Meine erste Kreuzfahrt endete, bevor sie begonnen hatte. Ich sah im Fernsehen die Dokumentation über eines der großen Clubschiffe – und stornierte meine gebuchte Reise am nächsten Tag. Dauerparty, Animation bis in den letzten Winkel und Menschenmassen, das klang für mich eher nach Horror als nach Ferien. Und während um mich herum von Jahr zu Jahr mehr Leute schwärmten vom Urlaub auf dem Schiff, blieb ich dabei: Nix für mich.
Restlos bestätigt fühlte ich mich in Funchal, als wir in einem Ferienhaus urlaubten und nach dem Marktbummel noch gemütlich in der Altstadt einen Kaffee trinken wollten. Was wir nicht bedacht hatten: Madeira ist ein beliebter Stopp der Kreuzfahrer. Tausende Touristen auf Landgang fluteten die Gassen, innerhalb von Minuten war kaum noch ein Durchkommen.
Inhaltsverzeichnis
A-Rosa Rhein-Kreuzfahrt: Europas Metropolen vom Fluss aus entdecken
Zehn Jahre später. Vieles hat sich verändert, auch bei den Kreuzfahrten, ein riesiger Markt ist das inzwischen geworden. Die Schiffe für Partylöwen gibt es immer noch, aber auch welche für Sportler, Wellnesshungrige, Studienreisende, Gourmets oder Familien. Für jeden Geschmack und jedes Budget. Man muss nicht mal mehr aufs Meer, um auf dem Wasser zu cruisen.
Die Alternative: Flusskreuzfahrten.
Sieben Städte in sieben Tagen, stand in der Einladung von A-Rosa zur Rhein-Kreuzfahrt. Hoorn, Amsterdam, Rotterdam, Gent, Brügge, Antwerpen, Nijmegen – jeden Morgen in einer neuen Stadt aufwachen. Das hat was von einem Roadtrip, nur halt auf dem Wasser und ohne Koffer ein- und auspacken.
Tagsüber durch Straßen treiben lassen, zum Abendessen zurück an Bord und dann in die Koje fallen, während der Kapitän das Schiff sanft auf dem Fluss in den nächsten Hafen steuert.
Außer Amsterdam kannte ich keine der Städte auf der Route und nach Rotterdam wollte ich ohnehin längst mal. Also, warum nicht alte Vorurteile über Bord werfen?
Eins vorweg: Das habe ich – und zwar wortwörtlich.
Mit viel Vorfreude und noch mehr Neugier gehe ich in Duisburg über die Gangway auf die A-Rosa Silva. Normalerweise ist Köln Ablegehafen, messebedingt mussten wir unsere Reise Anfang Oktober aber ein paar Kilometer weiter flussabwärts beginnen.
Vom Bahnhof zum Hafen bringt uns der Bus-Shuttle von A-Rosa, den Koffer bekomme ich direkt in die Kabine geliefert.
Während die meisten direkt das Restaurant für den Nachmittagssnack ansteuern, erkunde ich lieber erst mal das Schiff.
Pünktlich um 17 Uhr legt die A-Rosa Silva ab. Es ist stürmisch und nass. Oben auf dem Sonnendeck pfeift der Wind, die Fotos verwackeln. Der Barkeeper hält tapfer die Stellung, mir ist eher nach Glühwein als nach Sundowner. Nach einem Schauer kommt kurz die Sonne hinter den Wolken vor, doch beim Aperol Spritz in der Panorama-Lounge ist es um einiges gemütlicher.
18 Uhr. Pflichttermin zur Sicherheitseinweisung an Bord, auch für die Stammgäste, die deutlich in der Überzahl sind. Cruise Manager Atze erklärt, was wir tun oder lassen sollen und stellt anschließend die Route vor sowie die Highlights der Landgänge. Die jeweilige Hafeninformation gibt es an jedem Abend in der Lounge sowie ausgedruckt mit Stadtplan zum Mitnehmen an Land.
