Fangen wir mal mit den Fakten an: eine Gemarkung, tausend Meter Höhendifferenz. Ein Dorf, 2.500 Einwohner, 20 Restaurants – genannt: die badische Genussmeile. An den Hängen im Tal wächst Wein, auf dem Berg surrt der Skilift. Wanderer freuen sich über den Tiefblick zum Karsee, das Auerhuhn über die Ruhe im Bannwald des Nationalparks.
Ehrlich, das klingt wie eine Wunschvorstellung aus dem Lehrbuch der Touristiker, oder? Doch diesen Ort gibt es wirklich:
Sasbachwalden. Das Schwarzwälder Weindorf.
Morgens wandern und abends gut essen, dazu das eine oder andere Glas Wein genießen, das ist genau nach unserem Geschmack. Sasbachwalden, das Weindorf in der Ortenau, kannten Andreas und ich schon. Die Vielfalt nicht. Grund genug, ein Wochenende in dem badischen Ort zu verbringen.
Weinkennern ist Sasbachwalden vor allem ein Begriff durch die örtliche Genossenschaft Alde Gott. Deren Mitglieder bewirtschaften 260 Hektar Rebfläche, die überwiegend mit Spätburgunder bepflanzt sind. Die Zeitschrift „Der Feinschmecker“ wie auch der „Gault Millau Weinguide“ zählten Alde Gott zu den besten Weingütern in Baden. Uns gefallen nicht nur die Rotweine, insbesondere der Grauburgunder ist mein Favorit bei den Weißen.
Klostergut Schelzberg: Weinprobe direkt am Panoramawanderweg
350 Winzer im Ort liefern ihre Trauben an die Genossenschaft, also die meisten. Nur vier Weingüter in Sasbachwalden keltern und vermarkten ihren Wein selbst. Einer von ihnen ist Hans-Martin Hockenberger. Oder kurz: der Hansi. Ein drahtiger Typ mit kräftigem Händedruck, grauen Schläfen und Lachfältchen um die Augen. Seiner Familie gehört das Klostergut Schelzberg seit 1928 in dritter Generation. Die Reben wachsen rund um das Haus, knapp zehn Hektar. Ein Vorteil, der daraus resultiert, dass das Weingut früher ein Kloster war mit entsprechend zusammenhängenden Ländereien. Der Schelzberg ist neben Alde Gott die zweite Weinlage von Sasbachwalden.
Die Klostergut-Weine sind fruchtig und wuchtig, ehrliche Tropfen, die gut zur badischen Küche passen. Oder zur Vesper beim Wandern. Direkt am Haus führt der Alde-Gott-Panoramaweg entlang. Für durstige Kehlen hat Hansi im Hof immer ein paar Flaschen im Kühlschrank parat – was für ein netter Service. Gezahlt wird in die Kasse des Vertrauens. Wer nichts im Rucksack dabei hat, kann auch in der Klosterschänke nebenan einkehren. Und vielleicht im Anschluss eine Weinprobe im Keller machen. Highlight sind die gereiften Weine, von denen Hansi pro Jahrgang ein paar Flaschen zur Seite legt. Wir haben den 1999er Spätburgunder probiert, der seine perfekte Trinkreife jetzt erreicht hat.
Vergleichsweise jung dagegen ist das Weingut Königsrain, dass Katja und Tobias Pfeifer 2011 gegründet haben. Klassisches Önologiestudium, Amtszeit als Deutsche Weinprinzessin, Arbeit bei renommierten Weingütern, unter anderem in Kalifornien, sind die Stationen der Jungwinzerin. Rund zwei Hektar bewirtschaften die beiden, momentan noch im Nebenerwerb.
Mit knallpinkfarbener Jacke („ein bisschen Rosa im Leben schadet nie“), die langen blonden Haare zum Zopf gebunden, und strahlenden Augen schenkt Katja Rosé-Sekt ein. Filigran, frisch und lebhaft schmeckt dieser und zeigt (wie auch die Weine) die ganz persönliche Handschrift der beiden Jungwinzer. Besonders gut kommt bei den Kunden der feinherbe Rosé-Wein an. Uns persönlich gefällt besonders der mit zwei Gramm Restzucker knochentrockene Riesling. Die Qualitätsweinprüfer fanden den Wein wiederum nicht typisch genug für Baden, weshalb auf dem Etikett nun Badischer Landwein steht.
Erfrischend anders: Weingut Königsrain
Ihr könntet mir ein bisschen helfen, sagt Katja, der Spätburgunder liegt momentan auf der Maische und muss drei Mal am Tag untergetaucht werden. Und schon habe ich eine rote Riesengabel in der Hand und drücke den flüssigen Brei aus zerkleinerten Traubenschalen und Most auf den Boden des Bottichs. Durch dieses Verfahren wird der Wein samtiger und voller. Bis zu sechs Wochen bleibt die Maische stehen. Immer wieder verkostet Katja währenddessen, um den optimalen Zeitpunkt zum Abpressen zu erwischen. Knapp 50 Grad Oechsle zeigt das Messgerät, das wie ein Thermometer aussieht, heute an. Die Gärung ist also noch voll im Gange. Die leicht trübe Flüssigkeit schmeckt wie Most. Nebenan die Charge dagegen ist durchgegoren, auf Null, und könnte jetzt abgepresst werden und im Fass weiter reifen. Nach getaner Arbeit dürfen wir den fertigen Spätburgunder vom vorletzten Jahr probieren, einen sehr eleganten Rotwein mit schöner Farbe.
