Mit einem Glühwein in der Hand stehe ich an der Reeling, während sich das Schiff langsam vom Kai in Saint-Denis löst. Wie in Slow Motion zieht das Ufer in der Dunkelheit vorbei. Lichter und Straßenampeln spiegeln sich im Wasser. Das gleichförmige Dahingleiten wirkt vom ersten Moment an entschleunigend.
Nach ein paar Minuten passieren wir die erste Brücke, leuchtend grün. Dutzende Vögel kreisen darüber wie neongrüne Flugobjekte, als wären sie Teil einer Lichtinstallation. Die Brücke ist so niedrig, dass ich sie mit ausgestrecktem Arm berühren könnte. Sollte der Kapitän natürlich nicht sehen.
Die Lichter von Paris werden bald kleiner, ich könnte noch lange auf dem Deck stehen und die Nachtluft genießen.
Inhaltsverzeichnis
Winterzauber an der Seine – eine A-Rosa-Städtereise von Paris, Rouen und Vernon
Dieses Jahr wird alles anders, hatte ich mir vorgenommen. Ohne Hektik in der Vorweihnachtszeit, ohne Geschenkejagd im Adventsgedränge, ohne Glühweinpflichttermine …
So wie früher als Kind, als das Warten auf Weihnachten die Tage dehnte und mit Vorfreude füllte.
Was eignet sich besser dazu als eine Flusskreuzfahrt, bei der die Art der Fortbewegung an sich schon ein Runterkommen bewirkt? Und welche Stadt wäre dafür prädestinierter als die Metropole an der Seine? Paris! Romantisch. Glamourös. Glitzernd und funkelnd durch Millionen Lichter – besonders im Winter.
Auch der Weihnachtsbaum der A-Rosa Viva zaubert schon beim An-Bord-Gehen festliche Stimmung, die Crew hat die Decks liebevoll geschmückt. Fünf Tage Kreuzfahrt auf der Seine liegen vor mir, das Schiff ist komplett ausgebucht – quer durch alle Altersklassen. Die Vorteile dieser etwas anderen Städtereise habe ich vor Kurzem auf dem Rhein kennengelernt und freue mich deshalb ganz besonders auf die kleine Auszeit im Advent.
Beinahe lautlos fährt die A-Rosa Viva über Nacht nach Rouen auf der Seine, die hier so breit ist, dass selbst größere Containerschiffe darauf fahren können. Rouen zählt zu den fünf großen Seehäfen in Frankreich, obwohl die Stadt rund hundert Kilometer vom Meer entfernt liegt.
Rouen: Sternenfunkeln & Weihnachtszauber an der Seine
Von der Anlegestelle sind es nur ein paar Minuten zu Fuß bis in die historische Altstadt. Berühmt wurde die Stadt in der Normandie durch Jeanne d’Arc, die im Mittelalter auf dem Scheiterhaufen verbrannt wurde. Die Kirche in Form eines Wikingerschiffes am Marktplatz soll daran erinnern – ein außergewöhnlicher Bau, der lange umstritten war.
Sehr fotogen sind die Häuser mit dem typisch normannischen Fachwerk rund um den Marktplatz. Von dort führt die Rue de Horloge bis zur Kathedrale Notre-Dame. Ihren Namen verdankt die Straße der astronomischen Uhr, die seit Jahrhunderten exakt geht. Neben den Stunden zeigt sie auch Mondphasen an. Im Mittelalter wichtiger als die Minuten, nur so wusste man, wann die nächste Flut kommt und damit Schiffe voller Ladung. Wie Rouen als Flusshafen von den Gezeiten beeinflusst wird, kann man beim Landgang beobachten. Während ich das Schiff über Deck drei verlasse, gehe ich später über Deck zwei wieder an Bord. Der Tidenhub beträgt zwischen vier und sechs Metern.
Für Feinschmecker ein perfektes Ziel: Rouen hat eine große Dichte von Sternelokalen. Viele bieten preisgünstig auch Mittagsmenüs an, man sollte allerdings nicht später als 13 Uhr da sein. Hab ich leider nicht geschafft, aber dank des reichhaltigen Frühstücks an Bord auch keinen großen Hunger. Also bummele ich einfach so durch die Straßen und setze mich später auf un café in die Brasserie gegenüber der Kathedrale. Paul ist so eines dieser Lokale, die so durch und durch französisch sind, dass man sich sofort irgendwie dazugehörig fühlt.
Die Straßen der Altstadt strahlen im Weihnachtsglanz, neben den bekannten Markenläden findet man immer wieder hübsche kleine Boutiquen. Wie diesen Chocolatier, der sein Schaufenster mit Baumschmuck dekoriert hat. Was auf den ersten Blick aussieht wie normale Weihnachtskugeln sind Schätze aus Schokolade. Täuschend echt, filigran, mit Goldrand verziert … unmöglich so etwas ganz profan zu vernaschen.
