Sieben Tage auf dem Rhein: Von Köln über das Ijsselmeer nach Hoorn, Amsterdam, Rotterdam, Gent, Brügge und Antwerpen. An jedem Tag eine neue Stadt entdecken, ohne jedes Mal den Koffer packen zu müssen – mein Bett war auf dem Schiff immer dabei.
Die Highlights dieser sehr entspannten Flussreise habe ich in meinem Tagebuch festgehalten.
Inhaltsverzeichnis
Charmantes Hafenstädtchen: Hoorn
Die Wetter-App meinte heute Morgen noch, gegen Mittag hört der Regen auf. Hat sich mal wieder geirrt. Auf dem Schiff bleiben? Verlockend, aber keine Option. Hoorn soll viel zu schön sein, um den Ort links liegen zu lassen. Für Kapitän Jan ist Hoorn sogar das Highlight der ganzen Kreuzfahrt. Wie kann ich das auslassen? Also, Kamera geschnappt und raus.
Was für ein Sch…wetter! Nieselregen und Wind. Nässe von allen Seiten. Die Regenjacke hält, die Frisur nicht. Der Schirm gibt nach den ersten zehn Metern auf, was soll’s, dann halt spazieren mit Waschgang.
Vom Hafen sind es nur ein paar Schritte bis zum Zentrum. Direkt am Kai das erste Fotomotiv: Vom Wasser aus sieht das Gebäude aus wie ein Turm, bei dem eine Seite plattgedrückt wurde. Die Backsteine glänzen vor Nässe mit dem Pflaster um die Wette, Blätter rieseln von den Bäumen, das verleiht dem Haus eine gewisse Dramatik.
Manche Fassaden sind schlicht, andere aufwendig verziert. Oft derart kopfüber auf die Straße geneigt, als wollten sie jeden Moment einstürzen. Dabei halten sie schon seit 400 Jahren.
Überall stehen Tische und Stühle vor der Tür, die Blumenkästen noch in voller Pracht. Ich stelle mir warme Tage vor, wenn das Leben draußen stattfindet. Der Sommer scheint fluchtartig verschwunden zu sein aus Hoorn.
Der Roode Steen heißt so wegen des vielen Blutes, das auf dem Platz im Mittelalter vergossen wurde, als es noch öffentliche Hinrichtungen gab. Die wichtigsten Sehenswürdigkeiten von Hoorn sind in einer Stunde abgehakt. Mit dem Stadtplan, den man vom Schiff mitnehmen kann, auch allein gut zu finden.
Ich lasse mich lieber durch die Gassen treiben. Viele Häuser haben keine Gardinen vor den Fenstern. Manche sind eingerichtet wie aus einem Hochglanz-Wohnmagazin entsprungen, die meisten sehr gemütlich mit Sinn für gutes Design. Vor der Tür: das obligatorische Holland-Rad.
Im schwarzen Haus gegenüber dem Westfries-Museum stehen die Fenster im ersten Stock offen. Gitarrensound weht auf den Roode Steen herunter. In den Querstraßen reihen sich hübsche kleine Boutiquen und Teestuben aneinander. Besonders reizend finde ich die Bäckerei in der Kerkstraat, wo das Angebot auf einer Tafel über der Ladentheke hängt – die Buchstaben wie kleine Kekse aneinander gesetzt. Oder das Geschäft mit Esoterik-Dingens, vor dem ein Automat schillernd bunte Seifenblasen unter die Tropfen von oben mischt und den Passanten ein Lächeln ins Gesicht zaubert.
Facettenreich: Amsterdam
Der Soundtrack von Amsterdam: Fahrradklingeln. Immer und überall begleiten sie mich: entlang der Grachten mit alten Kaufmannshäusern, am wuseligen Dam-Platz, im Rotlichtviertel hinter der Oude Kerk.
Am Nieuw-Markt treffe ich Anna von WithLocals, die Gästen ihre Stadt aus der Perspektive von Einheimischen zeigt. In diesem Fall, von Rembrandt. Wo er gewohnt hat, von welchen Orten er sich inspirieren lies. Zum Beispiel im Haus der Stadtwaage, wo auch die Gilde der Barbiere und Chirurgen arbeitete. Eines seiner bekanntesten Bilder, Die Anatomie des Dr. Tulp, das heute im Mauritshuis in Den Haag hängt, skizzierte er während der damals öffentlichen Sezierungen in De Waag.
