Weinwandern boomt. Per pedes macht Wein entdecken viel Spaß. Oder man radelt von Winzer zu Winzer an der Elbe. An Saale und Unstrut gibt es eine weitere Perspektive: Mit dem Kanu paddelt man ganz gemütlich entlang der Weinberge.
“Kentern? Passiert höchstens beim Ein- und Aussteigen. Oder wenn ihr der Unstrut-Nixe zu nahe kommt”, sagt der Bootsverleiher. Na super. Für alle Fälle verstauen wir unsere Sachen in einer wasserdichten Box und lassen den Canadier in die Unstrut, etwa 12 Kilometer flussaufwärts von Naumburg. Hier strömt der Fluss träge, so dass wir nach wenigen Minuten entspannt lospaddeln. Die ersten Kilometer winden sich durch unberührte Landschaft: orangefarbene Lilien blühen am Ufer, riesige Trauerweiden baden ihre Zweige im Wasser, metallicblaue Libellen tanzen um unser Boot. Nur der Lärm der nahen Straße verrät, dass die Zivilisation nicht weit ist.
Nach vier Kilometern passieren wir das erste Wehr auf unserer Strecke, besser gesagt, wir nehmen die Schleuse. Wie eine Nussschale in der Badewanne treiben wir in der riesigen Kammer. Das Wasser um uns herum sinkt schnell, als ob jemand den Stöpsel der Badewanne zieht. Als uns die Schleusentore mit dem restlichen Wasser ausspucken, lockt auf der linken Seite die Mühle Zeddenbach. Zeit für einen ersten Stopp – auf der sonnigen Terrasse direkt an der Unstrut. Die Mühle ist in Betrieb, jeden Samstag führt der Müller interessierte Besucher durchs Gebäude. An allen anderen Tagen kann man im angeschlossenen Mühlenladen Mehl und andere Mühlenprodukte kaufen.
Wir wollen weiter, denn jetzt warten die Weinberge. Schon von weitem sehen wir die Neuenburg und den Dicken Wilhelm – die Wahrzeichen von Freyburg. Kurz vor der Stadt gibt es ein gefährliches Fallwehr, wir passieren ohne Probleme die zweite Schleuse.
Am Freyburger Schweigenberg kleben Steinterrassen voller Reben am Hang, mittendrin die malerischen Weinbergshäuschen. Das eine wie eine Burg mit Zinnen, ein anderes im Stil einer Minivilla oder das berühmte Toskana-Schlösschen aus dem Jahr 1865 – jedes hat einen eigenen Charme.
Am Fuße des Schweigenberg lädt eine schicke Weingalerie ein zur Probe verschiedener Saale-Unstrut-Weine, essen bekommt man leider nur am Wochenende. Direkt in Freyburg gibt es mehrere Anlegestellen, um die zahlreichen Gutsschenken und Weingüter zu besuchen. Lohnenswert ist eine Stippvisite bei der Rotkäppchen-Sektkellerei. Besichtigungstouren inklusive einer prickelnden Verkostung finden mehrmals täglich statt. Wir spazieren noch etwas durch den malerischen Ort, wo sich auch die moderne Vinothek der Winzervereinigung Freyburg befindet, dann legen wir ab Richtung Naumburg.
Langsam zieht die Neuenburg an uns vorbei, wir passieren den Herzoglichen Weinberg und erreichen den Großjenaer Blütengrund. Mehrere Straußwirtschaften haben ihre Türen geöffnet. Hausgemachter Kartoffelsalat oder hausschlachtene Wurst schmecken zum Müller-Thurgau oder Weißburgunder. Paddeln macht hungrig. Einen Blick auf das steinerne Bilderbuch gleich nebenan muss noch sein, bevor wir das letzte Stück in Angriff nehmen. Kurz vor Naumburg mündet die Unstrut in die Saale und fließt jetzt deutlich schneller. Plötzlich hören wir ein dumpfes Grollen, das schnellt anschwillt. Die Unstrut-Nixe wälzt sich mit bedrohlicher Geschwindigkeit auf uns zu – und vorbei. Jetzt schnell das Boot quer stellen, um nicht durch die Heckwellen zu kippen, geschafft. Die letzten 1.500 Meter lassen wir uns gemütlich treiben und finden es schade, dass die Tour schon zu Ende geht. Beim Anlegen passiert es dann doch: Wir kentern! Bei herrlichem Sonnenschein ist das jedoch eine angenehme Erfrischung. Und unendlich lustig für die, die zusehen.
3 Kommentare
Hi,
bitte beim nächsten mal kräftig winken 😉
… und danach mal bei uns im Weinberg in Freyburg (Schweigenberg) auf ein regionales Tröpfchen vorbei schauen.
Grüße
Weinbau24.de
Hallo,
habe den Artikel mit großen Interesse gelesen, wir haben Ostern, bei schönsten Wetter diese Tour gemacht,
lg aus Tirol
… und hoffentlich anschließend die feinen Saale-Unstrut-Weine probiert 🙂 LG, Antje Seeling