Ein prachtvoller Turm, ein mächtiger Bulle und ein Ritual, das den Übergang in ein neues Leben begleitet: Pelebon ist ein einzigartiges Erlebnis voller Spiritualität und Gemeinschaft. Warum dieses „Volksfest“ mehr ist als nur ein spektakuläres Ereignis und was es über den balinesischen Glauben verrät, erfährst du in diesem Artikel.
Wayan sitzt im Schneidersitz und knüllt Goldpapier zusammen, Stück für Stück. Andere stanzen von Hand die Bordüren aus, nebenan hämmert es auf dem Bambusgerüst, das vor dem Ubud Palast aufgebaut wurde. Der Bulle ist bereits fertig und gibt schon mal ein hübsches Fotomotiv ab. Noch zwei Tage, dann muss alles fertig sein – für den Pelebon, der wichtigsten Zeremonie im Leben eines Hindus.
Wir haben das Glück, bei einer besonders prächtigen Einäscherungszeremonie dabei zu sein, der Pelebon wird für ein Mitglied der königlichen Familie in Ubud stattfinden.
Was ist eine Pelebon-Zeremonie auf Bali?
Die Einäscherung auf Bali ist traditionell ein Ereignis, an dem gefühlt der ganze Ort teilnimmt, nicht nur bei den Vorbereitungen, die schon mal einen ganzen Monat dauern.
Zur Zeremonie gehört die Bade, ein üppig geschmückter Turm (je höher, desto reicher die Familie) für den Transport zum Kremationsort im Tempel und ein Bulle (oder auch Tiger), in dem der Körper schließlich verbrannt wird. In seltenen Fällen, wie dieses Mal, kommt noch ein Drache dazu.
Wie läuft eine Einäscherungszeremonie in Ubud ab?
Um 12 Uhr startet das Ritual. Der Tote wird, in ein Tuch gewickelt, oben im Turm platziert. Anschließend beginnt die Prozession zum Verbrennungsort – vom Ubud Palast bis zum Tempel Pura Dalem Puri.
Am Straßenrand haben sich Einwohner und Touristen versammelt, um den Prozessionszug zu begleiten. Die besten Plätze sind früh besetzt, schon Stunden vorher. Ortskundige haben sich einen Tisch auf den Dachterrassen der Restaurants reserviert. Nur Roller dürfen noch in die Stadt fahren, für Autos sind die Straßen bereits seit dem frühen Morgen gesperrt.
Der Bulle kommt als erstes zum Tempel, gefolgt von der Bade mit dem Körper. Insgesamt sind knapp 1.000 Männer nötig, um den 25 m hohen Turm zu tragen, alle hundert Meter wechseln sie sich ab. Denn der Weg darf nicht gerade sein. Mal gehts im Zickzack, mal um 180 Grad zurück und dann wieder vorwärts, um die Geister zu verwirren, die ihnen so nicht folgen können, glaubt man.
Am Tempel angekommen, wird der Körper vom Turm in den Bullen umgebettet, zusammen mit zahlreichen Opfergaben. Begleitet wird das Ganze von einem ausgedehnten Ritual, bei dem sich die Angehörigen noch einmal verabschieden.
Nach etwa fünf Stunden ist es dann soweit, das Feuer wird angezündet und nur Sekunden später steht der Bulle in Flammen. Jetzt kann sich die Seele endgültig vom irdischen Dasein befreien und ist bereit für eine Wiedergeburt. Irgendwann, irgendwo.
Darf man als Tourist an einer Ngaben- bzw. Pelobon-Zeremonie teilnehmen auf Bali?
Skurril? So eine Zeremonie sollte doch ausschließlich für Familie und Freunde veranstaltet werden und nicht als Volksfest?
Dachte ich zuerst auch. Aber dann hab ich mich näher damit beschäftigt und bin auch mit den Leuten in Ubud ins Gespräch gekommen. Die sind auf Bali wie so oft in Asien überaus offen und freundlich. Als wir bei den Vorbereitungen für den Turmbau zuschauen, winkt uns jemand zu sich und erklärt alles, was sie da machen und warum.
Hindus glauben fest an eine Wiedergeburt, an den (unendlichen) Kreislauf des Lebens. Der Aufenthalt auf der Erde ist für sie nur eine von vielen Stationen. Der Tod ist also gleichzeitig ein Neubeginn. Natürlich sind die Menschen traurig, wenn einer ihrer Lieben nicht mehr bei ihnen ist, gleichzeitig freuen sie sich für ihn auf sein nächstes Leben. Und hoffen, sich vielleicht wieder zu begegnen. Viele Familien sehen in Neugeborenen die Wiedergeburt einer ihrer Ahnen, ein Zeichen, dass diese immer bei ihnen sind und sie beschützen.
Und deshalb ist dieses Verbrennungsritual so wichtig für Balinesen. Dass daran alle, auch Touristen, teilhaben dürfen, ist ebenso Teil ihrer Kultur, man lebt wirklich miteinander. Bei der Vorbereitung, die rund einen Monat dauert, helfen alle mit. Und obwohl oder trotz dass manche Menschen viel reicher sind als andere, konnte ich nirgends so was wie Neid heraushören. Im Gegenteil, die Leute bewundern die Reichen eher.
Zufrieden sein mit dem was man hat, ist hier eine Lebenseinstellung. Nicht die schlechteste.
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