Viele der Gildehäuser sind prächtige Bauten, die man am schönsten bei einer Grachtentour bestaunen kann – am Abend erstrahlen auch die Brücken im Lichterglanz. Richtige Schmuckstücke sind auch manche Hausboote, in die ich vom Wasser aus einen Blick werfen kann. Kleine schwimmende Eigenheime, die geräumiger sind als es scheint und ein Gefühl von Freiheit vermitteln.
In Amsterdam gibt es unzählige hübsche Cafés und Lokale. Ein echtes Food-Mekka liegt ein paar Stationen mit der Tram Richtung Westen: De Hallen. Ein Indoor-Streetfood-Markt im ehemaligen Straßenbahndepot. Das Beste, was Amsterdam kulinarisch zu bieten hat, in komprimierter Form: von den typischen Bitterballen bis zur exotischen Multikulti-Küche. De waanzin!
Rotterdam: Ein Hauch von Manhattan
Bei der Einfahrt nach Rotterdam frage ich mich noch schlaftrunken, ob der Kapitän sich vermanövriert hat. Die Skyline sieht so gar nicht aus wie in Europa, sind wir etwa in Manhattan?
Nein, alles richtig: Rotterdam ist die Architektur-Metropole der Niederlande. Europas erster Wolkenkratzer wurde 1848 hier gebaut, das Wittehuis am alten Hafen. Heute muss es gar nicht wahnsinnig hoch hinaus gehen, um aufzufallen, wie die Kubus-Häuser beweisen. Wirklich schräg, die gelben Würfel. Und kaum zu glauben, dass man da drinnen wohnen kann, auf drei Etagen. Die Häuser haben die Form eines Würfels, der auf einer Ecke steht. So spektakulär von außen, so normal das Innenleben: Die Bewohner müssen weder Kopf stehen noch Magnetschuhe tragen. Drinnen sieht es aus wie eine ganz normale Wohnung wie der Blick durch ein offenes Fenster verrät. Die Verpackung macht den Unterschied.
Gleich gegenüber die nächste Architektur-Attraktion: die Markthalle. Ach was, eine Arena ist das! Transparent mit viel Glas, 35 Meter hoch und 40 breit, wie ein silberner Torbogen. Geht man durch, tritt man in eine andere Welt.
Der Himmel hängt voller Blumen und Früchte, zum Anbeißen schön. Entworfen hat das Deckengemälde die Firma Pixar. Genau, die mit Filmen wie Toy Story und Findet Nemo. Der Überfluss scheint von der Decke zu fallen. Ist hier das Schlaraffenland? Bin nicht die einzige, die mit offenem Mund am Eingang steht.
Um mich dann direkt durch die Stände zu futtern. Gleich am Eingang würde ich am liebsten bleiben. Die Tapasbar hat schon morgens um zehn Uhr ihre Theke bestückt. Besser geht’s auch in Spanien nicht, so verführerisch und liebevoll angerichtet. Zum Anbeißen!
Zwei Dinge müssen unbedingt mit nach Hause: Trüffel-Gouda von Nathalies Käsestand De Rotterdamsche Oude und Stroopwafels. Waffelbäcker Cees zeigt, wie er den sündigen Traum aus Karamell herstellt. Mit seinen frisch gebackenen Kostproben hat er ein leichtes Spiel. Machen echt süchtig.
Hatte ich schon erwähnt, dass ich gern in die Markthalle einziehen würde? Wäre sogar möglich, denn die ist so konstruiert, dass man im Bogen, der sich als Dach über die Stände spannt, wohnen kann. 12 Etagen über der Erde, vier drunter, inklusive Supermarkt. 228 Wohnungen, ganz oben ein Penthouse. Ein Traum.
Schweren Herzens reiße ich mich von der Markthalle los und laufe über die Erasmus-Brücke zum Wilhemina-Pier, an dem neue Wolkenkratzer in den Himmel wachsen. Fast exotisch wirkt vor dieser Kulisse das Hotel New York, das einzige Haus in der Gegend, das beide Weltkriege überstanden hat. Gebaut 1901 und noch immer mit dem gewissen Etwas. Ich muss noch mal wiederkommen, allein wegen des New-York-Cheese-Cakes.
