Auf den Spuren des „schwarzen Goldes“ in der Region Oberschwaben-Allgäu: Seen, Flüsse, Moore – Wasser gibt es reichlich hier. Eine unglaublich vielfältige Flora und Fauna ebenso. Seltene Vögel, das größte intakte Hochmoor Mitteleuropas oder die mehr als 1000 Jahre alten Wasserkanäle bieten Naturerlebnisse, die selten geworden sind. Hier sind drei einzigartige Ausflugstipps.
Die Sonne steht noch tief am Horizont als der Zilpzalp die Stille am See durchschneidet, eine Flussseeschwalbe fliegt im Akkord, um die weitaufgerissenen Mäuler des Nachwuchses zu stopfen und auf den Planken des Holzsteges trocknet eine Gruppe von Teichrohrrsängern ihre Flügel.
Oberschwaben Sehenswürdigkeiten & Ausflugstipp #1: Birdwatching am Federsee
Mehr als 270 Vogelarten haben sich am Federsee niedergelassen. Nicht alle sind permanent da, sondern wählen die mehr als hundert Jahre alte Moorlandschaft nur zum Rasten oder Brüten. Bei einer frühmorgendlichen Birdwatching Tour stehen die Chancen gut, so manche von ihnen zu beobachten. Möglicherweise traut man dabei seinen Ohren kaum und meint eine Nähmaschine zu hören. Das sei dann ein Rohrschwirl, erklärt unser Guide, der mache solch ratternde Geräusch, während der Feldschwirl eher wie ein vorbeifahrendes Fahrrad klinge.
Das größte zusammenhängende Moor Südwestdeutschlands trägt das Prädikat „Europareservat“ und gehört zu den „Natura 2000“ Schutzgebieten der EU. Der ehemals 30 km2 große Schmelzwassersee verlandete nach der letzten Eiszeit auf natürliche Weise und verwandelte sich in eine ausgedehnte Moorfläche. Der See selbst hat heute nur noch eine Größe von 1,4 km2.
Menschen leben in der Region bereits seit 6.000 Jahren, informiert die Ausstellung im Federseemuseum. Dort hat man einige der einst mindestens 30 Siedlungen wie unter anderem die prähistorischen Pfahlbauten aus verschiedenen Epochen nachgebaut und die Geschichte erlebbar gemacht. Highlight: eine Fahrt mit dem steinzeitlichen Einbaum auf dem See des Freilichtmuseums.
Um Moore ranken sich unzählige Märchen und Gruselgeschichten, düstere zumeist. Das Moor als Ort voller Nebel, Kälte und Unbehagen. Die Stimmung an diesem sonnigen Junimorgen könnte kaum gegensätzlicher sein. Und überhaupt, wie sieht ein Moor eigentlich aus? Schwarz, schlammig?
Ich sehe vor allem viel Grün. Auf den Streuwiesen blüht gerade das Mädesüß, die weißen Wölkchen duften süßlich. Abgestorbene Baumstümpfe spiegeln sich wie Kunstwerke im Wasser. See- und Teichrosen schwimmen dekorativ an der Oberfläche. Und dann diese Stille … wie wohltuend in unserer oft so lauten Welt. Diese offene Moorlandschaft muss allerdings gepflegt werden, sonst stünde hier zehn Jahre später ein Birkenwald.
Am Ende unserer Tour schwankt der Boden, auf dem wir stehen, nun doch ganz ordentlich. Es fühlt sich an wie auf einem Trampolin. Wir sind im sogenannten „Wackelwald“. Das heißt, wir stehen auf einem Geflecht von Wurzeln, die sich wie ein Netzwerk verbinden. Drunter ist nur Wasser, kein fester Boden. Wie gut, dass es helllichter Tag ist, sonst würde es mir wohl doch unheimlich werden.
Vollkommen entspannt dagegen ist der Aufenthalt im Thermal- und Moorheilbad in Bad Buchau. Das warme Wasser der Adelindistherme tut ebenso gut wie die heiße Moorpackung an unserer nächsten Station auf den Spuren des schwarzen Goldes: Bad Wurzach.
Wobei das Moor mittlerweile nicht mehr vor Ort abgebaut wird, sondern aus dem Reichermoos bei Ravensburg stammt.
