Runter von der Autobahn, rüber über’n Rhein, auf der Route des Vins von Dorf zu Dorf tuckern – und einen Gang runter schalten. Gleich nach der Grenze wirkt nämlich nicht nur der Verkehr deutlich entspannter. Ein Besuch im Elsass, dem nordöstlichen Zipfel Frankreichs.
Die Route des Vins d’Alsace beginnt westlich von Straßburg in Marlenheim und führt über Colmar rund 170 Kilometer bis nach Thann im Süden. Flankiert von Reben, die von den Ausläufern der Vogesen bis in die Orte hinein reichen. Sylvaner, Pinot Blanc, Riesling, Muscat, Pinot Gris, Pinot Noir und Gewürztraminer sind die typischen Elsässer Rebsorten, die auf rund 15.000 Hektar angebaut werden.
Wie Perlen reihen sich die pittoresken Dörfer auf der Elsässer Weinstraße: Saint Hippolyte, Kintzheim, Bergheim, Ribeauvillé, Kaysersberg. Und immer wieder sehen wir dieses Schild: Dégustation e vente – viele Winzer öffnen ihre Keller für Weinverkauf ab Hof. Wie Familie Halbeisen, die ihr Weingut an der Weinstraße in Bergheim bewirtschaftet.
Weinstraße im Elsass: Wein & Wellness
Eine junge Frau begrüßt uns, schenkt Crémant d’Alsace ein, einen Schaumwein, der nach Champagnerart produziert wird. Als weitere Gäste hereinkommen, parliert sie fließend auf Deutsch, Französisch und Englisch.
Wir sind mit Aurélien Halbeisen verabredet. Das Weingut hat er von Großvater Emile und Mutter Yvette übernommen, seinen ersten eigenen Jahrgang 2004 verantwortet. Die Reben der Familie wachsen in Bergheim, insgesamt 14 Hektar. In der Grand-Cru-Lage Altenberg haben sie 20 Ar Riesling und Gewürztraminer gepflanzt – die Flaggschiffe des Weingutes. Außer diesen beiden Sorten dürfen Grand Crus laut Gesetz nur noch aus Muscat und Pinot Gris gekeltert werden. Die Trauben müssen aus einer der 50 klassifizierten Lagen stammen und der Winzer strenge Anforderungen im Weinberg erfüllen.
Der Crémant ist eine Cuvée aus drei Sorten: apfelfrisch, mit kräftigem Mousseux und lebendiger Säure. Wäre eine gute Wahl zum Käse oder Sauerkraut. Wir probieren anschließend die stillen Weine, allesamt gute Essensbegleiter. Einige der Weißen vergärt Aurélien im Holzfass. Dem Sylvaner steht der sanfte Holzkuss überraschend gut. Grundsätzlich sind die Weine aus dem Elsass im Jahr nach der Lese trinkreif, doch gerade die höheren Qualitäten wie Grand Crus, Vendange Tardives oder Sélection de Grains Nobles profitieren, wenn sie ein paar Jahre in der Flasche reifen.
Das Elsass ist bekannt für seine Weißweine, doch auch die Pinot Noirs von Halbeisen können sich sehen lassen. Der eine wird im Stahltank ausgebaut, der andere im Barrique. Den charakteristischen Veilchenton junger Pinots haben beide.
Trocken oder lieber mit mehr Restsüße – darüber können Weinfreaks endlos streiten. Aurélien bietet beides an, die Nachfrage sei bei ihm halbe, halbe. Und ein Wein mit acht, neun Gramm Restzucker schmeckt zum Essen manchmal besser als einer, der knochentrocken daher kommt.
Er weiß, wovon er spricht. Seit 2012 führt Aurélien auch die Vitis-Weinbar mit 30 Plätzen gleich neben dem Weingut. Das Ambiente ist leger und gemütlich. Ein schöner, runder Ofen, blanke Tische mit Stoffläufer, die Stühle bunt zusammengewürfelt und ein langer Tresen, für den, der nur ein Glas Wein genießen möchte. Blickfang ist die bemalte Decke aus Holz. Die alten Balken wurden beim Umbau des Hotels, das die Familie ebenfalls betreibt, herausgerissen und nicht mehr benötigt.Einheimische lieben diese Bar
Die Karte wechselt monatlich, auf Touristen allein will sich Aurélien nicht verlassen. Deshalb schenkt er auch nicht nur die eigenen Weine aus. Eine kleine, aber feine Karte mit offenen Weinen ergänzt das kreative Speiseangebot, das auch die Einheimischen gern annehmen. Das Menü mit vier Gängen und begleitenden Weinen kostet 44 Euro. Gekocht wird, soweit möglich, mit Produkten aus der Region – das Reh während der Wildsaison liefert zum Beispiel der Jäger von der Königsburg.
Wer es weniger touristisch mag, ist hier bestens aufgehoben. Abends und am Wochenende sollte man sicherheitshalber einen Tisch reservieren.
