Was man eher mit Griechenland oder exotischen Stränden verbindet, geht auch am Bodensee: Inselhopping. Mainau und Reichenau sind vielen ein Begriff, aber die Liebesinsel? Hat uns neugierig gemacht – und aufs Wasser gelockt. Wenn auch anders als geplant.
Leicht verspätet steuert die MS Radolfzell auf die Anlegestelle der Insel Reichenau zu. Der Sommer legt gerade eine Pause ein an diesem Augusttag, es nieselt, kalter Wind faucht übers Wasser. Nur ein Meter noch trennt das Schiff vom Steg, doch die Crew hat keine Chance. Die Böen sind stärker und treiben den Bug immer wieder ab. Neuer Versuch. Der Kapitän dreht eine Runde, die beiden Stewards werfen die Leinen über die Poller an Land und wollen das Schiff festzurren. Plötzlich reißt das Tau – das Boot ist nicht zu halten. Beim dritten Manöver klappt das Anlegen schließlich.
Eigentlich wollten wir von hier aus paddeln zur Liebesinsel, dem Naturidyll im westlichen Bodensee. Anders als Reichenau und Mainau sind die kleinen Bodenseeinseln noch nahezu unbekannt.
Inhaltsverzeichnis
Naturidyll: Halbinsel Mettnau und Liebesinsel
Schweren Herzens habe ich unsere geplante Bootstour am Morgen abgesagt. Die Kajaks seien relativ kippstabil, sagt der Verleiher, auch für Ungeübte kein Problem. Doch was heißt relativ bei diesem Wellengang? Vielleicht bilde ich es mir ein, aber ich meine, Verständnis gehört zu haben auf der anderen Seite der Leitung. Wahrscheinlich sind wir nicht die einzigen, die sich heute nicht aufs Wasser trauen, von einem Kitesurfer mal abgesehen.
Also, Plan B: Wir machen die Rundfahrt mit dem Schiff: Reichenau – Mannenbach (CH) – Iznang auf der Höri – Radolfzell – Halbinsel Mettnau samt der davor gelegenen Liebesinsel und retour.
In Radolfzell nutzen wir den Stopp für einen Landgang und spazieren auf die Mettnau. Ein großer Teil der Halbinsel steht unter Naturschutz. Vom Strandbad führt ein Weg zum Mettnau-Turm, von dem aus wir einen tollen Ausblick auf den Bodensee haben – und, wenn auch etwas verdeckt, noch einen Blick auf unser ursprüngliches Ziel erhaschen: die Liebesinsel.
Die liegt im Untersee, genauer im Zeller See und steht unter Naturschutz. Viele Vögel wie Rohrammer, Kiebitz, Haubentaucher oder Teichrohrsänger finden dort und auf der 200 Meter entfernten Halbinsel Mettnau ruhige Brutplätze. Berühmt wurde die unbewohnte 2.200 Quadratmeter kleine Insel als Drehort einer Liebesszene für den Film: “Die Fischerin vom Bodensee”.
Die Fischer am Bodensee sind weniger geworden. Das Problem: der See ist zu sauber. Weniger Phosphat im Wasser bedeutet weniger Nahrung für Mikroorganismen und damit weniger zu fressen für die Fische. Die Mengen, die in den Netzen landen, reichen schon lange nicht mehr aus, den Bedarf an Bodenseefelchen und Co. zu decken. Im Zweifel einfach den Wirt fragen, woher sein Fisch stammt. Oder eine der anderen Spezialitäten der Region probieren. Für Urlauber sind die Möglichkeiten im wahrsten Sinne grenzenlos.
Der Bodensee unterteilt sich auf der westlichen Seite in Untersee, Zeller See und Rheinsee, auf dem man bis Stein am Rhein und bei entsprechend hohem Wasserstand bis Schaffhausen fahren kann. Mit einem Tagesticket lässt es sich bequem den ganzen Tag auf dem See cruisen. Von Konstanz aus fahren die Schiffe bis Bregenz in vier Stunden, mit dem Katamaran ist man in einer Stunde in Friedrichshafen.
Oder in 30 Minuten auf der Insel Mainau, die bei unserem Inselhüpfen im Bodensee natürlich nicht fehlen darf.
