Es war eine wirklich genussvolle Reise durch das Ahrntal: Wir wanderten von Hütte zu Hütte, probierten Hausgemachtes wie Knödel und Käse, tafelten im Gourmetlokal, tranken Südtiroler Weine mit Blick auf Dreitausendergipfel, schliefen in einem außergewöhnlichen Designhotel und hörten der Ahr zu, die in schönstem Gletschergrün durchs Tal rauscht.
Wir lernten die Vorzüge von Graukäse schätzen, der im Ahrntal so was wie ein kulinarisches Wahrzeichen ist, und taufrische Konzepte wie die Gemeinwohlökonomie kennen. Hüttenwirte und Gastgeber, die ihre Region liebevoll von der besten Seite präsentieren.
Ob im Restaurant mit jahrhundertealter Tradition oder in einer der modernen Architektur-Ikonen Südtirols – was uns besonders begeisterte, sind die Leute. Sie brachten uns ihr Ahrntal nahe, so wie sie selbst sind: herzlich und authentisch.
Inhaltsverzeichnis
Hüttenwandern im Ahrntal – dem Graukäse auf der Spur mit Postkartenblick
Martha Hofer zum Beispiel, die einen der besten Graukäse im Ahrntal produziert, bereits mehrfach ausgezeichnet. In ihrer kleinen Käseküche auf dem Hirnerhof reifen etwa ein Dutzend Laibe im offenen Schrank. Probieren werden wir später, doch zunächst erfahren wir an diesem Morgen, wie dieser besondere Käse hergestellt wird.
Die entrahmte Milch wird durch den Säuerungsprozess in Quark und Molke getrennt. Nach dem Erwärmen, Abschöpfen und Salzen wird der Käse in eine Form gepresst und reift anschließend zwischen mehreren Tagen und einigen Monaten. Anfangs schmeckt der junge Graukäse mild und leicht säuerlich, in reifem Zustand eher rassig und würzig. Der manchmal grünlich-graue Edelschimmel gab ihm seinen Namen.
Früher galt der Graukäse als Arme-Leute-Essen, mittlerweile verwenden ihn Spitzenköche. Slowfood verlieh ihm sogar ein „Presidio“, die höchstmögliche Auszeichnung. Da der Graukäse nur maximal zwei Prozent Fett und viel Eiweiß hat, zudem laktosefrei ist, passt er bestens zur gesunden Ernährungsweise von Heute. Gefeiert wird der Graukäse schon lange: beim Graukäse-Festival, das alle zwei Jahre (gerade Zahlen) stattfindet oder bei den Graukäsetagen im Herbst.
Moaregg Alm – Niederhofer Alm – Gruber Alm
Mit theoretischem Basiswissen ausgestattet, fahren wir mit der Gondel hinauf auf den Klausberg zur Moaregg Alm, die Marthas Sohn und Koch Armin bewirtschaftet. Wie vielseitig Graukäse ist, davon dürfen wir uns selbst überzeugen: pur mit Zwiebeln und Essig, gerieben und geschmolzen auf Schüttelbrotnudeln oder im Knödel verarbeitet. Schmeckt immer wieder anders – und immer lecker.
Nach diesem feinen Auftakt starten wir von der Moaregg Alm unsere Hüttenwanderung. Weit bräuchten wir nicht laufen, nur wenige Meter unterhalb der Bergstation wartet die Almbodenalm. Ideal gelegen am Wasserspielplatz, einem beliebten Ausflugsziel für Familien.
Wir wandern mit leichtem Auf und Ab, teils durch den Wald, weiter zur Niederhofer Alm auf 1.603 Metern, die wir nach rund anderthalb Stunden erreichen.
Inmitten einer saftig grünen Almwiese im Naturpark Riesenferner-Ahrn serviert Hüttenwirtin Margit Fischer mit ihrer Familie selbst gemachte Spezialitäten aus der Region. Den Graukäse macht sie selbst und zwar hervorragend, egal ob man diesen eher jung oder reif bevorzugt. Das ist ja das Beste am Graukäse, man muss sich nicht entscheiden, sondern bekommt immer beides in einem Stück, da er von außen nach innen reift. Auf der Niederhofer Alm dürfen wir uns ebenfalls ein bisschen durch die Karte kosten (Tipp: das hausgemachte Vanilleparfait) – dazu gibt es hausgemachte Säfte, darunter so ausgefallene wie vom Löwenzahn.
Von der Niederhofer Alm führt ein steilerer Wanderweg in rund 30 Minuten hinauf zur höher gelegenen Gruber Alm mit herrlichem Ausblick auf die Zillertaler Alpen. Auch da gibts beste traditionelle Ahrntaler Gerichte. Wer eine Runde laufen möchte, zweigt auf halbem Weg zur Niederhofer Alm nach oben ab und kehrt zuerst auf der Gruber Alm ein.
