Wenn es den Titel gäbe: „Schönster Ort an der Elsässischen Weinstraße“, dann wäre Obernai ein ganz, ganz heißer Anwärter. Obwohl solch ein Ranking natürlich Quatsch wäre. Total subjektiv. Weil die meisten Örtchen hier so hübsch sind, dass sie diesen Beinamen verdienen würden.
Obernai ist ein bisschen im Vorteil: Die kleine Stadt, 25 Kilometer südwestlich von Straßburg, zählt laut Guide Michelin zu den hundert schönsten Ausflugszielen in Frankreich (schon wieder eine Hitliste), dank TGV selbst ohne Auto bequem erreichbar. Die Route des Vins d’Alsace führt durch den mittelalterlichen Ortskern ebenso wie die Véloroute du Vinoble, auf der man das Elsass wunderbar langsam mit dem Fahrrad erkunden kann.
Mit der Bimmelbahn durch’s Mittelalter
Klingt sehr entspannend? Ist es auch. So richtig bummelig tuckert es sich mit der Bimmelbahn durch die engen Straßen, perfekt für einen ersten Eindruck von Obernai. An diesem etwas kühlen Frühlingstag bin ich fast der einzige Fahrgast, während die Waggons im Sommer rappelvoll sind.
Wir passieren blumenüberschwemmte Fachwerkhäuser, deren Fassaden über dem Trottoir hängen wie steinerne Wolken (das sparte einst Steuern für die teure Grundfläche), zuckeln über das Kopfsteinpflasteridyll. Via Kopfhörer erfahre ich viel über die Stadt am Fuß des Mont Sainte-Odile. Über die mittelalterlichen Festungsmauern, den Glockenturm, La halle aux blés, den alten Getreidespeicher, den Sechs-Eimer-Brunnen.
Langsam schraubt sich die Lokomotive in großem Bogen den Schenkenberg hinauf. Berg ist etwas hochgestapelt angesichts der 265 Meter, aber die Aussicht ist wirklich unübertroffen: ein Rundum-Panorama von den Vogesen bis zum Rhein.
Der Schenkenberg ist der Hausweinberg von Obernai, hier wachsen vor allem Pinot Gris, Riesling und Gewürztraminer. Wer mehr wissen will: Ein dreieinhalb Kilometer langer Weinlehrpfad beginnt am Aussichtspunkt Belvedere.
Genusswanderer sollten sich den letzten Sonntag im August schon mal im Kalender notieren. Dann findet die Marche Gastronomique du Schenkenberg statt, eine beliebte Gastro-Tour durch die Weinlagen des Schenkenberges. An verschiedenen Stationen kann man die lokalen Cru-Weine und Elsässer Spezialitäten genießen.
Die gibt’s übrigens auch reichlich auf dem Wochenmarkt, der jeden Donnerstagvormittag vor dem Rathaus stattfindet – seit 1301 (kein Schreibfehler)!
Verwöhnen lassen im Hotel & Spa Le Parc
Ein bisschen ruhiger geht’s im Stadtpark von Obernai zu, wo man herrlich zwischen 200 Jahre alten Bäumen entlang des Flüsschens Ehn flanieren kann. Was ich zeitlich nicht mehr geschafft, mir aber für’s nächste Mal vorgenommen habe: Domaine de la Leonardsau, ein Garten im englischen Stil, rund 30 Minuten zu Fuß vom Stadtpark.
Lokale und Weinstuben gibt es reichlich in Obernai rund um den Marktplatz, in allen Preisklassen. Etwas abseits vom Zentrum, in der Stub des Le Parc Hotels, kochen die Wuchers typische Elsässer Spezialitäten nach Großmutters Rezepten. Das Ambiente ist rustikal, urgemütlich, die Küche traditionell, auf hohem Niveau. Allein die Gänseleber mit Fruchtconfit ist einen Besuch wert, aber auch andere typisch Elsässer Gerichte wie Baeckeoffe, Presskopf oder Grumberekiechle mit Münsterkäse stehen auf der Karte.
La Stub ist eines der beiden Lokale des Familienhotels, das 1954 von den Großeltern des heutigen Hoteliers Maxime Wucher gebaut wurde. Heute vermischt sich das traditionelle Fachwerk mit modernem Design in den renovierten Zimmern, die edel und schlicht gestaltet sind, im Foyer hängen kunstvolle Marqueterie-Arbeiten.
Das Vier-Sterne-Haus Le Parc zählt zu den Châteaux et Hôtels Collection, Chefs de cuisine Restaurateurs d’Alsace, Les étoiles d’Alsace, Maître cuisinier de France … oder anders ausgedrückt: ein echter heißer Tipp für Genussreisende.
Beim Gestalten des Spas ließen sich die Wuchers von Arbeitsaufenthalten in Asien inspirieren – eine Oase für sich, die auch Tagesgästen offen steht. Dort würde ich nach dem reichhaltigen Essen gern den Tag gern ausklingen lassen, doch der nächste Stopp meiner Elsass-Wellness-Genuss-Tour wartet schon in Colroy La Roche.
Infos & Adressen
Hinkommen: Mit dem Auto über die A5 via Karlsruhe und A35 ab Straßburg (Grenzübergang Kehl am Rhein). Mit dem Zug ebenfalls über Straßburg bis Obernai. Infos unter www.vialsace.eu
Essen & Trinken: La Stub (im Hotel Le Parc), nur mittags geöffnet, Dienstag – Samstag
Übernachten: Le Parc****, 169, route d’Ottrott, Obernai, www.hotel-du-parc.com
Erleben:
Acht Routenvorschläge für Mini-Roadtrips durch’s Elsass findest du unter www.routes-alsace.com
sowie weitere Infos & Ideen hier: www.tourisme-alsace.com und www.tourisme-obernai.fr
Meine Recherche wurde unterstützt durch Tourisme Alsace in Zusammenarbeit mit Atout France, meine Meinung bleibt die eigene.
5 Kommentare
Hallo Antje
Wir waren in früheren Jahren sehr oft im Elsass. Aber nach Obernai hat es uns bis jetzt noch nie verschlagen.
Deshalb vielen Dank für deinen Typ. Wir werden ihn bei unserem nächsten Elsass Aufenthalt sicherlich berücksichtigen.
Ebenfalls danke für den interessanten Reisebericht und die tollen Fotos.
Freundliche Grüsse aus der Schweiz
Die Kochphilosophen
Irina und Walter
Das freut mich, wenn ich euch inspirieren konnte, Irina und Walter.
Obernai hat mir auch unheimlich gut gefallen. Ich muss/möchte auch noch zum Roadtrip der Weinstraße schreiben #Nachlese. Da bekommt man gleich Lust, wieder los zu fahren…
Die Weinstraße mit dem Cabrio, das hat was. Da nehme ich doch glatt virtuell auf dem Beifahrersitz Platz.