Morgens einen Dreitausender besteigen und am Nachmittag im Weingut einrücken. Mittags lockt Hausgemachtes zur Jause mit Kuhglockenkonzert auf die Alm, am Abend kocht Oskar* ein Menü mit Sternecharakter. Genau diese Mischung ist der Grund, weshalb mich diese Gegend magisch anzieht: Südtirol.
Klar doch, Südtirol. Kennt man, fast jeder war schon mal da, von der Apfelblüte bis zum Törggelen rollt die Karawane im Schritttempo über den Brenner. Das Erstaunliche: Wer Dorf Tirol oder Seiser Alm mag, findet sein Glück ebenso wie derjenige, der im nahezu unbekannten Pflersch- oder Campilltal unterwegs ist. Das für mich schönste von allen ist das Villnösser Tal und an dessen Ende der Naturpark Puez-Geisler.
Die Massen am Parkplatz der Zanser Alm verlaufen sich schnell und bleiben nach einem kurzen, aber schweißtreibenden Anstieg auf der Glatsch- oder Kaserillalm hängen. Die heißt nicht nur so, Thomas Mantinger verkauft den selbst produzierten Käse direkt auf der Alm. So schwer es fällt: Wer hoch hinaus will, sollte Rast und Sonnenliegen im wahrsten Sinn links liegen lassen und über bunte Almwiesen via Schlüterhütte auf das Kreuzkofeljoch laufen.
Unterhalb der Geislerspitzen mit den majestätischen Gipfeln von Sass Rigais, Furchetta und Odla di Valdussa führt der Adolf-Munkel-Weg hinüber zur Broglesalm. Ein wirklich märchenhaftes Wegstück verläuft zwischen Glatschalm und der Gschnagenhardtwiese. Sieht ein bisschen aus wie im Teletubbyland oder als ob ein paar Riesen eben noch mit Bauklötzchen gespielt hätten. Jedenfalls ist es genau der richtige Ort, um die weltbeste Frittatensuppe zu essen: bei Familie Profanter auf der Gschnagenhardt-Alm. Die Eierkuchenstreifen sind so was von fluffig und gleichzeitig knusprig … Anscheinend wissen das auch die neugierigen Haflinger am Weg, die Rucksack und Hosentaschen gern etwas näher inspizieren.
Eigentlich kommt man ja zum Wandern nach Südtirol, aber es ist jedes Mal ein Dilemma: Kaum die erste Alm am Weg erspäht, hockt man drin. Nur etwas trinken (die Wasserflasche im Rucksack brauchen wir später bestimmt noch dringender), doch wie von Zauberhand steht eine Marende auf dem Tisch. Kann man wirklich nicht stehen lassen. Dass am Abend ein Tisch reserviert ist beim Pitzock – und der leckeren Tagliata ein paar weitere Gänge folgen, egal.
*) Unser Südtiroler Lieblingskoch Oskar Messner hat die ehemalige Dorfkneipe in St. Peter (Villnösstal) in ein wunderbares, kleines Restaurant verwandelt: Pitzock essen & trinken. Besonders engagiert er sich, nicht nur auf der eigenen Karte, für den Erhalt des Villnösser Brillenschafes.
Pitzock, St. Peter 106, I-39040 Villnöß (BZ), Tel.: +39 472 840127, geöffnet ab 17 Uhr (außer mittwochs)
Frieda Ploner ist ein weiteres Original – und weit über das Tal hinaus bekannt. Fast jeden Morgen stapft die zierliche, aber drahtige Kräuterfrau mit weißem Zopf stundenlang über die Wiesen- und Waldböden der Lüsner Alm. Für die 73-jährige aus Brixen ist jede Wiese eine Apotheke, denn die Mittel gegen die kleinen Wehwehchen des Lebens stehen „um unsere Haxen herum“. Bergthymian, Schafgarbe oder Arnika – gegen jedes Zipperlein ist ein Kraut gewachsen. Ein verrenkter Magen beispielsweise erholt sich bei einer Tasse Ragginer Bergkräutertee am schnellsten. Noch nie hat sie einen Arzt aufgesucht, sagt Kräuter-Frieda – und zum Abschied „bleiben Sie immer schön mobil“!
Montags, 9.00 Uhr, Treffpunkt Hotel Lüsnerhof. Anmeldung im Tourismusbüro Lüsen oder unter Tel.: +39 472 413 750.
Bis zur nächsten Tour erholen sich die müden Knochen im alpinen Badl vom Lüsnerhof von ganz allein. Das ist Natur ohne Wellness-Tamtam: die Sauna am Bach im Wald hinter dem Hotel. Rein ins Baumhaus, schwitzen und mit kristallklarem Gargitter Bachwasser schockkühlen. Noch Wünsche? Ein Glas Eisacktaler Sylvaner mit Blick auf den Peitlerkofel, bitte.
Naturhotel Lüsnerhof, Familie Hinteregger, Rungger Straße 20, I-39040 Lüsen (BZ), +39 0472 413633
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