Der Radfahrer steht kurz hinterm Rödelseer Tor und prostet den Vorbeigehenden freundlich zu. Sein Wein schwappt bedenklich im Glas, doch niemals geht auch nur ein Tropfen verloren. Die meisten kennen ihn, seit mehr als 20 Jahren, ein Iphofener Original. Und die beste Werbung für das Neunundneunziger Kulinarium, wo Lukas Rönninger im ehemaligen Café seiner Mutter heute fränkische Küche kreativ auf den Tisch bringt.
Ich hätte durchaus Lust, mich auf einen Schoppen dazu zu setzen, doch das muss noch ein bisschen warten. Schließlich bin ich auch zum Wandern ins Fränkische Weinland gekommen.
Mit rund 150 Kilometer gut markierten Wanderwegen durch Wald und Weinberge lockt allein Iphofen. Wer lieber radelt, findet im Fränkischen Weinland ein gut ausgebautes Radwegenetz.
Inhaltsverzeichnis
Wandern Steigerwald: Auf der Traumrunde Iphofen zum Iphöfer Kalb
Ich entscheide mich für die Traumrunde Iphofen und starte etwas außerhalb der Altstadt, am Waldseeparkplatz Ringsbühl. Nach einem kurzen Anstieg durch den Wald liegt mir das Iphöfer Kalb zu Füßen. Das ist neben dem Julius-Echter-Berg eine der bekannteren Weinlagen von Iphofen. Aus den steilen Hängen (teils bis zu 60 % Steigung) kommen elegante, finessenreiche Weine.
Immer wieder schön, der Blick über die Weinberge – vor allem kurz vor der Lese, wenn die reifen Trauben wie Perlen am Stock hängen. Manche leuchten golden in der Sonne, andere färben sich in verschiedenen Rot- und Lilatönen.
Der markierte Wanderweg biegt leider schon bald wieder ab in den Wald. Wer die Aussicht auf die Reben noch eine Weile länger genießen möchte, kann jedoch auf den Wirtschaftswegen bis zur Ruine Speckstein laufen. Ich folge der offiziellen Traumrunden-Route und komme bald zum Mittelwaldpavillon nahe der imposanten Bildeiche. Das zwischen 300 und 450 Jahre alte Naturdenkmal war früher eine wichtige Wallfahrtsstation.
Fast übersehen könnte man dabei die hübsche, kleine Kapelle nahe der Lichtung, die einen Mini-Abstecher lohnt.
Ein Mittelwald ist eine historische Waldform, bei dem dichtes Unterholz mit höheren Stämmen gemischt wird. Eine Ausstellung im Pavillon vermittelt Wissenswertes über die Forstwirtschaft früher und heute sowie deren Zusammenspiel mit dem Naturschutz.
Auf naturbelassenen Pfaden des Steigerwaldes führt die Traumrunde nun in weitem Bogen zurück nach Iphofen. So richtig idyllisch wird es am Wertholzplatz, wo blühende Disteln und Kräuter zahlreich Bienen, Hummeln und Schmetterlinge anlocken. Herrlich, dieses Summen und Brummen um mich herum – ansonsten nichts als Stille.
Auch in den Weinbergen rund um Iphofen herrscht Ende August gerade wenig Betrieb. Das wird sich in zwei, drei Wochen ändern, wenn die Lese der frühen Sorten wie Müller-Thurgau beginnt. Die Trauben haben sich gut entwickelt. Warmes, sonniges Spätsommerwetter im Wechsel mit kühlen Nächten fördert das Aroma im Wein. Für die Winzer heißt es warten, bis die Beeren die gewünschte Reife haben und der optimale Lesezeitpunkt erreicht ist.
Gute Weinqualität beginnt im Weinberg. Klima, Boden, Lage, aber auch Wetterkapriolen bestimmen mit, was am Ende ins Glas kommt. Die Anbaumethoden haben sich natürlich im Laufe der Jahrhunderte enorm gewandelt.