Jeden Tag in einer neuen Stadt – ganz ohne Koffer packen
“Deutsche Klassiker” heißt das Motto des ersten Dinners an Bord. Das Buffet ist reichhaltig, abwechslungsreich und gutbürgerlich. Für Premium-Gäste sind die meisten Getränke inklusive, hochwertige Flaschenweine für einen kleinen Aufpreis zu haben. Tipp: Für Feinschmecker bietet die A-Rosa speziell konzipierte Gourmetreisen an.
Inzwischen ist es dunkel geworden, wir passieren die Grenze zu Holland. Schiffe im Gegenverkehr ziehen als schwimmende Lichterketten vorbei. Ich gehe noch mal nach oben aufs Deck, frische Luft schnappen und ziehe mich dann in meine Kajüte zurück.
Die befindet sich im unteren Deck, auf Höhe der Wasserlinie. Plätschern und Gurgeln auf der anderen Seite der Bordwand, immer wieder klatscht eine Welle gegen das Fenster. Außer einem leichten Schaukeln merke ich kaum, dass das Schiff fährt, so leise gleitet es durch die Nacht. Knapp 22 Stundenkilometer schnell, sagt der A-Rosa-Kanal im Fernseher, in den letzten vier Stunden haben wir etwa 70 Kilometer zurückgelegt.
Erster Halt morgen Vormittag: Hoorn.
Frühstück gibt es ab 7 Uhr morgens. Ich genieße es, den Tag ganz in Ruhe mit einem frischen Rührei, Espresso und Croissants zu beginnen. Draußen zieht die flache Landschaft Nordhollands vorbei. Bis zum Anlegen bleibt noch viel Zeit für Zeitungslektüre oder um ein paar Mails zu beantworten.
Wenn nur der Nieselregen aufhören würde. Gegen elf verspricht die Wetterapp zwei trockene Stunden, also nix wie runter vom Schiff und Hoorn erkunden.
Der Schirm hatte keine Chance. Ziemlich durchweicht kehre ich später zum Schiff zurück, das Mittagsbuffet ist längst vorbei. Koch Klaus hat mir trotzdem noch eine Hühnersuppe gebracht, ganz außer der Reihe, lieben Dank dafür. Das ist Service vom Feinsten.
Eine ziemlich schlaue Idee war es, schon am frühen Nachmittag in die Schiffssauna zu gehen – die habe ich um diese Zeit ganz für mich allein. Herrlich entspannend.
Beim Tee in der Lounge ein Deck höher und einem Blick in meine Fotoausbeute finde ich, dass der Tag doch um einiges besser war als er aussah. Vielleicht auch wegen Hoorn, dessen Charme sich von keinem Mistwetter der Welt beeindrucken lässt.
Nach Amsterdam sind wir mittlerweile in Rotterdam angekommen. Fast Halbzeit unserer Kreuzfahrt, die mir ausgesprochen gut gefällt. Alles kann, nichts muss. Das Motto der A-Rosa bringt es auf den Punkt, dem ist nichts hinzuzufügen. Lust auf ein Gläschen Sekt am Morgen? Warum nicht? In eine Decke eingekuschelt auf den Sonnenliegen den Fahrtwind um die Nase wehen lassen. Herrlich. Abends nach dem Landgang die müden Beine massieren lassen, so wohltuend. Einfach dasitzen und ans Ufer schauen. Nichts müssen.
Nur von der Hafenrundfahrt bin ich etwas enttäuscht. Das liegt weder an der Crew (hat extra Apfelpunsch gegen Kälte und einsetzenden Regen ausgeschenkt auf dem Sonnendeck), noch am Kapitän, der die Hafentour kommentiert. Wahrscheinlich ist der Hafen einfach zu weitläufig als dass man so im Vorbeifahren richtig was sehen kann. Oder wir waren nicht weit genug draußen, von Rotterdam aus ziehen sich die Hafenanlagen etwa 30 Kilometer Richtung Nordsee. Aus dem Flugzeug konnte ich die riesigen Anlagen schon ein paar Mal betrachten, von oben wirkt der Rotterdamer Hafen (einer der zehn größten weltweit) einfach gigantisch. Außer einem Containerschiff, das uns entgegenkam, ein paar Tanks und einem Trockendock war heute leider nicht viel zu sehen.