Vor der Kirche Notre-Dame ist ein Weihnachtsmarkt aufgebaut. Weiß getünchte Buden und ein künstliches Sternenzelt setzen die Kirche hübsch in Szene – ein Gesamtkunstwerk mit hohem Stimmungsfaktor. Im Kupferkessel dampft Punsch und Glühwein, wer es richtig normannisch mag, nimmt den mit Calvados-Schuss. Macarons in allen Modefarben türmen sich in der Auslage. Es gibt Brezeln, Tartiflette, Mützen, Socken und Holzspielzeug zu kaufen. Am Eck dreht sich ein historisches Karussell. Kämen jetzt noch Schneeflocken vom Himmel, würde ich mich fühlen wie in der zauberhaften Welt der Amélie.
Am frühen Abend lädt Maître Frank auf dem Schiff zur Käse- und Weinprobe. Mitgebracht hat er passend zur Reise eine Auswahl aus verschiedenen Regionen Frankreichs. Unterhaltsam vermittelt der Sommelier so manches Hintergrundwissen zum Wein. Welcher Käse am besten zu welchem Tropfen passt, kann jeder für sich selbst herausfinden. Meine Favoriten: Camembert mit Pinot Blanc Meissenberg aus dem Elsass und Blauschimmelkäse mit Banyuls von Cazes aus dem Roussillon.
Französisch geht’s gleich weiter beim Dinner Mon Amie Maxi. In Kooperation mit den Köchen des Frankfurter Restaurants wurde eigens für die A-Rosa Viva ein Menü kreiert mit den Originalrezepten. Das liest sich dann so:
Kaviar-Ei, Oktopus mit grünen Bohnen, Hummersüppchen, Roastbeef mit Ratatouille-Tartine und Zitronentarte. Serviert mit passenden Weinen ein echter Genuss.
Vernon: malerisches Städtchen an der Seine
In Vernon legt unser Schiff bereits im Morgengrauen an. Die 24.000-Einwohner-Stadt schläft noch, so kann auch ich erst mal gemütlich an Bord frühstücken. Zwischen den Bäumen am anderen Ufer blitzen Kreidefelsen hervor, die in der Sonne weiß leuchten.
Das beste Fotomotiv von Vernon wartet direkt hinter der Seine-Brücke: die Vieux Moulin (Titelfoto), eine historische Mühle, die auf zwei Brückenpfeilern regelrecht zu schweben scheint. Jetzt im Winter gefällt mir der Anblick fast noch besser als mit üppig grünem Sommerbewuchs.
Apropos: Nur vier Kilometer von Vernon entfernt, in Giverny, liegt einer der berühmtesten Gärten der Normandie: Monet malte dort einige seiner Bilder. Nur zwei Originale befinden sich heute noch in der Normandie und die hängen im Museum Poulain, dem ehemaligen Hospital von Vernon. Eins davon ist das Seerosengemälde, das einen regelrecht im Bild versinken lässt. Jeder Pinselstrich ist zu sehen, jedes noch so kleine Detail. Faszinierend.
Am schönsten erscheint Vernon im Winter am späten Nachmittag, wenn die Lichter angehen. Richtig romantisch wird’s dann in den Seitengassen mit Fachwerkhäusern, die schon vor Jahrhunderten gebaut worden sind. Nur dass in den Laternen heute kein Petroleum, sondern Energiesparlampen brennen. An den Resten der Stadtmauer trotzt die letzte Malvenblüte der Kälte. Eines der ältesten Gebäude von Vernon steht neben der Kirche. Typisch: die überhängenden Stockwerke in den oberen Etagen. In der Touristinformation im Erdgeschoss kann man regionale Produkte als Souvenir erstehen.
Wer will, kann sich am Nachmittag auf dem Schiff beim Cocktail-Workshop in die Geheimnisse der Barkunst einweihen lassen. Oder die Zeit nutzen, im Spa auf dem Vorderdeck zu entspannen. Massagetermine waren zwar schon kurz nach dem Ablegen vergriffen, doch mit etwas strategischem Zeitgeschick hat man Sauna oder Whirlpool sogar für sich allein.
Ein kleiner Weihnachtsmarkt mit Plätzchen, frisch gebackenen Waffeln und Glühwein runden den Abend auf dem Achterdeck gemütlich ab. Schneeflocken tanzen im Licht. Langsam gleitet die A-Rosa Viva durch die Nacht.
Paris: Weihnachtszauber an der Seine
Paris präsentiert zum Finale seine beste Seite: winterlich und strahlend. Null Grad zeigt das Thermometer, der Atem dampft, während ich auf dem Trocadéro zum Sonnenaufgang den wohl berühmtesten Blick auf den Eiffelturm genieße. Besser kann ein Tag nicht beginnen.
