Der erste Eindruck aus der Luft war: wie riesig dieser Fluss doch ist. Und wie braun. Mit gleich vier, sehr breiten Armen windet sich der fast 5.000 Kilometer lange Mekong an Ho-Chi-Minh-Stadt vorbei ins Südchinesische Meer. Das Leben hier im Delta spielt sich hauptsächlich auf dem Wasser ab.
Aus Saigon heraus fahren wir sehr früh an diesem Morgen zunächst mit dem Auto. Gebucht haben wir die Tour über SaigonTourist. Mangels anderer Gäste an diesem Tag sind wir mit unserem Guide und Fahrer allein unterwegs und genießen die Vorteile einer privaten Führung.
Am Mekong spielt das Leben auf dem Wasser
Knapp zwei Stunden später der erste Stopp in Cái Bè, wo wir in ein kleines Boot umsteigen. Es ist leicht dießig und heiß. Außer ein paar Frauen, die uns Moskitospray und Sonnenhüte verkaufen wollen, ist nicht viel los.
Unser Ziel ist der schwimmende Markt – und leider eine einzige Enttäuschung. Statt massenhaft üppig mit Früchten beladene Boote zu sehen, dümpeln bloß ein paar Kähne auf dem Wasser. Meist nur ein Produkt verkaufen die Frauen, die mit ihren Familien gleich auf dem Boot leben. Welches das ist, kann man am Bug erkennen, wo das jeweilige Exemplar an einem Stab baumelt. Die Händler in Cái Bè werden immer weniger. Vom Verkauf an Endkunden können die meisten nicht mehr leben (schon gar nicht von fotografierenden Touristen) und so bringen sie ihre Waren lieber in einen der Großmärkte an Land.
Wer den schwimmenden Handel erleben will, fährt also besser nach Can Tho. Dieser Markt ist größer, wenn auch auch touristisch stärker frequentiert.
Wir schippern weiter durch kleinere Kanäle zur Insel An Bình und legen an einem Homestay an. So heißen die einfachen Unterkünfte bei privaten Familien, die einen Einblick in den Alltag im Mekongdelta geben sollen. Zu viel sollte man sich davon allerdings nicht versprechen, denn Kommunizieren gelingt nur mit Händen und Füßen, Englisch spricht so gut wie keiner der Einheimischen.
Wir sind zur Regenzeit unterwegs und mit uns eine wahre Mückenarmada, weshalb SaigonTourist die Gäste der Zweitagestouren über Nacht lieber in Can Tho einquartiert. Nach einer leckeren Kostprobe von Jackfrucht (himmlisch bananig), Longans (ähnlich wie Litschi) und Drachenfrucht (das Diätwunder der Vietnamesen), begleitet von traditioneller Live-Musik, verlassen wir An Bình und gehen wir wieder an Bord. Da, wo der Fluss breiter wird, weht ein angenehmer Wind, der die Schwüle vergessen lässt.
Lokale Köstlichkeiten: Elefantenohrfisch, Reispapier-Chips und Kokosnuss-Toffee
Zum Mittagessen besuchen wir eine Obstbauernfamilie in Vĩnh Long. Im Garten warten reife Papayas und allerhand andere exotische Früchte darauf, gepflückt zu werden. Besonders lecker finde ich die typischen Reisröllchen, die die Hausfrau mit Elefantenohrfisch füllt, einer Spezialität im Mekongdelta. Das heißt, sie zeigt mir, wie es geht – und dann bin ich dran. Wenn man den Dreh einmal raus hat, ist es ganz einfach: Reisblatt mit Wasser anfeuchten, mit Salat, frischen Kräutern und Fischstücken belegen, zwei Mal falten und aufrollen.
Wer ganz authentisch genießen will, tunkt sein Röllchen dann noch in etwas Nuoc Mam, die berühmt-berüchtigte Fischsauce, ohne die in Vietnam kulinarisch gar nichts geht.
Wie Reispapier hergestellt wird, schauen wir uns bei einer anderen Familie am Nachmittag an. Funktioniert ähnlich wie Papier schöpfen. Neben dem sehr dünnen, das für die Röllchen verwendet wird, gibt es auch dickeres Reispapier, das man einfach so knabbert – nach Wunsch mit Sesam-, Chili- oder Pfeffergeschmack.
Eine weitere Delikatesse: Kokusnuss-Toffee – echt lecker (und gefährlich bei lockeren Plomben). Die Produktion ist immer eine Angelegenheit für die ganze Familie, man sitzt zusammen, erzählt, lacht und wickelt dabei die süßen Teilchen nach dem Trocknen in Zellophan.
Nach einem letzten Halt in einer Ziegelfabrik (während der Regenzeit außer Betrieb, da der Ton nicht trocknen würde), kehren wir mit dem Boot zurück nach Cái Bè.
Eine blaue Postkartenschönheit ist der Mekong nicht. Und doch alles andere als immer nur schlammbraun. Manchmal zeigt er sich in flammendem Orange, sagt unser Guide. Immer dann, wenn es im Norden viel geregnet hat.