Den Schwaben sagt man ja vieles nach: schaffe. Häusle baue. Sparsam sein und so fort. Eine Sache fehlt da allerdings – und zwar eine elementar wichtige: Im Ländle versteht man was von Genuss. Und wie! Stuttgart und das Umland kann weit mehr als Maultauschen und Trollinger, wetten? Davon habe ich mich Anfang September bei meinem Trip mit TastyStuttgart und VisitBawu einmal mehr überzeugt. Und ja, dieser Artikel enthält Werbung – für Stuttgart.
Komm mit auf eine kleine Spritztour, ich zeig dir meine Genuss-Highlights in und um Stuttgart.
Inhaltsverzeichnis Teil 1:
Bummel durch Deutschlands schönste Markthalle
Picknicken auf der Karlshöhe
Dörfliche Idylle in Uhlbach
Ein Abend im Weinberghäusle
Teil 2: Zwischen Weißwurst & Sterneküche – Genuss im Umland von Stuttgart
Teil 3: Genuss auf Schwäbisch – neu interpretiert: Maultaschen to go
Am besten fangen wir in der Markthalle an. Die gibt’s seit mehr als hundert Jahren, ein wahres Paradies für Feinschmecker. Handel wird an diesem Platz in Stuttgart schon viel länger betrieben, nämlich seit dem 14. Jahrhundert, allerdings im Freien. Die erste Markthalle in Stuttgart, ein Glasbau nach dem Vorbild von Les Halles in Paris, ließ König Wilhelm I. 1820 bauen, nachdem an einem besonders kalten Wintertag eine Marktfrau erfroren war.
Die “neue”, von Martin Elsässer 1914 im Jugendstil erbaute Markthalle, zählt zu den schönsten in Deutschland. Bei seinen Entwürfen hatte der Architekt die Aufgabe, die Halle der Umgebung anzupassen. Gelöst hat er das so: Die Seite zur Altstadt, wo das Volk wohnte, wirkt schlicht. Die Fassade gegenüber dem Schloss dagegen prunkvoll verziert mit Fresken, Erker, Türmchen, Arkaden und einem Balkon. Der dicke Turm an der Ecke zur bürgerlichen Seite als verbindendes Element.
Bummel durch Deutschlands schönste Markthalle
Gleich am Eingang verführen die Auslagen der Obsthändler mit Trauben in Goldgelb, Blau oder Rosé und was sonst so in den heimischen Gärten im Sommer reift. Dazu gesellen sich allerlei exotische Früchte, die an den letzten Urlaub erinnern. Kostbar, wie Schmuckstücke liegen sie sorgfältig aufgereiht. Am Gemüsestand leuchtet es uns nicht weniger bunt entgegen, die Salatkisten – ein Traum in Grün, in dem es essbare Blüten regnet.
Beim Italiener gegenüber duftet es nach frischem Brot. Laibe, neben denen ein Baguette auf Puppenstubengröße schrumpft, beladen die Verkaufstheke. Ich stelle mir vor, eine der dicken Scheiben in Olivenöl zu tunken und beginne, von der Toskana zu träumen. Salami, Schinken, Oliven in allen Facetten, Antipasti wie auf dem Wochenmarkt im Süden, Käse, Olivenöl und Wein – Fans der mediterranen Küche werden in der Stuttgarter Markthalle definitiv glücklich.
Nicht nur die. Zutaten zum asiatisch Kochen sind ebenso im Angebot wie selbst gemachtes Hummus, Falafel und andere persische Spezialitäten. Mein Favorit: die gefüllten Datteln. Hhmmm, köstlich. Mit Marzipan, mit Pistazien, mit Walnuss, mit kandierter Orange, mit Parmesan, mit Salami … Okay, ich hör ja schon auf.
