Eine Weinlandschaft wie aus dem Bilderbuch und pittoreskes Mittelalterflair innerhalb der Stadtmauern machen Besigheim zu einem der schönsten Ausflugsziele von Stuttgart und Umgebung.
(Enthält Werbung) Jetzt müsste nur noch ein Zug kommen, dann wäre das Bild perfekt. Als ob die Landschaft nicht auch so schon atemberaubend schön ist: Hänge voller Reben, die sich einem Amphitheater gleich um Besigheim ziehen. Zu deren Füßen windet sich die Enz, die ein paar hundert Meter weiter in den Neckar mündet. Steil sind die Weinberge hier, dass einem fast schwindlig wird.
Schatten? Fehlanzeige. Was den Fotograf in mir freut, bedeutet für den Winzer einen Knochenjob mit unzähligen Stunden im Weinberg. Von den schweren Kisten bei der Traubenlese ganz abgesehen. Wenigstens dafür gibt es inzwischen eine kleine Hilfe in Form eines Lastenaufzuges.
Lohnendes Wein-Ausflugsziel in der Stuttgarter Umgebung: Besigheim
Während ich nun so in dieser Modelleisenbahnlandschaft stehe und den Mund vor Staunen fast nicht zubekomme, kommt er tatsächlich. Der Regionalzug. Knallrot. Und die neuen Triebe der Reben leuchten gleich noch maigrüner.
Ich bin an diesem Frühlingstag mit Weinerlebnisführerin Christine Spahr auf Tour. Mit dem Segway, eine tolle Alternative zum Radeln oder Wandern. Ersteres wäre für die meisten ohnehin eher mit dem E-Bike ein Genuss, denn an manchen Stellen gehts ganz schön Auf und Ab.
An der Himmelsleiter schnaufen aber auch die Wanderer, wenn sie sämtliche 411 Stufen gemeistert haben: Der Weinwanderweg führt vom Enztal hinauf durch die steilen Weinterrassen.
Der Lohn: eine Wahnsinnsaussicht. Fand auch das Deutsche Weininstitut und kürte das Plätzchen oberhalb der Walheimer Weinlage Schalkstein 2012 zur Schönsten Weinsicht. 2016 war dann die gegenüber liegende Seite dran: die Hessigheimer Felsengärten neben der Felsengartenkellerei.
Auf der Himmelsleiter zwischen den Reben wandern oder bequem mit dem Segway durch die Weinberge rollen
Nach unserem kleinen Walheim-Abstecher rollen wir zur Weinkanzel. Wein „in the sky“, sagt Christine und tatsächlich kommt das Gefühl auf, über den Weinreben zu schweben. Ein paar Meter nur ragt die Gitterplattform in den Weinberg, doch durch das starke Gefälle wirkt es um einiges dramatischer.
Hier wächst auch einer der Vorzeigeweine der örtlichen Kellerei: Lemberger Terra S, ein granatroter, markanter Rotwein aus ertragsreduzierten Rebstöcken.
Ein paar Meter weiter stapelt Winzer Günther Joos Steine in eine Art Drahtkäfig: Trockenmauern, sie stützen den Weinhang. Eine ziemlich aufwändige Arbeit, diese zu erhalten, wenn man nicht das Risiko eingehen will, dass alles abrutscht, wie in einer anderen Parzelle passiert. Und nicht ganz billig. Ein weiterer Grund, warum eine Flasche Wein aus einer Steillage ein bisschen mehr kosten muss.
Zeit für eine kleine Vesper: selbstgemachte Fleischküchlein, Knautschweggle und Trollinger-Sorbet. Super lecker. Christine liebt es, für ihre Gäste zu kochen und natürlich kommt überall ein Schuss Wein rein.
Gegenüber der Weinkanzel grüßt Besigheim, Deutschlands schönster Weinort, mit Stocher- und Waldhornturm, umarmt von der Enz.
Die kleine Stadt hat einiges zu bieten. Einen Titel zum Beispiel: Besigheim wurde 2010 von den Zuschauern des MDR-Fernsehens aus mehr als 40 Kandidaten zum schönsten Weinort Deutschlands gekürt.
Besigheim ist eine der am besten erhaltenen mittelalterlichen Städte in Süddeutschland
Wir drehen eine kleine Runde durch die Altstadt: durch Fachwerkgassen mit üppig bewachsenen Häuschen.
Besonders sehenswert ist das Drei-Giebel-Haus auf dem Marktplatz, in dem soll schon die Familie des Dichters Hölderlin gelebt haben.
Ein graues Fachwerkgebäude, zwei Häuser weiter, zeigt den Reichtum des ehemaligen Besitzers, einem Eisenkrämer: unten Sandstein, oben Fachwerk mit profilierten Schwellen im Giebel. Früher war darin die Stadtapotheke untergebracht. Der heutige Eigentümer betreibt das Restaurant Marktwirtschaft in den alten Mauern.
Das Rathaus mit dem imposanten Giebel aus alemannischem Fachwerk wurde 1459 als Markthalle gebaut. Von dort rollen wir mit unseren Segways über die Gasse Auf der Mauer zum Schochenturm am oberen Burgplatz. Wo früher Kriminelle ihre Strafe absaßen, üben heute Künstler: Ins Gefängnis zog die Musikschule ein. Unterhalb der alten Stadtmauer rauscht die Enz durch das Wehr.