Die Kreuzfahrttage verfliegen. Viele Eindrücke. Wenig Zeit für den jeweiligen Ort. Immer der Wunsch, noch einmal zurückzukommen und länger als ein paar Stunden zu bleiben. In Rotterdam zum Beispiel, um im Hotel New York bei einem Cheese Cake eine kleine Zeitreise zu unternehmen.
Zum Kennenlernen aber sind diese Städtequickies perfekt. Ich liebe es, stundenlang durch eine neue Stadt zu schlendern und sie mit den Augen der Einheimischen zu sehen. Zum Beispiel mit einem lokalen Guide oder allein mit einem der wunderbaren “DuMontDirekt Städteführer” in der Hand.
Da das Schiff meist mitten in der Stadt anlegt, kann man prima auf eigene Faust losziehen. Verlaufen geht eigentlich nicht und wenn doch – umso besser. Abseits vom Trubel entdecke ich einen Ort sowieso am liebsten. Windschiefe Häuser, kleine Boutiquen und Märkte, das echte Leben in den Vierteln. Oft muss man nur ein, zwei Mal abbiegen oder ein paar Stationen mit der Straßenbahn fahren. Zurück zu finden ist überhaupt kein Problem, den Weg zum Zentrum kennt jeder, den man freundlich fragt.
Hinter den Kulissen der A-Rosa Silva
Am letzten Tag noch ein Blick hinter die Kulissen der A-Rosa Silva, die 2012 in Amsterdam getauft wurde. Einen Meter und sechzig Tiefgang, 135 Meter lang und 11,40 Meter breit ist das Flusskreuzfahrtschiff, auf dem maximal 186 Passagiere Platz finden. Die verlaufen sich recht gut auf dem Schiff, die Atmosphäre ist entsprechend entspannt.
Bei der Schiffsführung erklärt Atze die technischen Details und wir schauen beim Kapitän auf der Steuerbrücke rein. Die kann übrigens hydraulisch gesenkt werden bei Brückendurchfahrten. Manche sind so niedrig, dass nur noch 30 Zentimeter Platz sind über dem Bierzapfhahn in der Sonnendeckbar.
Dafür, dass es den Gästen an nichts fehlt, sorgen bis zu 50 Crew-Mitglieder – von der Küche bis zum Housekeeping. Sehr aufmerksam und ausgesprochen freundlich.
Übrigens: Der heißeste (Arbeits-)Platz auf dem Schiff befindet sich nicht etwa in der Küche oder im Maschinenraum, sondern bei Mister Zang in der Wäscherei.
Aus der Kombüse duftet es inzwischen nach gebratener Ente, unser Abschiedsessen heute Abend. Wie schnell doch die Woche vergangen ist. Sieben Tage erschienen wie eine kleine Ewigkeit. Doch wie heißt es so schön: Je schneller die Zeit verrinnt, desto schöner war sie.
Dann legt die Silva in Nijmegen ab und die A-Rosa Auslaufmusik erklingt auf dieser Reise zum letzten Mal.
Ein schöner Moment.
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Weitere Informationen:
Die Tour: Rheinkreuzfahrt 7 Nächte (1130 Kilometer und 11 Schleusen) von Duisburg – Hoorn – Amsterdam – Rotterdam – Gent – Terneuzen – Antwerpen – Nijmegen – Köln
A-Rosa bietet Kreuzfahrten als Städte- und Naturreisen auf dem Rhein/Main/Mosel und der Donau an sowie auf der Seine und Rhône/Saône. Beratung und Buchung im Reisebüro, im A-Rosa Servicecenter unter 0381-202 6001 oder im Internet www.a-rosa.de.