Jeder der 34 Stände bietet etwas Besonderes, darauf achten die Marktbetreiber bei der Auswahl der Händler. Es macht Spaß, durch die großzügigen Gänge zu bummeln. Kaum zu glauben, dass sich anfangs 425 Händler auf beiden Etagen drängten. Um das Chaos zu bändigen, gab es strenge Regeln. Hier ein Auszug aus der Hausordnung von 1914:
Das Ausspucken auf den Boden ist verboten, ebenso jedes Schreien, Lärmen, Singen, Pfeifen, Musizieren sowie das zweckfreie Herumtreiben von Personen.
Dass wir heute in der lichtdurchfluteten Markthalle einkaufen können, ist dem Engagement der Stuttgarter zu verdanken. Weil der Markt angeblich unrentabel war, sollte das Gebäude Ende der 60er Jahre einem Edelkaufhaus weichen. Kurzerhand wurde die Halle unter Denkmalschutz gestellt – und blieb erhalten.
Wenn dich der Marktbummel hungrig macht, hast du drei Lokale in der Halle zur Auswahl: das Marktstüble und die Fischhalle mit Austernbar sowie den Italiener auf der Empore.
Ganz „gefährlich“ wird es auf der Galerie auch bei den Koch-, Küchen, Grill- und Deko-Accessoires. Wie ein Best-of des guten Geschmacks warten dort sämtliche Zutaten für ein erfülltes Feinschmeckerleben darauf, in dein Zuhause mitgenommen zu werden. Allein in den Kochbüchern könnte ich mich stundenlang verlieren. Und den sechsflammigen Gasherd aus Edelstahl gleich ausprobieren.
Aber zuerst zeige ich dir noch mehr Genuss-Hotspots. Einer, der das Zeug zum Lieblingsplatz in Stuttgart hat, ist die Karlshöhe und da gehen wir jetzt hin. Für unser Picknick nehmen wir aus der Markthalle ein paar Salate, Obst und – natürlich – gefüllte Datteln mit.
Picknicken auf der Karlshöhe
Die Karlshöhe liegt mitten in der Stadt, von der Markthalle etwa 20 Minuten zu Fuß, schneller geht’s mit der Stadtbahn über den Marienplatz und von dort über die Staffel hinauf. Unterhalb vom Biergarten (aber mit derselben Aussicht) finden wir ein Plätzchen für unsere Picknickdecke. Vor uns der Hang mit Reben, unten die Stadt und am anderen Ende des Kessels der Fernsehturm – sehr instagramable. Und auch bei den Stuttgartern selbst sehr beliebt. Jogger, Spaziergänger, Hundegassigeher oder Mittagspausenverbringer lassen auf der Karlsruhe für eine Weile den Alltag hinter sich. Mit unserem Korb voller Kessler-Sektflaschen fallen wir an einem Montagvormittag natürlich auf. Geburtstag, fragt einer? Nö, einfach nur so. Tja, so sind die Schwaben eben auch.
Der Stuttgarter Fernsehturm war übrigens weltweit der erste aus Stahlbeton und eine Vorlage für weitere, von Toronto bis Tokio. Von der Aussichtsplattform in 150 Metern Höhe kannst du bis zur Schwäbischen Alb und zum Schwarzwald sehen.
Wusstest du, dass Stuttgart eine Weinstadt im wahrsten Sinne ist? In 16 von 23 Stadtbezirken wird Wein angebaut. Die Reben wachsen also nicht nur um den Kessel herum, sondern auch mittendrin. Auf der Karlshöhe stehen die ältesten Rebstöcke des Weingutes der Stadt: St. Laurent, Riesling und Trollinger. Und eine der teuersten und edelsten Sorten Württembergs, der Lemberger.
Im Weinberg sitzen und doch mitten in der Stadt, das gibt’s nur in Stuttgart. Wie gut die Weine in den letzten Jahren geworden sind, davon kannst du dich bei unserem nächsten Stopp im Weinbaumuseum überzeugen.