Oberschwaben Sehenswürdigkeiten & Ausflugstipp #2: Auf den Spuren der Torfstecher im Wurzacher Ried
Im Wurzacher Ried wechseln wir aufs Fahrrad. Eine 22 Kilometer lange Radtour mit nur wenig Steigung bietet rund um das Ried herrliche Ausblicke auf das Wurzacher Becken sowie auf das Moor selbst.
Was kennzeichnet Moore? Vereinfacht gesagt sind das große, offene Landschaften mit viel Wasser. Bei einem Wasserüberschuss können Bakterien nicht mehr arbeiten, unter Sauerstoffabschluss stapeln sich die Pflanzen – das Moor wächst in die Höhe, ca. 1 mm pro Jahr.
Dass es in Oberschwaben besonders viele Moore gibt, hängt mit vier Eiszeiten zusammen, die die Region geprägt haben. Die Gletscher formten nicht nur Hügel, sondern auch Senken, in denen später die Moore entstanden, meist waren das verlandete Seen.
Das Wurzacher Ried ist das größte zusammenhängende und noch intakte Hochmoor in Mitteleuropa und eines der größten Naturschutzgebiete Baden-Württembergs. Ein Ort der Extreme. Wer hier lebt, egal ob Tier oder Pflanze, muss ein einzigartiger Überlebenskünstler sein. Sowie der Sonnentau, der kommt auch mit den sauren Böden zurecht.
Anders als der Name vermuten lässt, liegt ein Hochmoor nicht unbedingt in den Bergen, sondern heißt so durch die Art wie es entsteht: Abgestorbene Pflanzenteile bilden eine immer dicker werdende Torfschicht und wachsen allmählich über das Grundwasserniveau hinaus – zum Hochmoor.
Mehr als 200 Jahre wurde auch im Wurzacher Ried Torf als Brenntorf, Streutorf, Gartentorf oder Badetorf gestochen. Inzwischen hat man den unschätzbaren Wert der Moore fürs Klima erkannt und begann trockengelegte Moore zu renaturieren. Denn diese speichern weit mehr CO2 als Wälder. Überreste von Pflanzen werden dabei in Form von Torf konserviert. Und man kann hier noch sehr verschiedene Pflanzen entdecken wie beispielsweise Orchideen, Lilien, Wollgräser oder Rosmarienheide, Rauschbeere und vieles mehr.
Das Wurzacher Ried bietet auch zahlreichen vom Aussterben bedrohten Tieren optimalen Lebensraum und einen abwechslungsreichen Rückzugsort. Und Wanderern rund 20 Kilometer markierte Wanderwege, teils auf Bohlenwegen, teils auf federnden Pfaden mit faszinierenden Einblicken in diese einzigartige Naturlandschaft.
Eine ganz besondere Stimmung kann man im Ried erleben zum Sonnenaufgang, wenn der Nebel der Nacht aufsteigt oder auch im Herbst, wenn die Erika blüht.
Der kommerzielle Torfabbau im Wurzacher Ried endete 1996, die Maschinen und Gleise blieben zurück an ihren ursprünglichen Arbeitsstellen – als Industriedenkmal mitten in der Natur.
Auf den alten Gleisen befördert das Torfbähnle heute Besucher durch das Wurzacher Ried, Start- und Endpunkt ist das Torfmuseum im alten Zeiler Torfwerk.
Der Lehrpfad „Auf den Spuren der Torfstecher“ vermittelt an 12 Stationen Wissenswertes rund ums Torf. Die Strecke ist anderthalb Kilometer lang und beginnt beim Oberschwäbischen Torfmuseum.
In der ehemaligen Kantine der Torfstecher „Beim Wurzelsepp“ stärken wir uns anschließend bei typisch schwäbischen Spezialitäten wie Maultaschen oder Linsen mit Spätzle und Saitenwürsten und lassen den Tag im FeelMoor Gesundheitsresort Bad Wurzach gemütlich ausklingen.
Oberschwaben Sehenswürdigkeiten & Ausflugstipp #3: Die 1000 Jahre alten Kanäle am Stillen Bach
Still ist er nicht unbedingt, ziemlich munter plätschert der Stille Bach vom Rössleweiher hinunter nach Weingarten. Vor mehr als tausend Jahren legten die Benediktinermönche nach dem Vorbild der Südtiroler Waale ein weit verzweigtes Kanalsystem an, das aus ursprünglich 15 Weihern gespeist wurde und das Kloster mit Wasser versorgte. Was für ein Meisterwerk das zu dieser Zeit war, erzählen verschiedene Infotafeln am Spazierweg Stiller Bach.