Nach diesem fulminanten Auftakt lotst der Stadtführer unseren Bus zu den schönsten Plätzen von Paris: die Prachtbauten im ersten Arrondissement, Kavallerie, Invalidendom, Pantheon, Bastille. Im Jardin du Luxembourg steige ich aus und gehe zu Fuß weiter. Streife durch St-Germain-de-Pres, auf dem Boulevard St-Germain mit der berühmten Brasserie Lipp und dem Café Les Flores. Auch bei eisigen Temperaturen sind alle Plätze im Freien besetzt. Sehen und gesehen werden, dank Heizstrahlern auch im Winter ein Vergnügen.
Gegenüber dem dem Café deux Magots zieht sich ein kleiner Weihnachtsmarkt entlang des Boulevards. Eine Reihe von Holzhütten, deren weiße Dächer wie frisch verschneit wirken, lockt mit allerhand feiner Leckereien wie Gewürzbrot, Nougat oder Würsten.
Mich zieht es in die Wärme. Ein angesagtes Café im Viertel St-Germain-de-Pres ist das Malignon. Den Kaffee rösten sie hier selbst, allein für die Auswahl – nach Zubereitungsart, nach Herkunft, nach Sorte – brauche ich eine Ewigkeit. Mit Mokka Master Blend und einer himmlischen Zitronentarte versinke ich im Chestefield-Sofa. Andere arbeiten am Laptop oder lesen Zeitung – der perfekte Ort für eine Pause.
Einer der besten Aussichtspunkte der Stadt ist Montmartre, nur ein paar Metrostationen entfernt vom Zentrum. Ganz oben auf dem Hügel thront die blendend weiße Kirche Sacré Coeur mit einer breiten Treppe, die zum Citygucken einlädt. Ein paar Schritte weiter, am Place du Tertre, haben die Künstler von Montmartre ihre Staffeleien postiert. Dick eingemummelt warten sie auf Käufer für ihre Chat-Noir-Werke und andere Paris-Postkartenmotive in Aquarell oder Öl.
Die meisten Besucher interessieren sich an diesem Tag mehr für Glühwein und Crêpes, die selbst zu Touristenpreisen reißend Absatz finden. Es geht aber auch anders: Eine ganz zauberhafte Weihnachtsmarkt-Miniversion habe ich im Innenhof hinter der Kirche entdeckt: mit selbst gewürztem Glühwein, frisch gerösteten Maronen und einer überdimensionalen Weihnachtskugel.
Kleiner Tipp am Rande: Der wohl authentischste Weihnachtsmarkt in Paris lockt in La Défense, im Westen der Stadt. Zwischen Hochhäusern und Bürotürmen des quirligen Business-Viertels am modernen Triumphbogen gelegen, ist das Weihnachtsdorf auf dem Parvis de La Défense eine Alternative für alle, die sich gern unter Einheimische mischen.
Langsam wird es dunkel. Die Stadt beginnt zu leuchten – über mir jetzt sogar mit echten Sternen. Weihnachtszauber, Winterzauber … Paris ist einfach magisch.
Information und Empfehlungen
Hin und weg:
Mit Air France von vielen Flughäfen ab Deutschland bis Paris Charles de Gaulle oder mit dem TGV z.B. von Stuttgart aus in drei Stunden zum Gare Paris Est. Vom Flughafen oder Bahnhof mit dem A-Rosa-Shuttle direkt zum Schiff.
Ausflüge: Landgangszeiten werden rechtzeitig von der Crew bekannt gegeben, einen Stadtplan mit Infos gibt’s kostenlos an der Rezeption. Diverse organisierte Ausflüge kann man buchen, ebenso gut aber auch auf eigene Faust losziehen, da das Schiff meist nur einen kurzen Fußmarsch vom Zentrum entfernt liegt. In Paris kommt man mit der Metro-Linie 13 direkt in die Stadt.
Die Tour: Weihnachtszauber auf der Seine, 4 Nächte mit Start und Ziel in Paris
A-Rosa bietet Kreuzfahrten als Städte- und Naturreisen auf dem Rhein/Main/Mosel und der Donau an sowie auf der Seine und Rhône/Saône. Beratung und Buchung im Reisebüro, im A-Rosa Servicecenter unter 0381-202 6001 oder im Internet www.a-rosa.de.
Beim Premium-Tarif alles inklusive sind Vollpension mit Gourmet-Buffet und Live-Cooking enthalten sowie die meisten Getränke (alkoholisch/nichtalkoholisch). Concierge-Service, kostenloser Transfer zum und vom Schiff und Wlan sind ebenfalls inklusive. Auf Spa-Anwendungen erhalten Premium-Gäste 15 Prozent Rabatt.
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Die Reise erfolgte mit freundlicher Unterstützung von A-Rosa. Bei meinen Recherchen arbeite ich zum Teil mit Tourismusverbänden, Veranstaltern und Hotels zusammen. Auf Art, Inhalt und Umfang meiner Artikel hat dies keinen Einfluss, meine Meinung bleibt wie immer die eigene.