Amsterdam? Zu überlaufen. Wir hätten stattdessen eine bessere Idee: Fahr doch mal in eine der bezaubernden Kleinstädte in Holland? Genauer: in Südholland.
(Enthält Werbung) Warum nach Amsterdam reisen, wenn gleich nebenan alles wartet, was man sich von einer Städtereise wünscht. Mehr noch: In Leiden, Katwijk und Co. könnt ihr Shopping, gutes Essen und Kultur nach Lust und Laune mixen – Strandfeeling gibt’s obendrauf. Und das Ganze so was von entspannt, dass die Dänen glatt neidisch werden.
Es ist doch so: Alle schimpfen über Overtourism – und fahren dann doch dahin, wo die Massen sind.
Dabei gibt es dort, wo die Herde nicht weilt, genau das, was viele Reisende suchen: das Authentische. Einheimische, die nicht (zurecht) genervt, sondern unendlich gastfreundlich sind und gerne ihre Lieblingsorte zeigen. Nette Lokale, in denen Gutes frisch und günstig auf den Tisch kommt anstelle von Touristennepp.
Optionen für jeden Geschmack: Küste u n d Kultur – nicht oder. Dank der kurzen Wege passt das sogar ganz bequem in einen Wochenendurlaub.
In Südholland haben wir ein solches Fleckchen Erde gefunden: Leiden, Katwijk, Nordwijk, Wassenaar und Oegstgeest – fünf zauberhafte Kleinstädte, auf halbem Weg zwischen Amsterdam und Den Haag.
Lust auf eine lekker Tour? Los geht’s!
Mit der Bahn brauchen wir weniger als eine halbe Stunde von Amsterdam bis Leiden. Unser Hotel liegt direkt neben dem Bahnhof, bis ins Zentrum sind es nur fünf Minuten zu Fuß. Bis zur Nordsee etwa zehn Kilometer Luftlinie. An klaren Tagen lässt sich das Meer vom Restaurant in der 12. Etage aus sehen.
Doch selbst wenn das Wetter nicht mitspielt, schmeckt der Lunch mit dieser Aussicht doppelt gut im Twelve Restaurant.
Inhaltsverzeichnis
Leiden in Holland – Grachten und Genuss
Die schönste Art, Leiden zu entdecken? Vom Wasser aus. Davon gibt es reichlich, ganze 28 Kilometer lang zieht sich das Grachtennetz durch die Stadt. Besonders fotogen: die vielen Brücken. Insgesamt 88, weiß der Kapitän von Bootjes en Broodjes, mit dem wir bei Glühwein und Keksen durch diesen Winternachmittag schippern.
Immer wieder müssen wir die Köpfe einziehen, die niedrigste Brücke misst nur 1,20 Meter über dem Wasserspiegel.
Im alten Hafen schaukeln Segel- und Frachtschiffe aus längst vergangenen Zeiten, die nun ein zweites Dasein als Hausboot fristen. Anders als früher, wo das Wohnen auf dem Wasser als Armutszeichen galt, sei das kein billiges Vergnügen, meint der Käptn.
Romantisch erscheint es auf jeden Fall und beliebt ist es ebenso. Viele der schwimmenden Häuser ähneln kleinen Bungalows mit Terrassen, bloß halt mit einem Hauch von Freiheit. Große Fenster zur Wasserseite geben den Blick frei, nach draußen und drinnen.
Während wir mit dem Elektroboot beinahe lautlos durch die Kanäle gleiten, erfahren wir so manche Story über die Stadt und ihre Geschichte.
Leiden war im Mittelalter ein zentraler Verkehrsknotenpunkt. Hier kreuzten wichtige Handelswege auf dem Land und Wasser. Prächtige Kaufmannshäuser zeugen noch heute davon.
Einer der bekanntesten Maler des 17. Jahrhunderts wurde hier geboren: Rembrandt. Kaum ein anderer verstand es so gut, durch spezielle Farbkombinationen und Materialien Wasser und Feuer täuschend echt darzustellen.
Ein Kurzfilm lohnt den Abstecher ins etwas abseits dem Zentrum gelegene Rembrandt Young Studio, selbst wenn es in seinem ehemaligen Atelier sonst nicht viel mehr zu sehen gibt.