Bergheim ist ein beschaulicher Winzerort ohne großen Touristentrubel am Haut-Rhin. Unser Hotel befindet sich in der Grand Rue, gleich hinter dem Stadttor. Das Auto bleibt auf dem kostenfreien Parkplatz außerhalb des Ortes stehen.
Das Cour du Bailli war früher ein Winzerhof, das Fachwerk stammt zum Teil aus dem 15. Jahrhundert. Heute kann man im blumendekorierten Innenhof geschützt sitzen. Die Mutter von Aurélien hat das Anwesen 1989 gekauft und schrittweise hat die Familie es zum Hotel umgebaut, ohne dabei die Seele des Hauses zu verändern. Knarrende Dielen, alte Türen mit kunstvollem Beschlag oder der bemalte Bauernschrank – die Geschichte ist gegenwärtig.
Urlaub im Weingut hat durchaus seine Vorteile: Der Kühlschrank in unserem Zimmer ist gut gefüllt mit Wein und Crémant, und zwar in anständigen Flaschen. Nicht diese Piccolöchen, die normalerweise in der Minibar lungern.
Vom Wein inspiriert ist auch das Spa: Mit einem Bad im Pool, der aussieht wie ein riesiges Weinfass, und einer Traubenkernöl-Massage gönnen wir uns eine kleine Pause. Noch angenehmer wäre es nur gewesen, wenn wir uns die einzige Liege nicht hätten teilen müssen.
Im Restaurant Cave Cour du Bailli stehen deftige Elsässer Gerichte auf der Karte wie der traditionelle Baekeoffe, eine Art Eintopf mit Fleisch vom Rind, Schwein, Schaf und Kraut. Flammkuchen natürlich auch in verschiedenen Varianten. Dazu hauseigenen Wein im Viertele oder als Flasche. Die Einheimischen lieben das rustikale Lokal, weshalb Hotelgäste am besten gleich bei der Ankunft einen Tisch reservieren.
Am zweiten Tag, nach dem Frühstück, steht Haut-Königsbourg auf unserem Plan – mit 600.000 Besuchern im Jahr eine der meist besuchten Sehenswürdigkeiten Frankreichs. Majestätisch trutzt die Burg in fast 800 Metern Höhe. Unser Blick reicht weit über die Rheinebene, die Vogesen und den Schwarzwald. Im 12. Jahrhundert gebaut, war die Anlage im Besitz der Staufer. Während verschiedener Kriege wechselten die Besitzer. Nach dem Willen des deutschen Kaisers Wilhelm II. sollte Haut-Koenigsbourg gar ein Symbol des Deutschseins im Elsass werden, das 1871 Teil des Deutschen Kaiserreiches wurde. Es kam anders: Seit dem Ende des 1. Weltkrieges gehören Burg und Elsass wieder zu Frankreich.
Hübsch ist das Café in der Bibliothek der Burg, das wir nach dem Besuch ansteuern – und natürlich nicht ohne ein Buch verlassen.
Später haben wir noch Lust auf eine Kleinigkeit zum Essen. In der Vitis-Bar bekommen wir den vorletzten Tisch, bestellen Käseteller mit vier Sorten und dazu einen Crémant.
So einfach geht Genuss im Elsass.
Infos:
Elsässer Weinroute: www.alsacewine.com und www.elsass-weinstrasse.com
Domaine Viticole Halbeisen, 3 route du Vin, F-68750 Bergheim, Tél. +33 (0)3 89 73 63 81, www.halbeisen-vins.com
La Cour du Bailli, 57 Grand Rue, F-68750 Bergheim, Tél. +33 (0)3 89 73 73 46, www.cour-bailli.com
Haut-Koenigsbourg, F-67600 Orschwiller (ab Bergheim gut ausgeschildert), Tél. +33 (0)3 69 33 25 00, www.haut-koenigsbourg.fr
Meine Reise wurde unterstützt durch Atout France und die Region Elsass.
4 Kommentare
Sehr gemütlich schaut das aus – ich mag Winzerorte!
Die Route du Vin im Elsass steht schon auf unserer To-Do-Liste, seit wir vor Jahren einmal in Colmar waren. Geklappt hat es bisher noch nicht, aber wir arbeiten daran. Gerade die kleinen Dörfer und vor allem das gute Elsässer Essen sind es, die uns locken. Deine Tipps merken wir uns auf jeden Fall einmal vor.
Tolle Tipps! Ich liebe Weinreisen sehr und bin bisher zumeist in Deutschland unterwegs gewesen, in diesem Jahr aber auch schon in Neuseeland und Kalifornien. Für den nächsten Herbst würde ich mir aber wirklich mal eine Weinreise ins Elsass einplanen. Liebe Grüße, Brigitte
Danke sehr, das freut mich, wenn dir die Tipps gefallen. In Neuseeland war ich noch nicht, aber ich mag den Sauvignon Blanc von dort sehr gern. Das Elsass kann ich dir wirklich empfehlen, es gibt dort viel zu entdecken.