An dem kleinen Fenster in der Via Piella wäre ich ganz sicher vorbei gelaufen, hätte Paolo es mir nicht gezeigt. Was sich dahinter verbirgt, ist nicht weniger als ein Blick in die Vergangenheit von Bologna.
Öffnet man das Fenster, das eher wie eine Tür aussieht, glaubt man in Venedig zu sein. Mein Blick fällt auf den Canale delle Moline mitten in der Altstadt, einen der wenigen geheimen Kanäle von Bologna, die heute noch zu sehen sind.
Unter der Stadt erstreckt sich nämlich ein mit 60 Kilometern weit verzweigtes Netz von Wasserstraßen. Angelegt wurden diese im Mittelalter, um Webereien oder Färbereien mit Energie zu versorgen und um Waren zu transportieren.
Die Kanäle sind mittlerweile von Straßen verdrängt und aus dem Stadtbild fast komplett verschwunden.
Inhaltsverzeichnis:
Bologna: schiefe Türme und geheime Kanäle
Eataly World – zu Besuch im Schlaraffenland
Aceto Balsamico di Modena
Lambruso, der perlende Rotwein aus der Emilia Romagna
Bologna ist die Hauptstadt der norditalienischen Provinz Emilia-Romagna. Genießern dürfte die Region bestens bekannt sein, kommen doch einige der bekanntesten kulinarischen Spezialitäten Italiens von hier: Parmigiano Reggiano, Aceto di Balsamico, Parmaschinken oder Lambrusco – mehr als 40 Produkte tragen das DOP- oder IGP-Siegel. Das garantiert nicht nur die Herkunft, sondern auch eine gewisse Qualität bei der Herstellung.
Landschaftlich zeigt sich die Emilia-Romagna dagegen ziemlich unspektakulär. Auf dem Weg in die Toskana sah ich bisher keinen Anlass für einen Stopp – und habe einiges verpasst.
Bologna: schiefe Türme und geheime Kanäle
Denn gerade Bologna ist ein hübsches Städtereiseziel: wenig touristisch, viel mediterranes Flair. Die Cafés und Bars in den Gassen der Altstadt sind belebt, drinnen wie draußen trifft man sich, die Stimmung ist bis tief in die Nacht relaxt.
Eine vor allem bei jungen Leuten beliebte Adresse ist der Altro-Markt, tagsüber ein ganz normaler Wochenmarkt, der sich abends in eine riesige Kneipe verwandelt – Marktatmosphäre inklusive. Tolles Konzept, wie ich finde.
Wer zum Einkaufen nach Bologna kommt, findet alles, was das Herz begehrt – von handgemachter Pasta, über Tischkeramik bis hin zu Mode und Leinenwäsche.
Selbst, wenn es regnet oder die Sonne brennt, macht ein Stadtbummel Spaß. Der Grund: kunstvolle Arkaden. Würde man alle ablaufen, käme man auf insgesamt 40 Kilometer.
Ein weiteres Wahrzeichen der Stadt sind die Due Torri, die schiefen Türme. Genau genommen, ist nur einer schief, auch wenn ich nicht erkennen kann, welcher, egal aus welchem Blickwinkel.
Überhaupt ist Bologna ähnlich wie San Gimignano eine Stadt der Türme. Knapp 120 waren es Mittelalter, gebaut als Wohntürme. Je höher, desto wohlhabender war der Besitzer.
Heute gibt es noch knapp zwei Dutzend dieser Türme. Zum Teil hübsch restauriert und als Bed & Breakfast eingerichtet. Romantisch ist das Zimmer ganz oben im Torre Prendiparte, 11. Etage, 60 Meter über der Erde, wenn auch ohne Aufzug und Toilette.
Eataly World – zu Besuch im Schlaraffenland
Sieben Kilometer außerhalb von Bologna hat Ende 2017 die Eataly World eröffnet: ein Food-Themenpark. Eine Art Disneyland für Genießer.
Erleben und erfahren kann man in diesem Schlaraffenland alles rund um Essen & Trinken in Italien. Vom Trüffelland bis zum Zitronenhain sind es nur ein paar Schritte. Ich schlendere am offenen Stall vorbei, am Aquarium, durch den Weinberg und kann gleich nebenan zusehen, wie traditionelle Pasta hergestellt wird.
Auf dem 10 Hektar großen Gelände bietet die Betreiberfirma Fico aber nicht nur die kulinarische Crème de la crème Italiens zum Verkosten und Kaufen.
Die verschiedenen Themenwelten basieren außerdem auf einem zukunftsorientierten Konzept. Eine Schauproduktion und interaktive Informationsbereiche sollen zur Selbstreflektion anregen: Wie werden unsere Lebensmittel hergestellt? Was bedeutet das für meine Ernährung?
Aceto Balsamico di Modena
Eines der mehr als 40 DOP-Produkte aus der Emilia Romagna ist Aceto Balsamico di Modena. Was es mit dem berühmten Essig auf sich hat, schaue ich mir in Modena an. Acetaia Giusti ist der älteste Produzent von Aceto Balsamico, ihr erstes Geschäft in der Stadt hatte die Familie bereits 1598 eröffnet. Sieht auch heute noch aus wie ein Kaufmannsladen und lohnt einen Besuch. Die Produktion befindet sich etwas außerhalb des Zentrums.
Schon auf dem Parkplatz der Acetaia weht mir der typische Essigduft entgegen. Bis unters Dach stapeln sich Fässer mit der dunkelbraunen Spezialität, die unterschiedlich lang reifen.