Dörfliche Idylle in der Stadt: Weinbaumuseum Uhlbach
Von der Stadtmitte aus sind wir mit der S-Bahn über Obertürkheim und dem Bus in etwa einer halben Stunde an der Alten Kelter in Uhlbach. Obwohl ich mich aufs Dorf verschlagen fühle angesichts der geraniengeschmückten Fachwerkidylle um mich herum, gehört Uhlbach als einer der Außenbezirke noch zum Stadtgebiet Stuttgart.
Insgesamt 22 Winzer bauen hier Wein an – auch die Stadt selbst mit einem eigenen Weingut – und schenken eine Auswahl davon in der Vinothek des Weinbaumuseums aus. Bekannte Stuttgarter Weinlagen sind das Cannstatter Zuckerle am Max-Eyth-See, der Cannstatter Berg und die Stuttgarter Weinsteige. Aber sogar in Bahnhofsnähe wachsen noch Reben auf dem Kriegsberg. Alle Weinbergsflächen zusammengenommen ergeben 420 Hektar.
Doch vorm Verkosten schauen wir uns die Ausstellung an.
Die tief stehende Sonne wirft ihr weiches Licht durchs Fenster, im Inneren der Alten Kelter ist es angenehm kühl. Gegen den Uhrzeigersinn streifen wir durch die Weinbaugeschichte der Region, die schon vor rund 2.000 Jahren begann.
Wir erfahren, dass manche Reben in Stuttgart auf Keuperböden wachsen, einem Mix aus Lehm und Ton, andere auf Muschelkalk. Besonders mineralische Weine kommen aus der Weinlage Untertürkheimer Gips, die die Bodenart schon im Namen trägt. Lernen, was das Bodagfährtle ist. So bezeichnet man in Schwaben den Einfluss vom Boden auf den Wein. Solche, die auf Keuperböden wachsen schmecken anders als die vom Muschelkalk. Winzer sprechen oft von Terroir, dem Zusammenspiel verschiedener Faktoren im Weinberg und Keller.
Alte Geräte ergänzen die Ausstellung und Holzfässer, die früher aufwändig mit Schnitzereien verziert wurden. Auf einem ist die Szene zu sehen von Herzog Ulrichs Hochzeit, bei der tagelang auch für’s Volk der Wein in Strömen floss, mehr als vier Millionen Liter sollen die damals 30.000 Stuttgarter getrunken haben.
Wein gab es früher in Stuttgart so reichlich, dass dieser beim Häuslebau zum Anrühren des Mörtels verwendet wurde, kein Witz. Die Qualität war selbstverständlich nicht in Ansätzen vergleichbar mit der von heute.
Neun Winzer aus Stuttgart und Umgebung gehören inzwischen dem Verband “VDP. Die Prädikatsweingüter” an, der Weinelite Deutschlands. Doch auch die Genossenschaften werden immer besser, wie die Gewächse von der Weinmanufaktur Untertürkheim beweisen, die bei beim Deutschen Rotweinpreis auf dem ersten Platz landeten.
Unseren Geruchssinn testen wir an der Aromabar. Grapefruit und Birne sind recht einfach zu erkennen, schwieriger wird es bei den roten Weinen. Ist das jetzt Brombeere oder doch Holunder? Gar nicht so einfach, einen Duft blind zu erkennen.
Die letzte Tafel erklärt das richtige Verkosten von Wein: Farbe beurteilen, Wein schwenken, ins Glas riechen, ein Schlückchen nehmen und im Mund kreisen lassen. Alle Eindrücke zusammen bestimmen die Qualität eines Weines. Bei Fachverkostungen erhält jedes einzelne Kriterium Punkte, so dass die Weine vergleichbar werden – die Höchstpunktzahl liegt je nach System bei 20 oder 100 Punkten. So umstritten wie diese Bewertungen oft sind, verkaufsfördernd ist ein 95+ Wein allemal.