Wein-Caching – die etwas andere Weinprobe
Mit etwas Glück kann man die Weine von Katja und Tobias auch direkt im Weinberg genießen – beim Wein-Caching. Sofern man sie findet. Ausgedacht hat sich das Ganze Eugen Oberle, der Wirt vom Naturpark-Hotel Holzwurm. Mit einem GPS-Gerät, in dem die Koordinaten der einzelnen Stationen gespeichert sind, einer Beschreibung und einem Weinglas bewaffnet, ziehen wir los. Laut unserem Plan sollen wir 19 Wegpunkte entdecken, darunter sind fünf mit einem Wein-Tresor.
Die Strecken variieren je nach Kondition der Teilnehmer oder Größe der Gruppe. Vor uns ist eine Gruppe Lehrer an den Start gegangen, die haben hörbar Spaß an der Sache. Das Wein-Caching kommt gut an bei den Gästen, und selbst die Sasbachwaldener sind bis jetzt weniger genervt von den lustigen Schnitzeljägern als angenommen. Als wir mit unserem Schlüsselbund vor einem Privatgrundstück stehen und zögern, ob das Versteck tatsächlich hier ist, ermuntert uns der Eigentümer ausdrücklich dazu, nachzusehen.
Knapp zwei Stunden sind wir unterwegs, die Hälfte der Strecke in den Weinbergen mit Panoramasicht auf Sasbachwalden. Die schönste Station ist ein Weinberghäuschen aus Stein mit einer Bank davor. Ein herrliches Plätzchen für einen Schluck Wein. Und um Pläne für die Restaurantwahl zu schmieden.
Badische Genussmeile: von Sauerbraten bis Gänseleber
Acht Kilometer lang erstreckt sich die badische Genussmeile durch Sasbachwalden. Alle Wirte des Ortes machen mit – von der urigen Dorfkneipe bis zum Sternerestaurant. Um uns die Entscheidung zu erleichtern, fragen wir den örtlichen Tourismuschef Alexander Trauthwein, was denn die typische Küche der Region ausmacht. Drei Einflüsse prägen Baden demnach: das angrenzende Elsass mit Schnecken und Flammkuchen; Schwaben mit Maultaschen und nach Süden hin ein gewisser Schweizer Einschlag mit Käsegerichten.
Wir haben drei verschiedene Gasthöfe ausprobiert: die Sonne, eines der ältesten Lokale in Sasbachwalden, die Ald Saschwalle, ein uriges Lokal mit deftiger Hausmannskost und den Engel, ein gemütliches Landlokal, das vom Bib Gourmand ausgezeichnet wurde – und waren drei Mal begeistert. Von der Forelle blau, die der Koch im Gasthof Sonne noch lebend in die Küche holt, vom Badischen Sauerbraten im Gasthof Engel ebenso wie von Flammkuchen und Schweinskopfsülze in der Ald Saschwalle.
In Sasbachwalden kann man ein ganzes Wochenende (und noch viel länger) mit kulinarischen Entdeckungen verbringen. Die Ferienregion hat aber noch weit mehr zu bieten. Fast vor der Haustür liegt der Nationalpark Schwarzwald, den wir am zweiten Tag erkunden.
Infos & Adressen:
Gasthof Sonne, Talstraße 32, Sasbachwalden, www.sonne-sbw.de
Gasthof Engel, Talstraße 14, Sasbachwalden, www.engel-sasbachwalden.de
Gasthof Ald Saschwalle Talstraße 3, Sasbachwalden, www.aldsaschwalle.de
Weincaching (Anmeldung im Naturparkhotel Holzwurm), Am Altenrain 12, Sasbachwalden, www.holzwurmwirt.de
Klostergut Schelzberg, Sasbachwalden, www.schelzberg.de
Weingut Königsrain, Königsrainstraße 19,Sasbachwalden, www.königsrain.de
Tourist-Info Sasbachwalden, Talstraße 51, 77887 Sasbachwalden, Tel.: 07841 1035
Meine Reise wurde unterstützt durch die Ferienregion Sasbachwalden. Meine Meinung ist wie immer die eigene.
4 Kommentare
Wein Caching – fabelhaft! Die von Dir vorgestellte Region eignet sich m.E. sehr gut für eine langsame Reise – slow travel. Ein bisschen wandern und viel geniessen, das gefällt uns auch!
Ja, Slow Travel ist auch ganz unser Ding.
Das ist eine Region nach unserem Geschmack: schöne Landschaften, Weinberge, gute Weine und vielversprechende Restaurants.
Ich war selbst ganz überrascht, was man dort alles machen kann. Du fährst keine zehn Minuten und bist mitten in der Wildnis. Abends sitzt man dann gemütlich beim Wein. Herrlich.