Das erste Balsamico-Rezept entstand mehr oder weniger aus Zufall: Giusti hat ein paar Handvoll weiße Trauben zwölf Stunden lang gekocht – fertig. Heute gehört der dickflüssige dunkle Essig zu den hochwertigsten Produkten in der Emilia-Romagna, kann bis zu hundert Jahre reifen. Ein flüssiger Schatz für 490 Euro.
Obwohl karamellisierter Zucker zugegeben wird, schmeckt nicht jeder Balsamico-Essig einfach nur süß. Die besten Acetos sind ausgewogen – süß und sauer.
Nach traditioneller Art hergestellter Balsamico heißt „Aceto Balsamico Tradizionale di Modena“, Massenprodukte dagegen nur „Aceto Balsamico di Modena“.
Für den Aceto Balsamico di Modena werden meist Trebbiano- oder Lambrusco-Trauben gekocht und auf 30 bis 70 Prozent eingedickt. Anschließend wird der Sirup gefiltert, ein Anteil älterer Balsamessig (mindestens 10 Jahre) sowie 10 Prozent Wein zugegeben. Die Reife im Holzfass dauert viele Jahre, je älter der Essig, desto dickflüssiger wird er.
Lambruso, der perlende Rotwein aus der Emilia Romagna
Nächster Stopp: Lambrusco. Sein Ruf war in den 70er Jahren arg ramponiert, doch mittlerweile ist aus der süßen Billigplörre wieder ein anständiger roter Perlwein geworden.
Anselmo Chiarli besitzt einen der ältesten Weinberge in der Region Modena in Grasparossa di Castelvetro, den er mit Lambrusco-Reben bepflanzt hat. Diese eignen sich durch die relativ hohe Säure sehr gut für Perlwein.
Gekeltert wird hochwertiger Lambrusco nach einem besonderen Verfahren:
Der Most aus den gleichnamigen Lambrusco-Trauben wird nach dem Pressen auf 0° Celsius gekühlt, gelagert und erst bei Bedarf vergoren. Dazu lässt der Winzer die Temperatur ansteigen und setzt Reinzuchthefe zu. Sobald die gewünschte Restsüße erreicht ist, stoppt er die Gärung mittels Kälteschock und füllt den Wein ab.
Lambrusco sollte man in den ersten zwei Jahren trinken, zum Lagern taugt er weniger. Während mir der hellrote, leichte Lambrusco von Ciarli am besten pur schmeckt als Aperitif, passt der dunklere hervorragend zur Tagliatelle Bolognese. Trocken sind beide.
Übrigens: Die berühmte Nudelsauce wird in und um Bologna ausschließlich mit Bandnudeln serviert, niemals mit Spaghetti. Das machen nur wir Deutsche.
Infos und meine persönliche Empfehlungen
Hinkommen:
Günstige Flüge gibt es z.B. mit Eurowings von verschiedenen Städten in Deutschland.
Der Flughafen Guglielmo Marconi International Airport liegt 10 Kilometer vom Zentrum Bolognas entfernt.
Bologna kann man gut zu Fuß entdecken, das Zentrum ist überschaubar. Fahrkarten für den Bus gibt es in Zeitungskiosken und Tabakläden. Einzeltickets gelten 75 Minuten ab der Entwertung.
Die Bologna Welcome Card kostet 20 (48 h) oder 30 Euro (72 h) und enthält freien Eintritt in verschiedene Museen sowie eine 2-stündige, kostenlose Stadtführung zu Fuß, inklusive Eintritt in den Asinelli-Turm.
Nach Modena kommt man von Bologna am besten mit dem Regionalzug in ca. 30 Minuten, diese verkehren ca. alle 12 Minuten.
Übernachten:
Übernachtet habe ich im Hotel Royal Carlton, Via Montebello 8, www.royalhotelcarltonbologna.com. Ein Vier-Sterne-Haus, das jedoch leider nicht ganz zentral liegt.
Sehr authentisch ist das Bed & Breakfast in der Altstadt in einem restauriertem Wohnturm. www.prendiparte.it
Essen & Trinken:
Fico World Eataly, Via Paolo Canali 8, 40127 Bologna, www.eatalyworld.it/en
Vom Bahnhof in Bologna fahren Shuttlebusse zur Eataly World (Fahrzeit ca. 20 Minuten), ebenso vom Flughafen (Fahrzeit 50 min).
Altro Markt, Mercato delle Erbe, Via Ugo Bassi, 23-25, www.altrobologna.com
Acetaia Giusti, Strada Quattro Ville 155, Modena, www.giusti.it/en/
Weingut Chiarli, Via Manin 15, Modena, www.chiarli.it, Verkostungen und Weinbergstouren sind möglich nach Voranmeldung unter accoglienza.cletochiarli@chiarli.it
Weitere Infos unter: www.bolognawelcome.com
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Die Reise erfolgte auf Einladung der Region Emilia Romagna. Auf Art, Inhalt und Umfang meiner Artikel hat dies keinen Einfluss, meine Meinung bleibt wie immer die eigene.
3 Kommentare
Was für tolle Fotos und Fensterausblicke <3
Danke fürs Mitnehmen nach Bologna. Ein Fleckchen Erde, welches ich noch nicht erkundet habe. Das sieht bei Dir jedoch sehr lohnenswert aus!
LG Tanja
Dankeschön 🙂 Bologna hatte ich vorher auch nicht auf dem Plan und war ziemlich positiv überrascht. Allein die Pasta ist eine Reise wert …