Geschichtsweinberg Iphofen: Epochen des Frankenweins live erleben
Wie früher Wein angebaut wurde, erfahre ich im Geschichtsweinberg Iphofen. Auf drei Terrassen bewirtschaften die „Bergwinzer“ seit 2015 einen Viertelhektar nach historischer Art und Weise: von Pfahl-Rebstöcken wie im Mittelalter bis zum Drahtrahmen in der 1960er Jahren. Die wichtigsten Epochen des fränkischen Weinbaus kann man auf diese Weise live erleben.
Üblich war früher auch der gemischte Satz, das heißt, verschiedene Rebsorten wurden durcheinander gepflanzt. Das hat den Vorteil, dass Frost oder Hagel einen Totalverlust verhindern, da die Sorten unterschiedlich früh austreiben und reifen.
Schöner Nebeneffekt: Rund um das historische Weinberghäuschen sind zahlreiche seltene Tiere und Pflanzenarten heimisch geworden.
Jedes Jahr kümmert sich ein anderer Iphofener Winzer um die Reben im Geschichtsweinberg – und keltert im Herbst diesen besonderen Wein. Verkosten kann man den raren Tropfen (nur ca. 300 Liter ergibt die Lese pro Jahr) in der Vinothek in Iphofen oder bei einer Führung durch den Geschichtsweinberg.
Terroir f Iphofen: Wein & Welt
Nur ein paar hundert Meter weiter, komme ich zu einem anderen, ganz besonderen Platz. Einem der magischen Orte des Frankenweins: Terroir f. Iphofen war die erste dieser Landmarken von mittlerweile über 20.
Der Blick vom Julius-Echter-Berg reicht weit über die Weinlandschaft und Winzerorte – wie bei allen Terroir-f-Punkten. Jeder widmet sich einem anderen Thema, in Iphofen dreht sich alles um Wein und die Welt: „Die Ferne so weit, der Wein so nah. Wein verbindet.“
An der Aussichtsplattform sind die Entfernungen zu berühmten Weinregionen anderer Länder markiert und Stelen veranschaulichen, wo in der Welt wie viel Wein produziert wird. Wo Elefanten im Weinberg arbeiten und dass es Weinberge in Dänemark gibt, zeigt eine Präsentation am Fuß des Turms. Noch interessanter finde ich jedoch die Aussicht über das Fränkische Weinland. Die wurde sogar vom Deutschen Weininstitut 2016 zur Schönsten Weinsicht in Deutschland gekürt.
Konkurrenz hat Iphofen im benachbarten Rödelsee bekommen, wo das Terroir f wie ein überdimensionales Fernrohr aus dem Weinberg herausragt. Ein weiteres Terroir f befindet sich in Einersheim. Alle drei kann man auch wunderbar bei einer Radtour durch die Weinberge entdecken. Mehr Tipps zum Genussradeln im Fränkischen Weinland findest du unten im Infoteil dieses Artikels.
Ich nutze die Zeit bis zu Abendessen im 99er Kulinarium, um die malerische Altstadt von Iphofen zu erkunden.
Die ist nicht groß, aber an fast jeder Ecke entdecke ich Details, die ein schönes Fotomotiv abgeben. Der ganze Ort erscheint wie ein einziges Postkartenmotiv: das Rathaus, der blumengeschmückte Brunnen, die Fachwerkfassaden, Mauern, Türen und Türme – und natürlich die drei noch erhaltenen Stadttore. Allen voran, das bildschöne Rödelseer Tor aus dem 15. Jahrhundert.
Iphofen – Fränkisches Weinland – alles Wichtige auf einen Blick
Hinkommen:
Mit dem Auto ab Stuttgart auf der A81 über Würzburg, dann A3 bis Ausfahrt Wiesentheid oder Kitzingen/Biebelried und auf der B8 nach Iphofen. Alternativ A7 Kassel – Ulm, Ausfahrt: Kitzingen und B8 nach Iphofen.