Von den alten Backhäusern der Stadt sind vier erhalten geblieben. Und zu besonderen Anlässen sogar noch in Betrieb: Nach dem Anheizen werden auf den Steinplatten Rebbüschel verbrannt und nach Entfernen der Asche auf den heißen Platten Brot gebacken.
In der Nähe des ersten Schulhauses der Stadt verläuft der 49. Breitengrad quer durch Besigheim, gut sichtbar im Boden markiert.
Die meisten Häuser des denkmalgeschützten Altstadtkerns besitzen historische Gewölbekeller, in einigen wird bis heute Wein gelagert. Die Schildwirtschaft „Zum Anker“, das 1556 für den Bürgermeister gebaute Haus, verfügt über den längsten und tiefsten Keller der Stadt – eine tolle Kulisse für gesellige Runden.
Feiern können sie hier richtig gut. Das alle zwei Jahre im September stattfindende Besigheimer Winzerfest wurde von den Lesern der Welt am Sonntag zu Deutschlands schönstem Weinfest gekürt.
Naturschutzgebiet Neckerhälde mit Blick auf die Schwäbischen Dolomiten
Das mittelalterliche Besigheim liegt auf einem Bergrücken, den die beiden Flüsse ursprünglich an drei Seiten umflossen – am Zusammenfluss von Neckar und Enz, umgeben von steilen Weinbergen, den Felsengärten. Vorwiegend rote Sorten wie Trollinger, Lemberger und Spätburgunder wachsen auf den Terrassenlagen mit Natursteinmauern und Stäffele, die bis zu 50 Prozent Steigung aufweisen. Apropos: Etwa ein Viertel aller Steillagen in Deutschland befinden sich in Württemberg.
Wir weichen aus Zeitgründen etwas von der üblichen Route ab und fahren direkt in das Naturschutzgebiet Neckarhälde. Mit bestem Blick auf die Felsengärten, die seit 1942 unter Naturschutz stehen. Seltene Tiere und Pflanzen haben sich hier angesiedelt und bilden zusammen mit den steilen Weinlagen eine einzigartige Kulturlandschaft.
Immer wieder steige ich ab, um ein paar Fotos zu schießen, zum Beispiel von den hübschen Weinberghäuschen, die wie Nester in den Rebzeilen stecken. Früher wachten darin Wengerterschützen, die Traubendiebe fern halten sollten. Heute wird das automatisch gesteuert mit Knallern.
Und die Diebe kommen inzwischen auch eher aus der Luft. Vor allem Amseln lieben Trauben. Die Rebsorte Merlot verdankt ihnen sogar ihren Namen (merlo: italienisch für Amsel) weil die Vögel mit Vorliebe die frühreifen Trauben stibitzen. Was den Winzern naturgemäß ganz und gar nicht gefällt.
Viele Male müssen sie während des Jahres durch den Weinberg – vom Rebschnitt im Spätwinter bis zur Lese. Bei der Felsengartenkellerei packen alle mit an, auch der Vorstand. Der ist an diesem Tag mit einer Mitarbeiterin gerade dabei, die Drähte einzurichten, an denen die Triebe hochgebunden werden, damit die Trauben optimal Sonne bekommen.
Auf dem Enztalweg fahren wir schließlich gemütlich zurück in den Ort. Rund zwei Stunden dauert die Segwayrunde zu den schönsten Aussichtsplätzen in Besigheim.
Was eine Weinerlebnisführerin denn von einem normalen Guide unterscheide, hatte ich Christine zu Beginn unserer Tour gefragt. Die Antwort: „Wein und Landschaft mit allen Sinnen erleben“.
In Besigheim ein leichtes Spiel.
Weitere Informationen und persönliche Empfehlungen:
Hinkommen: Mit dem Auto auf der B27 über Ludwigsburg oder mit der Regionalbahn von Stuttgart Hbf direkt nach Besigheim.
Übernachten: Unterkunft finden bei booking.com (Affiliate-Link: keine Mehrkosten für dich, kleine Provision für uns)
Weinerlebnis-Segway-Tour: Kontakt: Christine Spahr, www.weinerlebnis-spahr.de, Tel. 07143-32813
Weitere Segway-Touren, Themenführungen sowie Veranstaltungstermine unter www.besigheim.de.
Besigheimer Winzerfest: findet alle zwei Jahre statt, 2019 vom 13.-16. September in der Altstadt.
Mein Extra-Genuss-Tipp: Beim Weißwurst-Weltmeister in der Hauptstraße beste Hausmannskost genießen. Und anschließend auf ein Glas Wein in eines der urigen Lokale der Altstadt einkehren, zum Beispiel in der Marktwirtschaft.
Der Beitrag entstand in Kooperation mit der Stadt Besigheim und der Regio Stuttgart Marketing- und Tourismus GmbH. Auf Art, Inhalt und Umfang hat dies keinen Einfluss, meine Meinung bleibt wie immer die eigene.