Blumenparadies: Insel Mainau
Beim Auslaufen aus dem Konstanzer Hafen sehen wir die prächtigen Häuser am Ufer, passieren die Therme und das Strandbad am Hörnle sowie die Schmugglerbucht. Direkt am Wasser verläuft auch die erste Etappe des Premiumwanderweges “Seegang” durch den Lorettowald hinauf zum Biergarten St. Katharinen nach Wallhausen. Wer will, kann einen Abstecher zur Mainau einbauen, die auch über eine Brücke erreichbar ist.
Am schönsten ist die Ankunft auf der Mainau von der Seeseite. Im Hafen herrscht emsiges Treiben, die Besucher verteilen sich aber schnell auf den zahlreichen Wegen. Bekannt ist die Insel für ihre Blumenpracht, doch wir entdecken auch auffallend viele verschiedene Baumarten wie Tulpenbaum, Blasenbaum oder Chile-Tanne, manche sind mehr als 150 Jahre alt und entsprechend mächtig.
Jedes Jahr steht auf der Insel Mainau unter einem bestimmten Motto: 2018 kommt mit “Baobab und Bonobo” Afrika-Flair auf im Bodensee; 2019 dreht sich dann alles um Sonne, Mond und Sterne.
Ende August dominieren rote, orange, gelbe Farbtöne, es scheint als stehe die Natur in Flammen. Die spätblühenden Dahlien sind jetzt echte Hingucker, im afrikanischen Bauerngarten leuchten Kürbisse und im Weinberg hängen pralle Trauben.
Von einem Gewitterguss überrascht, finden wir Schutz unter der Victoria-Linde, doch nicht mal deren ausladende Krone kann das Wasser lange aufhalten, so schüttet es. Gut, wer es schon ins Palmenhaus geschafft hat und dort bei einem Stückchen Kuchen ausharren kann.
So plötzlich wie der Regen kam, hört er wieder auf und wir können zwischen den Schauern im Schnelldurchgang eine Runde auf der Insel drehen. Bei schönem Wetter sollte man mindestens einen halben Tag einplanen, besser einen ganzen.
In der Schwedenschenke trocknen wir unsere Sachen bei einem Glas Bodenseewein, das Lokal im Landhausstil füllt sich schnell. Traditionelle schwedische Gerichte kommen hier genauso auf den Tisch wie Fisch aus dem Bodensee. Ausgezeichnet für die gute regionale Küche wurde das Restaurant mit einem Löwen der baden-württembergischen Gastronomie-Initiative “Schmeck den Süden”.
Was die Insel Mainau mit Schweden zu tun hat? Die Mainau gehörte lange Zeit zum badischen Fürstenhaus. Als Victoria von Baden den schwedischen König Gustav V. heiratete, gelangte die Insel 1928 in den Besitz der Schweden. Die Adelsfamilie Bernadotte verwandelte die Insel in ein Blumenparadies und öffnete diese für Touristen. Vor allem Graf Lennart hatte ein Faible für seltene Bäume, die zu einem einzigartigen Arboretum herangewachsen sind.
Gemüsegarten: Insel Reichenau
Von der Blumeninsel zur Gemüseinsel. Auf der Reichenau fallen uns zuerst die vielen Gewächshäuser auf, dazwischen schnurgerade Reihen von Kopfsalat, Batavia, Lollo Rosso, Eichblatt und noch einige mehr, die so knackig sind, dass es kracht beim Essen.
Das milde Klima und der See als Wasser- und Wärmespeicher sind ideal für den Gemüseanbau. Das machten sich schon die Bewohner des Klosters auf der Insel zunutze, die sich im 9. Jahrhundert ansiedelten und einen Kräutergarten anlegten. Die Aufzeichnungen des damaligen Abtes gelten als das erste Gartenbuch Deutschlands. Den Kräutergarten neben der Kirche St. Peter und Paul kann man heute noch besichtigen, er wurde 1991 originalgetreu neu angelegt.
Wie auch Gurken und Tomaten von der Insel Reichenau tragen die Salatköpfe das geschützte Herkunftssiegel g.g.A., das nicht nur garantiert, dass das Gemüse hier gewachsen ist, sondern auch bestimmte Qualitätsvorgaben erfüllt. Bei einem Bauern kaufen wir frisches Gemüse für zu Hause – und für jetzt gleich zum Naschen. Was für ein Geschmack! Erinnerungen an Omas Garten werden wach, wo wir die Tomaten direkt vom Strauch essen durften. Die Idee mit einem Mini-Hochbeet auf unserer Terrasse geistert sofort wieder durch den Kopf.
