Mister Binh macht gerade ein Nickerchen, als wir gegen vier Uhr am Nachmittag in sein Büro kommen. Im Moment ist nicht viel los in Mui Ne. Regenzeit. Um so erfreuter springt er aus seiner Hängematte, holt zwei Stühle und Cola mit Eis.
Wo wollt ihr hin, fragt der Chef von Adventure Tours? Die Dünen, klar. Ansonsten, keine Ahnung, die Gegend kennenlernen, wie die Leute so leben. Alles, nur nicht die üblichen Touristentouren.
Gebongt, dafür sei er der richtige Mann. Wir verabreden uns für den nächsten Morgen.
Nach dem Frühstück warten Mister Binh und Sohn bereits vor unserem Hotel – jeder mit einem Motorrad und zwei Helmen.
Am Fairy Stream halten wir das erste Mal. Soui Tien heißt das Flüsschen eigentlich, das sich tief durch den Sandstein gefressen hat.
Am Wasserfall klettern wir über eine abenteuerliche Leiter ins Flussbett und waten barfuß Richtung Meer. Jetzt in der Regensaison, wo das Wasser nur knöcheltief ist, sehe man die Schlangen auf dem Grund besser, freut sich Binh. Augenblicklich bewegen wir uns wie Störche, immer ein Bein in der Luft.
Der Canyon gehört uns an diesem Vormittag allein. Es ist schwül, kein Lüftchen geht. Keine Wolke am dunkelblauen Himmel. Noch steht die Sonne so flach, dass die Palmen am Ufer uns Schatten spenden.
Mitten im Fluss stehen Tische und Stühle, das Saigon Red kühlt unterm Tisch im Wasser. Doch es sieht nicht so aus, als ob der Wirt heute ein großes Geschäft macht.
Unterwegs mit dem Mui Ne Easy Rider
Am Ban Ba schon eher. Der weiße See, der im Juli von unzähligen Lotusblüten bedeckt wird, liegt in der Einflugschneise der Weißen Dünen. Geschäftstüchtige Vietnamesen wollen, dass wir mit einem Quad durch den Sand rauf und runter heizen. Wollen wir nicht.
Mit ein bisschen Abstand sehen die Dünen sowieso besser aus, der weiße Sand bildet einen schönen Kontrast zum Pinienwäldchen am See.
Um einiges schöner als die berühmten Roten Dünen von Mui Ne. Die auf all den Instagrambildern so glühend orangerot leuchtenden Formationen, unberührt, wie von Künstlerhand modelliert.
In echt: eher dreckig, ocker. Der Sand zertrampelt vom Hochziehen der Rutschen, mit denen die Sandschlitterer dann doch nach zwei Metern steckenbleiben.
Immer der Nase nach zurück ins Dorf. Bis Mittag wird am Hafen der Fang der letzten Nacht ausgeladen und verkauft. Körbeweise Anchovis glänzen silbern in der Sonne. Die werden demnächst in den Fischfabriken zu nuoc mam verarbeitet.
Eine alte Frau schultert ihre Tragestange mit zwei Ladungen, ächzt unter der Last und läuft dann flink und leichtfüßig davon.
Die großen Kutter liegen weiter draußen im Meer, ans Land kommen die Fischer mit kleinen, runden Booten. Die Ärmsten unter ihnen besitzen bloß eine dieser blauen Schüsseln und können ihre Netze nur in Küstennähe auswerfen.
Hinter uns türmt sich eine Wolke aus rotem Staub. Auf der Sandpiste müssen wir im Slalom um Pfützen herumkurven, die teilweise knietief mit ockerfarbenem Matsch gefüllt sind. Nach der Fahrweise von Mister Binh zu urteilen, geht das am besten ohne Bremsmanöver.
Geschmackssache: Gebratene Eidechsen
Ein kleines Café am Straßenrand, wir stoppen auf einen White Iced Coffee. Vietnamesen lieben ihren Kaffee mit Eiswürfeln und süßer Kondensmilch – das schmeckt tatsächlich besser als es sich anhört.
Eine andere Spezialität in der Gegend: gebratene Eidechsen. Die so begehrte wie sündhaft teure Delikatesse bekommt man jedoch selten im Restaurant. Einige Familien in der Nähe von Mui Ne züchten die Geckos und verkaufen sie an die Nachbarn. Ob ich welche probiert hätte, weiß ich nicht, es gab keine Gelegenheit. Vermutlich schon.
Zimperlich sind vietnamesische Köche im allgemeinen nicht, von Hundefleisch bis angebrütete Enteneier kommt alles auf den Tisch. Von solchen Extremen abgesehen, kann man meist mit gutem Gewissen einkehren – und im Zweifel vorher in den Kochtopf gucken.
Wie in Thailand kochen auch die Vietnamesen mit viel Grünzeug und rohen Zutaten. Richtig lecker und gesund ist die Drachenfrucht, die 75 Tage braucht, bis sich ihre Schale pink färbt und sich das weiß-schwarz gesprenkelte Fruchtfleisch butterweich heraus löffeln lässt.
Nguyen Thanh Binh, ”Mui Ne Easy Rider”, 81, Huynh Thuc Khang (gegenüber dem Canary Resort), Mui Ne, Tel. 0989-297648, E-Mail: bensaharatour@outlook.com, www.muine-adventures.com