Mal ehrlich, warum geht man wandern mit einem Lama im Schlepptau? Der Mann, der an unseren Tisch kommt, hat die Herde draußen vorm Gasthof stehen sehen und würde gern gern wissen, was es damit auf sich hat. Llamero Horst kennt die Frage schon und gibt geduldig Auskunft.
Dass unsere Wandergruppe Neugier weckt, haben wir schon beim Marsch auf den Kristberg bemerkt. Kaum einer, der nicht kurz stehen blieb, um ein paar Worte zu wechseln. Ganz aus dem Häuschen geriet ein Asiate, der mit seinem Handy um die Herde herumsprang, filmte und sich gar nicht mehr einkriegte.
Lama-Trekking ist bewusstes Wandern
Worin liegt aber nun der Reiz am Lama-Trekking? Es ist eine ganz andere Art zu wandern, sehr friedlich, fast schon meditativ, sagt Horst. Lamas sind freundlich, ausdauernd, niemals störrisch und strahlen eine angenehme Ruhe aus. Das übertrage sich schnell auf unsere Stimmung.
Die passt schon mal sehr gut, als wir uns um 15 Uhr am Lamahof in Bartholomäberg treffen. Vom Tal ist dicker Nebel hier herauf auf 1.200 Meter gezogen, der sich wie eine Decke auf den Ort legt. Über dem offenen Feuer köchelt selbst gemachter Punsch im Kessel, der würzig nach Orangen duftet. Die Lamas kauen derweil am Heu und starren in die Landschaft, uns mustern sie nur nebenbei. Das Interesse auf unserer Seite scheint deutlich zu überwiegen.
Lamas sind nicht nur höhentauglich (selbst vier-, fünftausend Meter über dem Meer machen ihnen nichts aus), sondern auch auf dem eisigen Weg sehr trittsicher. Wir sind mit Pedro unterwegs, für mich der Schönste der Herde, schon allein wegen seiner Frisur. Pedro ist das Leittier, mit seinen sieben Jahren auch etwas größer und stattlicher als die anderen Lamas. Zwischen 25 und 30 Jahre können Lamas alt werden und rund 150 Kilo auf die Waage bringen.
Horst sagt, der Führer sollte immer vor dem Lama gehen. Das hat den Vorteil, dass man nie getreten wird. Ein Lama tritt nach hinten aus, wie mancher neugierige Hund schon erfahren musste. Der Nachteil: Lamas niesen recht häufig, so dass ich ziemlich froh war über meine Kapuze. Vielleicht waren sie aber auch nur erkältet.
Wir laufen gemächlich durch den verschneiten Wald. Eines der Lamas fängt an zu “singen”. Eine unerwartet hohe Stimmlage, es klingt so ähnlich wie “hmmmh, hmmmh, hmmmh”, den letzten Laut nach oben gezogen. Als ob sie mir zustimmen, wie schön der Blick von hier oben auf die Gipfel des Rätikon doch ist.
Traumhaft schön, gell?
Hmmmh!
Bald stimmen die anderen ein. Das sei typisch für Lamas, erklärt Horst, sie drücken damit ihre Zusammengehörigkeit aus. Was für ein passender Soundtrack zu unserer Wanderung in den Bergen.
Kurz vor 17 Uhr erreichen wir den Kristberg auf 1.500 Metern, gerade noch rechtzeitig, um die Sonne hinter den Drei Türmen verschwinden zu sehen. Zeit, beim Jagertee im Panoramagasthof uns aufzuwärmen und ein bisschen zu plaudern.
Horst hatte früher einen Installateurbetrieb. Als er 60 wurde und der Sohn das Geschäft übernahm, brauchte er eine neue Aufgabe. Die fand er in Südamerika, wo man um die Jahrtausendwende gerade begann mit dem Lama-Trekking. Nach einigen Reisen war klar, dass das auch zu Hause im Montafon funktionieren würde. Bill war der erste, im Alter von sechs Monaten kam das Lama-Baby nach Österreich. Heute leben fünf Lamas auf seiner kleinen Farm im Vorarlberg.
Als wir wieder aufbrechen, ist es stockfinster. Mit Stirnlampen geht’s nun aber nur noch bergab. Die Lamas haben es plötzlich eilig, sie wollen nach Hause. Pedro schiebt von hinten sanft, aber deutlich. Auch dann noch freundlich, als er damit nicht durchkommt. Überhaupt lässt sich ein Lama nicht so leicht provozieren. Spucken würde es nur, wenn Gefahr droht. Dann aber ist Schluss mit lustig: Die Trefferquote liegt auf eine Entfernung von zehn Metern bei 99 Prozent.
Fürchten muss das normalerweise nur ein Bergpuma, der natürliche Feind in der Heimat der Lamas. Wir dagegen haben uns bestens verstanden auf unserer Wandertour. Mach’s gut, Pedro und ihr anderen. Vielleicht bis bald mal wieder. Dann im Sommer die große Runde.
Treffpunkt: Lamahof Horst Kuster, Innerberg (Parken beim Gasthof Mühle) Dauer: ca. 3,5 Std. // Buchung/Info: bis 18.00 Uhr am Vortag auf www.montafon.at oder in den örtlichen Tourismusbüros
Extra-Tipp: im Iglu übernachten – ein unvergessliches Bergerlebnis.
Danke an Montafon Tourismus. Meine Reisen werden zum Teil unterstützt durch Tourismusverbände, Veranstalter und Hotels. Auf Art, Inhalt und Umfang meiner Artikel hat dies keinen Einfluss, meine Meinung bleibt wie immer die eigene.
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7 Kommentare
Lamas sind total hübsche Tiere und wir haben uns in Südamerika garnicht an ihnen sattsehen können. Auch eine Lama-Wanderungen haben wir schon gemacht, aber dafür können wir uns nicht so sehr begeistern. Wir betrachten die Tiere lieber aus der Ferne.
Mich haben sie auch total fasziniert. Was hat euch denn nicht so gut gefallen am Wandern mit Lama, Silke?
Kristberg besuchte ich mal Sommer. Lamas könnte ich manchmal gut gebrauchen um meine Fotoausrüstung zu schleppen, das wäre eine tolle Idee. Meinst Du das klappt?
Oh ja, das wäre praktisch … und den Picknickkorb gleich noch dazu. Ich glaube, das machen die Lamas ohne zu murren 🙂
Wir haben mal eine Wanderung mit Alpakas gemacht, die uns auch sehr gut gefallen hat. Dass eine solche Wanderung friedlich und fast meditativ ist, dem kann ich aus eigener Erfahrung zustimmen. Allerdings sind Alpakas schon manchmal etwas störrisch – wir waren mit zwei Tieren unterwegs. Das eine war sehr brav, das andere hatte aber durchaus seinen eigenen Willen und tat, was es wollte. Vielleicht sind Lamas da anders?
Witzig, ich dachte immer, dass nur Esel störrisch sind. Die Lamas waren echt liebenswert, die gucken schon so freundlich. Ich hätte Lust auf ein längeres Lama-Trekking, einen Tag oder zwei. Praktisch ist auch, dass sie den Rucksack tragen würden ohne zu Murren 🙂