Für den Rückweg von der Niederhofer Alm gibt es mehrere Optionen: entweder auf demselben Weg zurück zur Bergstation und mit der Gondel runter nach Steinhaus oder direkt nach St. Johann absteigen, das dauert etwa noch mal anderthalb Stunden. Von dort ist die Alm auch bestens mit dem E-Bike erreichbar. Alternativ kann man mit dem Auto von St. Johann bis zum Parkplatz Sandbichl fahren und von dort in rund 30 Minuten zur Niederhofer Alm spazieren.
Kasern – Kehreralm – Schlüichalm
In Kasern ist Schluss. Ab jetzt gehts im Ahrntal nur noch zu Fuß weiter. Für genussfreudige Wanderer ein Paradies, denn Einkehrmöglichkeiten finden sich reichlich. Da wären die Prastmann Jausenstation, die Schlüichalm, die Adleralm, die Kehreralm, die Tauernalm und noch ein paar mehr.
Verlaufen kann man sich nicht: Vom Parkplatz am Naturparkhaus wandern wir gemütlich immer leicht ansteigend bis zum Ende des Ahrntals. Unser Ziel: die Kehreralm – eingebettet in die Berglandschaft von drei Seiten. Was für eine grandiose Kulisse zum Rasten! Hüttenwirtin Sigrid Pörnbacher und ihre beiden Töchter verwöhnen die Wanderer hier mit almtypischen Gerichten wie Speck, Käse, Knödel und Gerstensuppe sowie selbst gebackenem Kuchen. Eine so köstliche Schokoladentarte habe ich auf einer Almhütte noch nie gegessen.
Von der Kehreralm könnten wir noch ein Stückchen weiter bergauf steigen zur Lahner Alm, doch wir kehren (aus Zeitgründen) wieder um und laufen talauswärts auf demselben Weg zurück. Immer begleitet vom Rauschen der Ahr, von fotogenen Hütten, blühenden Wollgraswiesen und natürlich den schroffen Felsgipfeln. Eine Genusstour im wahrsten Sinne.
Einen kleinen Schlenker machen wir noch zur Schlüichalm. Diese liegt sehr idyllisch in Kasern, oberhalb der Heilig-Geist-Kirche, malerisch eingebettet in die Ahrntaler Berge. Bewirtschaftet wird die Schlüichalm von Rosa Steger und ihren zwei Schwestern Ida und Rita, den Schlüichmädls – mit viel Charme und echtem Almhüttenfeeling. Bereits mehrfach wurde Rosa zur “Coolsten Hüttenwirtin im Ahrntal” gekürt.
Auf der kleinen, aber feinen Karte stehen auch in der Schlüichalm hausgemachte, traditionelle Ahrntaler Spezialitäten wie Knödel und der Graukäse. Vor allem die Brennnesselknödel mit Graukäse-Sauce sind bei den Gästen äußerst beliebt. Aber auch uralte Gerichte wie das Melchamüis, dessen Rezept Rosa von ihrer Großmutter lernte, bietet die junge Köchin (auf Vorbestellung) an.
Von der Schlüichalm sind es noch knapp 45 Gehminuten zurück zum Parkplatz am Naturparkhaus.
Gut essen im Ahrntal: Genuss frisch vom Feld, vom Nachbarhof und von den Almen
Nicht nur am Berg, auch im Tal haben wir auf unserer Genussreise zwischen Sand in Taufers und Kasern sehr gut gegessen. Jedes der Lokale ist auf seine Art unverwechselbar, das hat das Ganze noch spannender gemacht.
In Sand in Taufers waren wir zu Gast beim Drumlerhof. Vor dem Essen lädt Gastgeber Stefan Fauster uns ein, den Garten anzuschauen. Taufrisch nennt sich das Projekt und ist kein gewöhnlicher, sondern ein Eco-Gemeinschaftsgarten am Ortsrand, den aktuell zehn Tauferer Hoteliers und Gastronomen zusammen bewirtschaften. Mehr als 300 Sorten bauen sie dort an: alte, lokale Gemüsesorten, Kräuter und Blumen, die nicht nur dekorativ, sondern zudem nützlich für Insekten sind. Die Ernte kommt frisch vom Feld auf den Tisch in den Mitgliedsbetrieben von Taufrisch.
So auch bei unserem Abendessen in der alten Stube des Drumlerhofes, der bereits seit dem 16. Jahrhundert in Familienbesitz ist. Auf den köstlichen Salat folgen weitere lokale Spezialitäten wie selbst produzierter Speck (vom eigenen Hof) und Wein, Ravioli mit roter Bete und ein perfekt auf den Punkt gebratenes Rinderfilet. Das krönende Finale: ein Schokotraum.
