Was denn die Liechtensteiner von den Schweizern unterscheidet, frage ich Joël, der mich in Sargans vom Bahnhof abholt. Mit dem Bus wäre ich zwar auch ganz bequem nach Vaduz gekommen, doch so bleibt uns mehr Zeit, um die Stadt anzuschauen.
„Wir duzen uns. Nicht nur Leute, die wir kennen, auch Fremde. Oder den Ansprechpartner auf dem Amt. Wer andere mit Sie anspricht, outet sich als sofort als Nichteinheimischer“, erklärt er mir. Gut, dass würde bei mir schon durch den fehlenden Liechtensteiner Akzent auffallen. Im Grunde finde ich das aber sehr sympathisch. Respektvoll miteinander umgehen kann man schließlich auch ohne zu siezen. Im deutschsprachigen Raum kenne ich das bisher nur aus den Bergen: über zweitausend Metern heißt es Du statt Sie.
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Hoi – so grüßt man in Liechtenstein
Von Sargans bis nach Vaduz (gesprochen: faˈduts) brauchen wir nur etwa eine Viertelstunde. Der Hauptort von Liechtenstein liegt nicht weit entfernt von der Schweizer Grenze. Kein Wunder, das ganze Land misst nur 12 mal 25 Kilometer – und ist dennoch nur das viertkleinste Land in Europa, weltweit an sechster Stelle. 37.500 Menschen leben hier, 5.000 davon in Vaduz. Der Rhein trennt Liechtenstein vom Schweizer Kanton St. Gallen und auf der anderen Seite grüßt das Vorarlberg aus Österreich herüber.
Kunst- und Flaniermeile: das Städtle in Vaduz
Die Haupteinkaufsstraße heißt Städtle. Tatsächlich schnurrt unterhalb des Vaduzer Schlosses alles auf Postkartengröße zusammen, was Liechtenstein ausmacht: die Schatzkammer des Fürsten, das Parlament in Tobleroneform, das Kunstmuseum, dessen schwarzer und weißer Würfel unterirdisch verbunden sind. Hinter der blank polierten Steinfassade zeigt die Hilti Art Foundation moderne Kunstausstellungen. Hilti (genau, die mit den Bohrmaschinen) ist eine der bekanntesten Firmen im Land. Überhaupt spielt die Industrie in Liechtenstein seit ein paar Jahrzehnten eine wichtige Rolle, außerdem hat sich der kleine Staat als Finanzplatz etabliert.
Im Städtle sind wir quasi mittendrin, in dieser autofreien Straße befindet sich auch das Liechtenstein Center, der geografische Mittelpunkt des Landes – und Anlaufstelle für Urlaubstipps aller Art. Beispielsweise für den offiziellen Einreisestempel, den einem an der Grenze schon lange keiner mehr in den Pass drückt. Scheint so beliebt zu sein, dass die Touristen aus aller Welt freiwillig Schlange stehen und drei Franken zahlen. Kostenlos gibts die Trophäe mit dem Liechtenstein Erlebnispass, den wir uns im Center abholen.
Mit Citycards und ähnlichen Angeboten ist das oft so eine Sache. Die meisten lohnen sich nur, wenn man sehr viele der Angebote nutzt. Anders beim Liechtenstein Museums- und Erlebnispass, der lohnt sich für uns bereits bei der ersten Wanderung. Wir haben den 3-Tages-Pass, mit dem wir kostenlos mit dem Bus zum Start unserer Wandertour fahren können und später mit dem Sessellift von Malbun zur Bergstation Sareis. Besuche in verschiedenen Museen sowie der Schatzkammer sind ebenfalls inklusive.
Bilderbuchschön: das Fürstenschloss hoch über Vaduz vor der grandiosen Bergkulisse
Ein Geräusch, ähnlich einem leisen Donnerrollen, klingt vom Schloss herunter. Das ist der Fürst, erklärt die Stadtführerin, so hört es sich an, wenn er mit dem Auto über die hölzerne Zugbrücke rein oder raus fährt. Die Familie wohnt oben im Schloss, weshalb man es auch nicht besichtigen kann. Liechtenstein ist eine Monarchie auf Demokratiebasis – 2019 feiert das Alpenland seinen 300. Geburtstag.
Eine Auswahl an Kunstwerken aus diesen drei Jahrhunderten bestaunen wir in der fürstlichen Schatzkammer, unter anderem die Fürstenkappe, historische Waffen und Staatsgeschenke. Einmalig ist wohl die Ostereiersammlung des Liechtensteiner Künstlers Adulf Peter Goop mit dem kostbaren Apfelblüten-Ei von Karl Fabergé.
Fürstenhütchen aus Schokolade sind übrigens auch ein beliebtes Souvenir aus Lichtenstein. Der Fürst trägt nämlich keine Krone, sondern einen Hut, der aufwendig mit Perlen, Diamanten und Rubinen verziert ist.
Nach dem Besuch der Schatzkammer bummeln wir durch das Mittel- und Oberdorf, dem ältesten Teil von Vaduz, der zum Teil unter Denkmalschutz steht. Kopfsteinpflasteridylle, Blumen und Weinranken schmücken die Fassaden – dörflich wirkt alles hier im wahrsten Sinne des Wortes. Eines der Häuser sticht heraus durch sein kräftiges Rot und seine treppenartige Giebelform. Das Rote Haus beherbergt die älteste Torkel (Weinpresse) von Liechtenstein, die allerdings nicht mehr genutzt wird.