Auch Wein wächst auf der Insel, der Winzerverein Reichenau produziert verschiedene Weiß- und Rotweine – von Chardonnay bis Spätburgunder, Rosés, zwei Seccos und einen Winzersekt. Uns haben vor allem der trockene Rosé und der Weißburgunder gefallen, die eine erfrischende Säure zeigen. Probieren und kaufen kann man die Weine in den Räumen der Kirche St. Peter und Paul.
Im Museum Reichenau, das sich auf mehrere Gebäude der Insel verteilt, erfahren wir viel über die Geschichte der Klosterinsel, die heute zum Unseco-Weltkulturerbe zählt.
Wer länger bleiben will auf der Reichenau findet Ferienwohnungen und Gästehäuser für fast jeden Geschmack. Nach zwei Luxus-Nächten auf der Dominikanerinsel wollen wir unser Inselhüpfen nun ganz bodenständig beenden und steuern die “Sandseele” an. Der Campingplatz, mit fünf Sternen (ja, die gibt’s nicht nur für Hotels) einer der besten in ganz Deutschland, liegt am Südufer mit Blick auf die Höri und Richtung Schweiz. Die rustikalen Hütten sind zwar seit Monaten ausgebucht, doch ein Plätzchen für ein Zweierzelt findet sich immer. Auch das Paar im Wohnmobil, das zeitgleich mit uns ankommt, erhält einen Stellplatz.
Etwas zusammenrücken müssen alle im Bistro der “Sandseele”, wo bunte Tische und Sonnenschirme Strandfeeling aufkommen lassen. Bei schönem Wetter sind ausreichend Plätze auf der Terrasse vorhanden, doch heute pfeift es draußen nicht nur uns ein bisschen zu heftig. In der Küche werden die Zutaten der Region verarbeitet: knackfrisches Inselgemüse, Fische fangfrisch aus dem Bodensee, die Spätzle sind hausgemacht und auch die Torten sehen verlockend aus.
Wir entscheiden uns für Fischknusperle mit Kartoffelsalat und Kretzerfilet mit grünem Salat, dazu ein Glas Bodenseewein – eine perfekte Wahl.
Und während wir so gedanklich die Alternativen für Schlechtwetter am Bodensee durchspielen, sagt ein Blick aufs Handy für morgen: 26° C und Sonne.
Geht doch.
Heute schon gepinnt?
Weitere Informationen und Tipps
Hinkommen:
Von Stuttgart auf der A81 über Singen oder mit der Bahn über Karlsruhe mit Umsteigen in Singen bis Konstanz.
Übernachten:
Dominikanerinsel (Konstanzer Insel): Steigenberger Inselhotel, Auf der Insel 1, Konstanz, www.steigenberger.com/konstanz/inselhotel
Campingplatz “Sandseele”, Zum Sandseele 1, Reichenau, www.sandseele.de
Ausflüge:
Unsere Ausgangsbasis für das Inselhopping war Konstanz. Von hier fahren die Schiffe sowohl die beiden großen Inseln an wie auch verschiedene Städte rund um den Bodensee. Zur Liebesinsel kommt man mit dem Kanu am besten von der Reichenau oder mit der Solarfähre von der Halbinsel Mettnau.
Blumenparadies Insel Mainau, www.mainau.de
Insel Reichenau, www.reichenau-tourismus.de
Kajaktour zur Liebesinsel, Verleih über Kanuzentrum Konstanz, La Canoa, www.lacanoa.com
Halbinsel Mettnau, Strandbad, Strandbadstraße 100, Radolfszell, www.radolfzell-tourismus.de
Ausflüge und Rundfahrten mit dem Schiff: Bodensee-Schifffahrt, Infos zum Fahrplan und Eventfahrten sowie Tickets gibt’s auf der Website www.bsb.de.
Weitere Infos: www.konstanz-tourismus.de und www.bodenseewest.eu
Das ist ein redaktioneller Beitrag, der unter Umständen dennoch eine werbliche Wirkung entfalten könnte. Die Reise erfolgte mit freundlicher Unterstützung von Konstanz Marketing und Tourismus. Bei meinen Recherchen arbeite ich zum Teil mit Tourismusverbänden, Veranstaltern und Hotels zusammen. Auf Art, Inhalt und Umfang meiner Artikel hat dies keinen Einfluss, meine Meinung bleibt wie immer die eigene.