Im Restaurant Stochas in Bruggen fühlen sich Einheimische und Gäste gleichermaßen wohl. Chefkoch Manuel Hofer, dessen Familie das gegenüber liegende Hotel Sonnleiten betreibt, verleiht den traditionellen Ahrntaler Gerichten eine eigene, kreative Note, inspiriert von seiner Zeit als Koch in verschiedenen Gastronomiebetrieben im Ausland.
Die New Style Kostproben als Auftakt des Menüs haben uns ebenso gut gefallen wie das Dry Aged Beef – das 1,2 Kilo-Stück (für zwei) von der Hohen Rippe war perfekt gegart und butterzart. Natürlich, es ginge auch eine Nummer kleiner, aber manchmal muss es halt die große Portion sein 😉 Dafür haben wir Vorspeise und Dessert weggelassen, obwohl die Karte sich sehr verführerisch liest.
Stochas heißt so viel wie Steinhaus. Obwohl anstatt von Steinen zunächst nur eine Glasfassade zu sehen ist, die von Massivholzbalken unterbrochen wird und wie die moderne Interpretation eines Fachwerkhauses wirkt. Ein Highlight ist die große Dachterrasse, auf der wir den Abend mit einem Glas Lagrein ausklingen lassen.
Last but not least: Im Bühelwirt, unserem Domizil im Bergdorf St. Jakob, haben wir ebenfalls sehr gut gegessen. Die Zutaten, die Küchenchef Michi Moser verwendet, stammen von den Nachbarhöfen und Almen im Tal. Und natürlich hat Sommelier Matthias Haller auf der Karte die passenden Südtiroler Weine dazu ausgewählt. Bioqualität, versteht sich. Gekocht wird nur für Hausgäste, doch wir empfehlen ohnehin, sich gleich für ein paar Tage dort einzuquartieren.
Ahrntal Hotel Bühelwirt, St. Jakob: Reduktion aufs Wesentliche
Wenn man nichts mehr weglassen kann, ist ein Text perfekt. In der Architektur scheint das ebenso zu sein, denn genau das haben die Bühelwirte Michaela und Matthias Haller gemacht.
Die Einrichtung: schlicht und edel. Alles, was man braucht, ist vorhanden. Aber nicht mehr. Keine Minibar, kein Pool. Beides haben wir nicht vermisst, die Panorama-Sauna mit Blick ins Grüne umso mehr geschätzt.
Kommt man an, sieht man zunächst das andere, das alte Gesicht des Hauses. Mehr als hundert Jahre alt, thront neben der Kirche auf dem Hügel das Stammhaus, das einst die Urgroßmutter der heutigen Gastgeberin eröffnete. Vor ein paar Jahren entschieden die Bühelwirte sich für einen modernen Anbau.
Und wie modern: Schwarz, kantig und doch erstaunlich harmonisch fügt sich der neue Teil des Hauses in die Berglandschaft ein. Wahrscheinlich auch, weil Materialien verwendet wurden, die in der Umgebung vorkommen. Etwas Mut brauchte es allerdings schon, die Pläne der visionären Pedevilla-Architekten (die übrigens auch die Idee für die ungewöhnliche Fassade des Drumlerhofes hatten) umzusetzen. Gelohnt hat es sich, angesichts mehrerer Design-Preise.
Der Bühelwirt ist ein Bio-Hotel. Das heißt unter anderem, das fast ausschließlich Biolebensmittel verwendet werden, auf die regionale Herkunft geachtet und ökologische Materialien verwendet werden.
Forest Picnic beim Eggemoa
Sie heißen Birke, Belsy, Safira, Simba oder Wicky und fühlen sich am wohlsten in der frischen Bergluft. Wenn immer das Wetter passt, grasen die 15 braunen Kühe vom Eggemoa draußen. Im Winter bekommen sie Heu zu fressen, keine Silage. Das Ergebnis: wunderbar schmackhafte Rohmilchkäse, die Namen tragen wie Carbo, Floralpina, Candidum und Silva sowie das Aroma der heimschen Kräuter.
2001 begannen die Steiners damit, auf dem Familienhof in Mühlwald im Ahrntal selbst Käse zu produzieren, nachdem sie die Milch lange Zeit an die Molkerei lieferten. Seit ein paar Jahren empfängt ein schicker Neubau die Gäste hier oben auf 1.300 Metern Höhe. Vom lichtdurchfluteten Verkostungsraum kann man sowohl nach draußen in die Natur schauen als auch in die Käseproduktion nebenan durch die großen Fenster.