Fürstliche Weine und ausgezeichnete Küche
Vier Winzer keltern in Liechtenstein hauptberuflich, viel Platz gibt es ja nicht im Land. Da ist es kein Wunder, dass so mancher Hobbywinzer kurzerhand seinen Garten in einen Weinberg umfunktioniert. Getrunken werden die guten Tropfen alle vor Ort, die Mengen sind zu klein für den Export.
Uns interessiert natürlich, wie Weine aus Liechtenstein schmecken (gut, um es vorweg zu nehmen). In der Vinothek der Hofkellerei des Fürsten probieren wir den Pinot Noir, der im „Herawingert“ direkt vor der Tür wächst. Die vier Hektar große Rebfläche gilt als das Kernstück des Liechtensteiner Weinbaus und gehört dem Fürsten. Reben wachsen hier schon seit dem 13. Jahrhundert, die Kellerei besteht seit dem 15. Jahrhundert.
Die Liechtensteiner Weine passen besonders gut zum Essen und so freut es uns, dass wir auf den Weinkarten der Restaurants oft eine schöne Auswahl an heimischen Gewächsen finden. So auch im Restaurant Marèe, das zu den besten in Lichtenstein gehört: einen Michelin-Stern, drei Hauben von Gault Millau und immer wieder Auszeichnungen von Gourmet Magazinen hat Hubertus Real mit seinem Team bereits erkocht. Das Essen ist grandios, die Weinempfehlung perfekt und die Atmosphäre so angenehm leger wie selten in Lokalen dieser Klasse. Wunderschön ist auch die Terrasse des Marèes, die einem Adlernest nachempfunden wurde und von der wir einen herrlichen Blick über Vaduz haben.
Weitere Informationen und Tipps:
Hinkommen:
Mit dem Auto über die A81 über Singen/St. Gallen oder die A7/A96 via Memmingen über Feldkirch. Bei der Anreise über Österreich könnt ihr euch die Schweizer Jahresvignette sparen und braucht nur die österreichische 10-Tagesvignette zu kaufen.
Mit der Bahn kommt ihr ab Stuttgart über Zürich und Sargans nach Liechtenstein. An der Grenze gehts weiter mit dem Bus 11 bis Vaduz.
Übernachten:
Wir haben im Hotel Meierhof in Triesen übernachtet, nur ein paar Minuten von Vaduz entfernt. Der Linienbus nach Vaduz hält direkt vor dem Haus, so dass man das Auto stehen lassen kann. Auch zu den Ausgangspunkten der Wandertouren gibt es regelmäßig gute Verbindungen.
Hotel Meierhof, Meierhofstr. 15, Triesen, www.meierhof.li
Essen & Trinken:
Restaurant Marèe (im Hotel Sonnenhof), Mareestrasse 29, Vaduz, www.sonnenhof.li
Hofkellerei des Fürsten von Liechtenstein, Feldstrasse 4, Vaduz, www.hofkellerei.li
Eine Weinprobe (2 Weine à 0,1 l) in der fürstlichen Hofkellerei ist im Museums- und Erlebnispass inbegriffen.
Sonstiges:
Liechtenstein Center, Städtle 39, Vaduz, www.liechtenstein.li
Website von Vaduz: erlebevaduz.li
Mit dem Museums- und Erlebnispass könnt ihr kostenlos auf allen LIEmobil-Linien mit dem Bus fahren, verschiedene Museen besuchen sowie kleine Geschenke erhalten, z.B. einen gratis Kaffee in der Rösterei Demmel in Schaan.
Gültig ist der Pass einen, zwei oder drei Tage und kostet 25/29/39 CHF für Erwachsene. Erhältlich ist dieser im Liechtenstein Center oder am Bus Welcome Desk in Vaduz sowie einigen anderen Touristinformationen im Land. Mehr Infos unter www.erlebnispass.li
Schatzkammer, Städtle 37, Vaduz
Jetons für den Besuch der Schatzkammer kann man an der Kasse des Postmuseums oder des Landesmuseums kaufen (8 CHF), mit dem Museums- und Erlebnispass ist der Eintritt kostenlos.
Mit dem Vaduzer Städtlezug könnt ihr die Stadt im Sommer auf die gemütliche Tour erkunden. Dauer ca. 30 Minuten (täglich 13 und 16.30 Uhr), Tickets gibts am Bus Welcome Desk (mit dem Museums- und Erlebnispass ist die Citytrain-Fahrt kostenlos).
Das ist ein redaktioneller Beitrag, der unter Umständen dennoch eine werbliche Wirkung entfalten könnte. Die Reise erfolgte mit freundlicher Unterstützung von Liechtenstein Marketing. Bei meinen Recherchen arbeite ich zum Teil mit Tourismusverbänden, Veranstaltern und Hotels zusammen. Auf Art, Inhalt und Umfang meiner Artikel hat dies keinen Einfluss, meine Meinung bleibt wie immer die eigene.
1 Kommentar
Meinen Dank für den Tipp zu der Citycard! Die kann uns bei unserer Busreise aus Oststeiermark benötigt werden, wenn wir mit der Klasse was Interessantes in der Stadt besuchen möchten. Das Land mit der mehrhundertjährigen Fürstenmonarchie kann recht stolz auf seine Hauptstadt sein. Ein erlesener Wein könnte zum Geschenk für meinen Bruder werden. und für die Kinder wird der erlesene Geschmack der örtlichen Küche zu einem unvergesslichen Erlebnis!