Wir starten am Freibad, passieren das Hofgut Nessenreben und folgen dem Stillen Bach bis zur Straße. Nach der Straße gehts über die Mieswiese wieder durch den Wald bis zum Rössleweiher, in dem man auch baden darf.
Am Freibad rechts den Weg entlang, dann rechts halten vorbei am Hofgut Nessenreben. Am Waldrand links dem Weg am Stillen Bach entlang folgen, nach einem Linksbogen bis zu einer Straße.
An der Straße rechts, dann an den Wegweisern links über die Mieswiese. Im Wald rechts halten zum Rösslerweiher, dort geradeaus. Rechts halten über den Fallenstock. Vor der großen Wiese wieder rechts, einen schmalen Weg entlang. Dem Wegverlauf folgen, über eine Holzbrücke wieder bis zu einer Straße.
An der Straße nach rechts zum Parkplatz der Badestelle des Rößlerweihers, hier wieder rechts, zwischen Wiese und Weiher. Dem Weg folgen, dabei rechts halten. An der Weiherkreuzung nach links und gleich wieder links. An der Straße rechts und die nächste Möglichkeit wieder links in den Wald. Dem Weg zurück zum Freibad folgen. Nach einer Schleife auf dem selben Weg wieder zurück zum Freibad.
Oberschwaben Sehenswürdigkeiten & Ausflugstipp – Alles Wichtige auf einen Blick
Hinkommen: Als Oberschwaben wird die ungefähr ein Dreieck bildende Landschaft zwischen dem Südrand der Schwäbischen Alb, dem Bodensee und dem Lech bezeichnet. Anreise am besten mit dem Regionalexpress von Stuttgart aus (Richtung Friedrichshafen).
Übernachten:
- Thermenhotel Gesundheitsbad Bad Buchau, Am Kurpark 1, Bad Buchau, www.gesundheitsbad.de
- FeelMOOR – das Gesundheitsresort Bad Wurzach, Karl-Wilhelm-Heck Str. 12, Bad Wurzach, www.feelmoor.de
Erleben:
- verschiedene Führungen wie z.B. das Birdwatching bietet der NABU-Naturschutzzentrum Federsee, Federseeweg 6, Bad Buchau
- Naturerlebnispfad Wackelwald, 8 Stationen mit Infotafeln, Aussichtstürmen, Beobachtungsplattformen und Erlebniselementen, www.wackelwald.de
- Federseemuseum inkl. einer Fahrt im steinzeitlichen Einbaum, August-Gröber-Platz, Bad Buchau, www.federseemuseum.de
- Torfmuseum inkl. Fahrt mit der historischen Torfbahn (direkt neben dem Wurzelsepp), von April bis Oktober jeweils am zweiten und vierten Samstag im Monat, www.torfbahn.de
- Radtour Rund um das Wurzacher Ried, 22 km insgesamt (Abkürzungsmöglichkeit auf halber Strecke)
- Wandern auf dem Torflehrpfad zum Riedsee (beginnt hinter dem Museum und ist gut beschildert) oder auf dem Moor-Weg – Ried pur erleben, www.wurzacher-ried.de
- Wasserbauhistorischer Spazierweg Stiller Bach in Weingarten
- Weitere Infos: Oberschwaben Tourismus
Essen & Trinken:
- Zum Wurzelsepp (Museumswirtschaft und alte Kantine der Torfstecher), Dr. Harry-Wiegand-Str. 4, Bad Wurzach
- Culinarium Restaurant im FeelMOOR Resort, Bad Wurzach
- Martinus, Kirchplatz 4 (Parkplatz Navi: Kirchplatz 14), Weingarten, www.dasmartinus.de
Transparenzhinweis: Dieser Artikel entstand im Rahmen einer Pressereise, zu der ich von Oberschwaben Tourismus und der TMBW eingeladen wurde. Bei meinen Recherchen nutze ich gelegentlich die Unterstützung von Fremdenverkehrsämtern, Tourismusagenturen, Veranstaltern, Fluglinien oder Hotelunternehmen. Dies hat keinen Einfluss auf den Inhalt der Berichterstattung.
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