Wer will, kann hier verkosten und Käse kaufen und dazu ein Glas Südtiroler Wein oder Bier genießen. Wir haben uns für das Forest Picnic entschieden und bekommen einen gut gefüllten Korb mit verschiedenen Eggemoa-Käse, Brot, Almbutter, Marmelade, Gemüsesticks mit Frischkäsedip, Bergapfelsaft und Bier. Und einen Tipp, wo wir das Ganze am Schönsten genießen – entweder auf den Bergwiesen rund um den Hof oder unten im Mühlwalder Tal am Bach, wo wir ein schönes Plätzchen gefunden haben. Lecker wars 🙂
Naturspektakel Reinbachwasserfälle
Spektakulär. Anders kann man es nicht nennen, wie die Reinbachwasserfälle ins Tal donnern, besonders an der dritten und obersten Kaskade. Sprühnebel hüllt uns sekundenschnell ein als ein Windstoß die Gischt in Richtung der Holzbrücke treibt. Im sich brechenden Licht erscheint ein Regenbogen – was für ein Naturschauspiel. Dafür lohnt sich der teils etwas steile, knapp einstündige Weg von unten allemal. Wem das zu anstrengend ist, der kann aber auch vom Gasthof Toblhof wenige Meter absteigen und nur bis zur dritten Stufe laufen.
Alle anderen dürfen sich nach der Anstrengung auf feine Ahrntaler Spezialitäten im Toblhof freuen, unser Tipp: die hausgemachten Knödel mit Früchten der Saison wie Erdbeer- oder Marillenknödel.
Insgesamt sind es drei Wasserfälle, zwischen zehn und vierzig Meter hoch – und weit über das Ahrntal hinaus bekannt. Besonders schön sind die Reinbachfälle, die im Naturpark Riesenferner-Ahrn liegen, im Frühjahr und Sommer, wenn das Schmelzwasser aus den Bergen kommt.
Zurück zum Ausgangspunkt kommt man am besten ab dem Toblhof auf dem Wanderweg 2A Richtung Sand in Taufers.
Ahrntal (Südtirol) – Tipps & alles Wichtige auf einen Blick
Hinkommen:
Mit der Bahn (über München und den Brenner) bis Bruneck mit Umstieg in Franzensfeste. Ab Bruneck dann weiter mit dem Ahrntal-Bus oder dem Südtirol Transfer.
Mit dem Auto über die Brennerautobahn nach Südtirol bis zur Ausfahrt Brixen/Pustertal, dann weiter über die Staatsstraße ins Pustertal bis nach Bruneck. Dort ins Ahrntal abbiegen.
Übernachten:
Hotel Bühelwirt, Am Bühel 30, St. Jakob, www.buehelwirt.com
Die Gästekarte Guest Pass museumobil (gibts kostenlos u.a. im Bühelwirt bei der Anreise) kombiniert die freie Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel in ganz Südtirol sowie je einen freien Eintritt in die teilnehmenden Museen.
Essen & Trinken:
- Drumlerhof, Rathausstraße 6, Sand in Taufers, www.drumlerhof.com
- Restaurant Stochas, Bruggen 2, www.stochas.it
- Moaregg Alm, Klausberg an der Bergstation der Kabinenbahn, Steinhaus
- Niederhofer Alm, Gföllbergstrasse 32, St. Johann
- Gruber Alm, St.Johann
- Kehreralm, Kasern, www.kasern.com
- Schlüichalm, Kasern, schluichalm.eatbu.com
- Hofkäserei Eggemoa, Hauptort 53, Mühlwald, www.eggemoa.com
- Toblhof, Reintalstraße 42, Sand in Taufers, www.toblhof.it
- Brauerei GustAhr, Ahrn 87, St. Johann, www.gustahr.com
Aktivitäten im Ahrntal Südtirol – unsere Tipps:
- Hüttenwandern: Übersicht aller Hütten und Almen im Ahrntal
- Naturparkhaus Riesenferner-Ahrn, Rathausplatz 9, Sand in Taufers, (April und November geschlossen) sowie Naturpark-Info in Kasern am Talschluss
- Reinbachwasserfälle: Parken und Start der Wanderung am Cascade-Bad
- Graukäse für zu Hause kaufen: DeSpar Martin Pircher, Sand in Taufers, Hugo-von-Taufers-Str. 7
- Burg Taufers, Burg Taufers Weg 4, Sand in Taufers, www.burgeninstitut.com
- Bergbaumuseum Prettau mit Klimastollen, Hörmanngasse 38a, Prettau, www.landesmuseen.it
- Weitere Infos: www.ahrntal.com
- Weiterlesen: Hier sind 9 Gründe, warum wir Südtirol so lieben.
Transparenzhinweis: Die Reise erfolgte auf Einladung des Tourismusvereins der Region Ahrntal. Bei meinen Recherchen arbeite ich zum Teil mit Tourismusverbänden, Veranstaltern und Hotels zusammen. Auf Art, Inhalt und Umfang meiner Artikel hat dies keinen Einfluss, meine Meinung bleibt wie immer die eigene.