Doch so tief eintauchen muss im Weinbaumuseum keiner. Hans Klepp und sein Team beraten fachkundig und geben auf Wunsch detaillierte Informationen zum Wein und Winzer. So lernt man ganz nebenbei einiges über Aromen im Wein, die beim Riesling von Apfel, Aprikose bis Pfirsich variieren können, während bei den roten Weinen oft Kirsch- oder Brombeernoten zu erkennen sind.
Letztlich ist alles eine Frage der Übung, man schmeckt, was man weiß. Jeden Freitag besteht in der Vinothek Alte Kelter die Möglichkeit, sein Wissen aufzufrischen bei einer Weinprobe, am Wochenende kommt man einfach vorbei und genießt ein Glas à la carte.
Ein Abend im Weinberghäusle am Rotenberg
Drei Winzer, drei Weine, drei Probeschlückchen – wir bekommen Lust auf mehr. Zum Glück spielt das Wetter an diesem Septemberabend mit, denn den verbringen wir im Weinberg. Genauer gesagt, im Weinberghäuschen vom Weingut Currle.
Von der Alten Kelter spazieren wir durch die Weinberge, die wie ein Amphitheater aufragen. Mit jedem Schritt ändert sich das Panorama, meine Kamera macht Freudensprünge. Ein Motiv jagt das nächste: Grabkapelle mit Reben, Reben mit Weinberghäuschen, golden leuchtende Trauben in der Abendsonne, Weinlaub im Gegenlicht … und am Fernsehturm fährt gerade ein Zeppelin vorbei, fast unwirklich schön.
Der Abend ist lau, die Sonne längst hinter dem Wirtemberg verschwunden, der Kessel beginnt zu glitzern in seinem Lichtermix, die Wärme des Tages verdampft. Zeit für’s Essen. In der Hütte vom Dreimädelhaus warten auf uns – so wie es sich für eine Besenwirtschaft* gehört – Maultaschen, Fleischküchle und Kartoffelsalat. Die winzigen Hütten im Weinberg waren ursprünglich als Geräteschuppen gedacht oder als Schutz bei Gewitter für die Arbeiter. Strom oder Wasser gibt’s im Weinberghäusle nicht, stattdessen Kerzenlicht und für uns die Weine von Christel Currle aus der Kühlbox.
Es wurde ein lustiger Abend.
*Eine Besenwirtschaft erlaubt Winzern bis zu vier Monate im Jahr, ihren eigenen Wein auszuschenken und dazu einfache Speisen zu servieren. Ein Reisigbesen vor der Tür zeigt an, ob geöffnet ist.
Infos & Adressen
Markthalle Stuttgart, Dorotheenstraße 4, Stuttgart, www.markthalle-stuttgart.de
Weinbaumuseum Uhlbach, Uhlbacher Pl. 4, Stuttgart, www.weinbaumuseum.de, Tel. 0711-325718, außerhalb der Öffnungszeiten 0711-2228-122, nur Do-So/Feiertag geöffnet (im Winter nur FR-SO)
Weinberghäusle – Reservierung und weitere Infos auf Anfrage beim Weingut Christel Currle/Besenwirtschaft zum Dreimädelhaus, Tiroler Straße 17, Stuttgart, www.besenwirtschaft-stuttgart.de, www.weingut-currle.de
Dieser Artikel entstand in Kooperation mit Tourismus Marketing Baden-Württemberg und der Stuttgart Marketing GmbH. Meine Reisen werden zum Teil unterstützt durch Tourismusverbände, Veranstalter und Hotels. Auf Art, Inhalt und Umfang meiner Berichte hat dies keinen Einfluss, meine Meinung und alle Empfehlungen sind wie immer die eigenen.
5 Kommentare
Markt, Picknick, Weinberge – toll!
Mehr braucht’s nicht, gell
Wenn ich die Weinberge, die Weinfässer und das Picknick sehe, würde ich am liebsten sofort ins Auto steigen und losfahren.
Sag Bescheid, wenn ihr kommt 🙂