Linda, Musik-Studentin aus Brooklyn, mit ihrer Freundin Karen drei Wochen in Tel Aviv unterwegs, um tagsüber abzuhängen und ansonsten das Nachtleben zu studieren. Noam aus Jaffa: will mit seinem Onkel mal wieder bei Yuval, Lebenskünstler und Lebensgefährte von Nurit, vorbeischauen. Yael und Michal aus Haifa hatten auch gerade nichts Besseres vor als Nurit, Gastgeberin, anruft. Richard, Werbefachmann aus London, gerade beruflich in der Stadt, sucht das ultimative Geschmackserlebnis. Dazu eine selbst gezimmerte Open-Air-Bar mit Blick über die Dächer bis zum Meer, ein türkis angestrichener Lattenrost als Tisch und ausrangierte Matratzen als Lounge-Möbel.
Was für ein amüsanter Abend. Neun Wildfremde treffen sich in der Küche von Nurit, mitten in Tel Aviv, um gemeinsam zu essen. Seit ein paar Jahren schmeißt die rothaarige Israelin zwei bis drei Mal pro Woche private Dinner-Partys. Maximal zehn Leute passen an ihren Tisch. Weniger sollten es aber auch nicht sein, findet sie. Trudeln zu wenige Anmeldungen ein, trommelt Nurit flugs noch ein paar Freunde dazu.
Organisiert werden die so genannten Privatrestaurants über die Plattform EatWith. Und das funktioniert so: Man sucht sich auf der Website seinen Gastgeber aus, bucht online seinen Platz und erhält dann die Adresse samt Anfahrtsbeschreibung.
Nurits Wohnung liegt in einer ruhigen Seitenstraße, nur drei Minuten vom Carmel-Markt, und hat eine traumhafte Dachterrasse (allein damit hatte sie mich). Das dreigängige Menü kostet mit Aperitif, Wasser und Wein rund 30 Euro. Familienanschluss und Insidertipps inklusive.
Erfunden haben EatWith Guy Michlin und Shemer Schwartz 2012 während einer Griechenlandreise. Mittlerweile gibt es die privaten Dinner in mehr als 30 Ländern, auch in Deutschland.
Private Dinner in Tel Aviv
Nurit ist Mitte dreißig, hat drei Abschlüsse: Kunst, Philosophie, Mathe. Nine-to-five war nicht so ihr Ding. Als Kunstpädagogin hat sie sich versucht, doch auch damit lässt sich nicht so viel verdienen, dass es auf dem teuren Pflaster der City reicht. Wenn sie keine Dinner veranstaltet, führt sie Touristen über den Carmel-Markt und serviert nach den kulinarischen Touren einen Brunch auf der Dachterrasse, wo sie die gesehenen Produkte vorbereitet hat.
Und Nurits Kochkünste sind sensationell.
Im Fernsehen hat die Königin vom Carmel-Markt (so nennt sie Yuval) letztes Jahr zehn Folgen lang Geheimtipps vom Markt präsentiert, die nicht mal Einheimische kennen.