Gotisch, barock und jung geblieben: Gent
Gent, die Studentenstadt Belgiens, nennt man auch „Manhattan des Mittelalters“. War nach Paris mal die größte Stadt nördlich der Alpen. Die barocke Altstadt ist auch heute sehenswert. Über allen ragt der Belfried empor. Ich schlendere über den Grote Markt, durch die Postkartenidylle am Graslei. Kanäle durchziehen die Stadt, es fühlt sich an wie ein Mix aus Venedig und Südfrankreich. Fassaden mit morbidem Charme. Balkone schweben über dem Wasser, gerade groß genug für zwei Stühle plus Bistrotisch. Mächtig wie eh und je: die Wasserburg. Auch von oben wird es kurz nass. Ich flüchte ins nächste Café und genieße eine heiße belgische Schokolade. Himmlisch.
Brügge sehen und staunen
Pferdegetrappel auf dem Pflasteridyll, Kutschen rattern durch enge Gassen, vorbei an bunten Häusern, mittelalterliche Giebeln in Form von Treppen oder Glocken … Bin ich in der Kulisse eines Filmes gelandet? Brügge wirkt wie aus der Zeit gefallen.
Im Park scheint ein Lieblingsplatz der einheimischen Gänse zu sein, die sich fotogen in Szene setzen, sehr zur Freude der Touristen. Klick. Klick. Klick. Überlaufen ist Brügge, klar. Wie ein Ort halt ist, der so schön ist, dass alle hinwollen. Ich folge dem Duft frisch gebackener Waffeln in ein kleines Café.
Später noch ein Besuch im Beginenhof, einer klosterähnlichen typischen Wohnanlage in Ostflandern. Beginen leben keine mehr hier. Die Reihenhäuschen, die sich um einen Garten gruppieren, hat man aufgehübscht und mit gewissem Komfort ausgestattet. Nur der Innenhof strahlt noch dieselbe Ruhe aus wie vor hundert Jahren.
Brügge ist romantisch. Besonders am Nachmittag, wenn die Herbstsonne sehr schräg steht und die unzähligen Brücken in ein diffuses Licht taucht, das Laub in schönstem Rot, Gelb und Orange leuchtet.
Alle Wege in Brügge führen zum Markt mit dem 83 Meter hohen Belfried. Von oben kann man bis zur Nordsee sehen. Auch wenn ich in den letzten Tagen mehr als genug Giebel und Fassaden fotografiert habe, ein Motiv muss noch sein: die herrlich bunte Häuserreihe an der Nordseite des Platzes.
Brillantes Antwerpen mit hohem Suchtfaktor
Antwerpen ist die größte flämische Stadt, bis heute mit vier Börsen größter Handelsplatz für Diamanten. Diamanten hat man irgendwann genug (hat man wirklich?), doch von Schokolade kann man nie genug bekommen. Belgien = Schokolade und Antwerpen genau richtig für einen Schoko-Walk.
Anschließend noch ein bisschen ziellos durch die Rubens-Stadt bummeln (für den Meister bleibt leider keine Zeit), in den kleinen Geschäften rund um die Kathedrale stöbern. Und dann beginnt das Glockenspiel im Kirchturm: So ein Tag, so wunderschön wie heute … Wie passend!
Schokoladengedopt und glücklich verlasse ich Antwerpen, natürlich nicht ohne einen kleinen Vorrat der braunen Kostbarkeiten mitzunehmen.
Nijmegen, das Aschenputtel dieser Kreuzfahrt
Die älteste Stadt der Niederlande kann nicht ganz mithalten mit der Konkurrenz der letzten Tage. Macht aber nichts, ein kurzer Spaziergang durch den Ort ist auch ohne weiteres Highlight schön. Ein letztes Foto und dann mit Kurs auf Köln – adieu.
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Weitere Informationen zu den Arosa-Städte- und Naturreisen gibts im Reisebüro oder unter www.a-rosa.de
Die Reise erfolgte mit freundlicher Unterstützung von A-Rosa. Bei meinen Recherchen arbeite ich zum Teil mit Tourismusverbänden, Veranstaltern und Hotels zusammen. Auf Art, Inhalt und Umfang meiner Artikel hat dies keinen Einfluss, meine Meinung bleibt wie immer die eigene.
2 Kommentare
Was für tolle Aufnahmen, Antje. Die machen unglaublich Lust auf eine solche Kreuzfahrt. Gerade die alten Städte haben es uns angetan. Die würden uns besonders gut gefallen.
Hoorn hat mich auch sehr überrascht, ein bezaubernder Ort.