Beim Premium-Tarif alles inklusive sind Vollpension mit Gourmet-Buffet und Live-Cooking enthalten sowie die meisten Getränke (alkoholisch/nichtalkoholisch). Concierge-Service, kostenloser Transfer zum und vom Schiff und Wlan sind ebenfalls inklusive. Auf Spa-Anwendungen erhalten Premium-Gäste 15 Prozent Rabatt.
Technische Daten der A-Rosa Silva:
– Taufe 2012 in Amsterdam
– gebaut in der Neptun Werft Warnemünde
– 135 Meter lang, 11,40 Meter breit, 10,5 Meter hoch (mit Mast)
– 1,60 Meter Tiefgang (2 m mit Ballast)
– Brücke hydraulisch versenkbar
– 1824,7 Tonnen Leergewicht
– Motoren: Volvo 4 x 331 kW, 1.800 PS
– 24 Stundenkilometer Höchstgeschwindigkeit
– Bugstrahlruder: Volvo 1 x 404,9 kW – Schottel Pump Jet SPJ82
– Stromerzeugung: Volvo D16 2 x 400 kW
– Diesel-Bunkerkapazität: 116 m3
– Dieselverbrauch: 3,5 bis 4 m3 pro Tag
– Trinkwasserverbrauch: 30 bis 40 m3 pro Tag
– 83 Kabinen, 4 Junior-Suiten, 2 Grand Suiten
– Crew: 50
Meine Reisen werden zum Teil unterstützt durch Tourismusverbände, Veranstalter und Hotels. Auf Art, Inhalt und Umfang meiner Artikel hat dies keinen Einfluss, meine Meinung bleibt wie immer die eigene.
9 Kommentare
Hallo Antje,
eine Kreuzfahrt spukt schon länger in meinem Kopf, aber an eine Flusskreuzfahrt hätte ich dabei nicht gedacht. Das ist durch deinen Bericht jetzt anders. Der macht wirklich Lust, das Ganze mal auszuprobieren. Vielen Dank dafür.
Liebe Grüße
Martina
Das freut mich. Für Kreuzfahrtneulinge ist es auf dem Fluss einfach perfekt, finde ich. Kleiner, gemütlicher irgendwie. Mit den Massendampfern kann ich mich auch nicht so richtig anfreunden, habe es aber auch noch nie probiert.
So eine Flusskreuzfahrt würde uns wahrscheinlich auch gut gefallen. Reisen und das Hotel quasi dabei zu haben, klingt sehr entspannt und passt gut zu unserer Reiseart des Slow Travel. Danke für Deinen Bericht.
Ja, noch entspannter als mit dem Wohnmobil.
Sehr schöne Eindrücke. Die Vorurteile bzw. Bedenken, die du zu Beginn schilderst, spuken auch in unseren Köpfen. Der Vorteil, innerhalb kurzer Zeit ganz verschieden Städte zu entdecken ohne die Distanzen mit dem Auto oder Zug zu überbrücken, ist toll und sicherlich eine gute Alternative. Aber wir warten doch noch ein bißchen;-)
Hallo Antje,
ein schöner Text und tolle Fotos! Erinnerungen an eine wundervolle Reise :-).
Liebe Grüße und bis bald
Nicole
Danke 🙂 Ja, für mich war es eine neue Erfahrung und eine sehr schön dazu.
Hallo Antje,
ein ganz toller Artikel! Ich mag deine Art zu schreiben wirklich sehr 🙂
Und bei der wunderschönen Reise, die wir da hatten, fällt es mir auch wirklich schwer, nicht schon wieder ins Schwärmen zu kommen 😉
Ganz liebe Grüße aus Passau
Anna-Maria
Danke liebe Anna-Maria! Ja, war wirklich sehr schön und sicher nicht meine letzte Flusskreuzfahrt. Viel Spaß noch bei deinen Touren. LG, Antje