ausrutscher in einer Performance, die ansonsten ohne Klischees und Kitsch auskommt. Meist unterirdisch liefern 16 Stationen Anekdoten rund um den Wein.
Bis zu 900 Jahre alt sind die Keller des Loisiums und haben eine Luftfeuchtigkeit zwischen 80 und 90 Prozent, im Sommer wie Winter liegt die Temperatur konstant bei 10 °C.
Ein wirklich guter Keller ist für den Wein kein bloßes Lager, sondern eine Wohnstatt, die ihm von der richtigen Temperatur bis zum Schimmel das Leben leicht macht. Weinpfarrer Hans Denk
Im letzten Drittel wird es mystisch. Die Reife des Weines symbolisieren Pendel (Zeit), Würfel (Arbeitsschritte), Mond (Einfluss von außen), Weinberggeiß und Bacchus.
Erstmals erwähnt wurde die Weinbauernsiedlung im Kamptal, aus der Langenlois entstanden ist, 1082. Die Stiftsweingüter leisteten sich hübsche Ansitze, auf denen die Mönche bevorzugt während der Lese residierten.
Weitere Informationen und Tipps
Hinkommen:
Mit dem Auto von Wien in ca. 1 Stunde.
Übernachten:
Wir haben während unseres Aufenthaltes nicht in Langenlois übernachtet, sondern im Faulenzerhotel in Friedersbach, ca. 30 km entfernt.
Empfehlungen für Hotels und Co. findet ihr hier auf der Waldviertel-Website.
Essen & Trinken:
In der Vinothek im “Ursin Haus” kann man die Weine der Kamptaler Winzer verkosten und kaufen.
Regionales wie Weingartenjause oder Speckbrot für eine Vesper bietet das Bistro im Loisium an, bei schönem Wetter kann man im Garten sitzen mit Blick auf die Reben.
Wer gehobene Küche schätzt, findet im Heurigenhof des Weingutes Bründlmayer, Walterstraße 14, Langenlois, heurigenhof.at
Weinweg Langenlois: Das Weinpaket (inkl. Riedel-Weinglas, Begleitbuch und Leihschlüssel für den Safe) kann man von April bis Oktober im “Ursin Haus” kaufen. Die Vintothek ist ganzjährig geöffnet.
Ursin Haus, Kornplatz5/Kamptalstraße 3, Langenlois, www.ursinhaus.at
Loisium Weinerlebniswelt, Loisiumallee 1, Langenlois, www.loisium.at (ganzjährig geöffnet)
Mehr zum Waldviertel unter www.waldviertel.at und zum Urlaub in Niederösterreich unter www.niederoesterreich.at.
Die Reise erfolgte in Kooperation mit Niederösterreich Tourismus. Auf Art, Inhalt und Umfang dieses Artikel hat dies jedoch keinen Einfluss, meine Meinung bleibt wie immer die eigene.
2 Kommentare
Ja, zumindest beim Dach von Ysios hat Calatrava das Material verwendet. Das Loisium wurde definitiv unter Regie von Stephen Holl gebaut. Siehe auch auf der Loisium-Website, die wissen’s wohl am besten …
Architekt des Guggenheim in Bilbao war übrigens Frank O. Gehry.
Ich meine es st der Architekt Calatrava gewesen, der auf der Bodega Ysios auch schon diese Aluschindeln verbaut hat.
hat er nicht auch das Guggenheim Museum in Bilbao gemacht?