Fränkisches Weinland: Übernachten beim Winzer:
Übernachtet habe ich im Gästehaus des Weinguts Weigand. Vom Zimmer aus hatte ich einen wunderbaren Blick auf die Weinberge wie Iphöfer Kalb und den Geschichtsweinberg. Sehr leckeres Frühstück bei schönem Wetter auch im gemütlichen Innenhof des Weinguts, wo man auch schön sitzen und die Weine genießen kann.
Gästehaus Weigand, Lange Gasse 29, Iphofen, Tel. 09323-3805, www.weingut-weigand.de
Essen & Trinken – Iphofen Restaurant-Tipps:
- Vinothek Iphofen: Kirchplatz 7, Öffnungszeiten: Mo, Fr-So jeweils ab 12 Uhr, www.vinothekiphofen.de
- Bistro & Wein: Seit Mai 2020 bieten Antje und Thomas Mend vom Weingut Mend tagsüber fränkische Tapas zum Wein, im Sommer auch draußen auf der Terrasse. Sehr lecker fand ich die Forellenmousse mit Gewürzbrot zum Riesling. Geöffnet hat das Weinbistro täglich von 12-20 Uhr, außer montags. Pfarrgasse 24, 97346 Iphofen, Tel. 09323-876 6419, www.weingut-mend.de
- 99er Kulinarium: 1999 von seiner Mutter als Café eröffnet, betreibt heute Lukas Rönninger das 99er. Die Küche ist fränkisch, aber modern interpretiert. Köstlich: die Forelle im Bierteigmantel mit Kartoffelsalat, passt wunderbar zum Riesling vom Weingut Wirsching.
Erleben:
- Traumrunde Iphofen: abwechslungsreiche Wanderung durch Weinberge und Wald, 13 km, 310 Höhenmeter, mittelschwer, gut markiert; Start/Ziel: Parkplatz Ringsbühl
- Kirchenburgmuseum Mönchsondheim, An der Kirchenburg 5, Iphofen-Mönchsondheim, geöffnet von März bis November, www.kirchenburgmuseum.de
- Geschichtsweinberg: erreichbar von Iphofen Rödelseer Tor über den Schwanbergweg, schöner Spaziergang ca. 1 Stunde
- Iphöfer Rebsortenpfad: direkt am Schwanbergweg (20-30 min zu Fuß vom Rödelseer Tor aus) bis zum Geschichtsweinberg
- Radtouren: Gemütlich von Weinort zu Weinort oder sportlich bergauf, bergab durch die Reben – zum Radeln findest du im Fränkischen Weinland jede Menge Auswahl. www.fraenkisches-weinland-de/radfahren; Vorschlag für eine Kirchenburg-Tagestour (38 km): Iphofen-Mönchsondheim-Hüttenheim-Seinsheim (Rast in der Weinparadies-Scheune)-Tiefenstockheim-Willanzheim-Mainbernheim-Rödelsee-Iphofen
Buchempfehlungen Fränkisches Weinland*:
- Weinwandern Fränkisches Weinland
- Der Ausflugsverführer Weinfranken
- Ab nach draußen: 52 Eskapaden in und um Würzburg
Tourist-Information Iphofen, Kirchplatz 1, Iphofen, Tel. 09323-870306, www.iphofen.de
Dieser Artikel entstand in Kooperation mit dem Fränkischen Weinland.
2 Kommentare
Liebe Frau Seeling,
herzlichen Dank für den tollen Artikel. Dieser ist wirklich sehr einladend geschrieben.
Die schönen Fotos machen richtig Lust auf einen Besuch bei uns in Iphofen.
Schön, dass Sie bei uns in Iphofen waren.
Genussvolle Grüße aus Iphofen
Danke, sehr gern 🙂