Wir sind in Porto, haben reserviert im DOP by Rui Paula. Eines der besten Restaurants der Stadt, empfohlen unter anderem im Guide Michelin. Und das geht schon mal gut los: ernste Miene beim Empfang, kühle Begrüßung, kein Lächeln. Man erklärt uns ohne jede Emotion die Karte. Über den etwas steifen Service mit arrogantem Anflug sehen wir hinweg – wollen ja hier keine Freundschaften schließen, sondern sind eher interessiert am Essen.
Eins der beiden offerierten Menüs mit Weinbegleitung gefällt uns am besten. Nach dem Aperitif geht’s dann Schlag auf Schlag, zack, zack: Gruß aus der Küche. Erste Vorspeise Bacalhao mit Kichererbsenpürree und zwei hauchdünnen, nicht mal centgroßen Mini-Scheibchen Chorizo (sehr übersichtlich). Die zweite, noch übersichtlichere Vorspeise kommt ohne Pause hinterher: zwei gebackene Morcilla-Kügelchen, jeweils mit ‘nem Klecks Pürree drunter. Die liegen auf einer Riesenplatte – im Größenverhältnis wie zwei vergessene Fußbälle in der Allianz-Arena.
Sofort danach als erster Hauptgang Seebrasse mit Jacobsmuschelcarpaccio, Kaviar, dazu Lobster und Lobsterreis. Das klingt doch alles gut, oder?
Ist es aber nur bedingt, denn die drei Gänge werden im Eiltempo serviert. Kaum ist der letzte Bissen vom Teller runter – wir kauen noch – fragt der Kellner, ob’s gut war und räumt ab. Noch Wein im Glas? Egal, das neue Glas für den nächsten Gang wird einfach davor gestellt und der folgende Wein schon mal eingeschenkt.
Warum die Eile?
Hat der Koch noch was vor an diesem Abend? Ein Date vielleicht oder spielt der FC Porto?
Anders können wir uns nicht erklären, dass vom Küchengruß bis zum Abräumen des dritten Ganges keine 45 Minuten vergehen … Das mag die portugiesische Art des Servierens sein, aber wir fühlen uns gehetzt. Das ist ja fast schon “Fast Food”!
Auch der Weinservice geht besser. Der diensthabende Weinkellner konnte fehlerfrei das Etikett ablesen, wenn die Rebsorten nicht auf dem Etikett standen, wusste er diese sogar auswendig. Sonst kam wenig, außer: “… wine from the region … it matches good … small producer (er degradiert sogar Fonseca mit seinen über tausend Hektar zum kleinen Erzeuger)”. Schade, der Sommeliér des Hauses hat wohl frei an diesem Abend. Zudem werden die drei begleitenden Weißweine von Gang zu Gang immer sparsamer eingeschenkt. Beim Fischgang ist es eigentlich nur noch ein größerer Probierschluck.
Der Hit kommt erst noch: das Tenderloin Steak auf Gemüsequiche (die eher aussieht wie ein platter Eierfladen). Wir bestellen das Steak medium, meins ist es auch. Das von Antje niemals, das sieht man schon von außen. So ungleich geschnitten, auf einer Seite zwei, auf der anderen nicht mal ein Zentimeter dick, geht das einfach nicht. Das ist Koch-Basiswissen. Also, wie vorhergesehen ist es well done, Antje reklamiert. Wortlos nimmt die Servicekraft den Teller weg. Dann kommt das neue Steak: Es ist ein wunderschönes, gleichmäßiges Stück Fleisch – nur innen komplett roh. Antje hat kein Problem damit. Auch weil die Qualität des Fleisches sehr hoch war, hat sie es so gegessen – und dem Rôtisseur höchstwahrscheinlich einen Mordsanschiss erspart.
Übrigens: Die Kellnerin wartet mit der Nachfrage, ob denn jetzt alles in Ordnung sei, exakt solange, bis der letzte Bissen vom Teller ist. Da Timing aber nicht zu Ihren Stärken zählt, soll Antje mal wieder mit vollem Mund anworten.
Fazit für diesen Abend: Die Qualität der einzelnen Zutaten ist sehr gut. Leider wird einfach nur fehlerfrei gekocht, lustlos, ohne Spannung und Raffinesse. Am deutlichsten zeigt dies der Seafoodgang: Seebrasse, Jacobsmuschel, Lobster, Caviar. Jedes für sich ein richtig tolles Produkt – aber so, wie in diesem Gang verarbeitet, ist es einfach nur ein Nebeneinanderher.
Die Zusammenstellung des Menüs ist vielversprechend, die Umsetzung geht deutlich besser. Im Zusammenhang mit dem DOP habe ich in manchen Kommentaren schon von “Sterneniveau” gelesen. Das, was uns an diesem Abend geboten wird, kann nicht im Sinne von Starkoch Rui Paula sein. Drei Restaurants in Portugal und eins in Brasilien betreibt Paula. Die Herausforderung ist eben, dass es immer und überall so schmeckt, als stehe der Chef höchstpersönlich am Herd.
Mir als Gast ist es nämlich ziemlich wurscht, ob der Koch an diesem Abend krank ist, im Urlaub oder einen schlechten Tag hat. Ich zahle 100 Euro pro Person (65 für’s Menü, 35 für die Weinbegleitung) – und die waren für uns an diesem Abend definitiv “rausgeschmissenes Geld”!
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