„Oh ja, Leiden ist so bezaubernd, da könnt ihr herrlich bummeln und shoppen“, schwärmt die KLM-Stewardess, der wir ein paar Insidertipps entlocken wollen. Sie hat nicht übertrieben, es macht Spaß, sich durch die Gassen treiben zu lassen mit kleinen Geschäften, die es nicht an jeder Ecke gibt.
Häuser, mal pittoresk, mal mondän, geben als Gesamtkunstwerk tolle Fotomotive ab. Alle paar Schritte locken ein Café, Restaurant, Bistro, eine Chocolaterie oder Brasserie zum Einkehren – eins gemütlicher als das nächste.
Südholland als kulinarisches Reiseziel? Unbedingt, das werden wir in den nächsten Tagen immer wieder feststellen.
An diesem Abend essen wir im Restaurant Leidse Waag. Wie der Name schon sagt, mussten die Händler hier einst ihre Waren wiegen lassen. Die Waagen hingen an der Seite des Gebäudes, dessen Lagerhallen-Charakter auch heute bewusst betont wird.
Was richtig cool rüberkommt: die hohe Decke, warm wirkende Leuchten, riesige Grünpflanzen, die das Stimmengewirr angenehm dämpfen, blanke Holztische und chillige Musik. Kurz: rustikal und saugemütlich.
Die Küche begeistert uns ebenfalls mit einfallsreichen, modernen Gerichten wie geräucherte Rote-Bete mit Avocado oder auf den Punkt gegartes Thunfischsteak. Dazu schmeckt das frisch gebackene Waag-Brot mit Dip. Extrapunkte gibt’s für die Weinkarte, die eine gelungene Auswahl zu sehr genussfreundlichen Preisen offeriert.
Katwijk aan Zee – von der Hering-Hauptstadt zum beliebten Badeort an der Nordsee
Am nächsten Morgen fahren wir an die Nordsee ins ehemalige Fischerdorf Katwijk, nur einen Katzensprung von Leiden entfernt. Die Hering-Hauptstadt der Niederlande, wie Nicoline sagt, mit der wir an diesem Vormittag verabredet sind, um mehr über den Katwijker Fisch zu erfahren.
Jahrhundertelang sind die Fischer von hier weit hinaus aufs Meer gefahren, um Heringe zu fangen. Ihr Großvater war einer von ihnen. Heute führen die Schuitemakers drei Läden, drei Restaurants und einen Großhandel in der Region.
Interessanterweise hatten die Katwijker zwar die größte Schiffsflotte, aber nie einen Hafen. Brauchten sie auch nicht, denn die kleinen, flachen Boote zogen sie mit Pferden aus dem Wasser. Später nutzten sie den Hafen im benachbarten Scheveningen.
Seit dem Heringfangverbot 1977 landen auch Kibbeling (Kabeljau) und begehrte Plattfische wie Seezunge und Scholle, die ebenfalls in den nährstoffreichen Küstengewässern der Nordsee leben, in den Netzen der Katwijker Fischer.
Heute leben nicht mehr viele vom Fischfang. Statt Lager- und Kühlhäuser reihen sich schmucke Wohnhäuser am Nordsee-Boulevard – Katwijk aan Zee hat sich in einen beliebten Badeort verwandelt.
Kleine Holzfässer, in denen früher die Heringe über den Winter in Salz eingelegt waren, und die Fotos an den Wänden in Nicolines Vis-Winkel erinnern an die mehr als hundert Jahre alte Familientradition.
Mitarbeiter Arie zeigt uns, wie ein Fisch fachgerecht filetiert wird und woran man erkennt, dass dieser frisch ist. Als Einkäufer wählt er morgens unter anderem bei der Scheveninger Fischauktion aus, was nur Stunden später bei Schuitemakers in der Theke oder auf dem Teller liegt.
Natürlich dürfen wir auch probieren: Petersfisch, Dorade und Seebrasse – pur mit ein paar Spritzern Zitrone, mit Soja, Wakame und Wasabi. Sashimi, wie die Japaner sagen. Wieder einmal wird klar: Je besser das Produkt, desto weniger Drumherum braucht es für höchsten Genuss.
Und was ist mit dem Hering? Sashimi geht auch lokal. Statt hauchdünn aufgeschnitten, als dicke Scheiben mit fein gehackter Zwiebel … wow. Cremig und zart zergeht der Fisch beinahe auf der Zunge. Was für ein Unterschied zu dem, was bei uns oft zwischen zwei Brötchenhälften klemmt.
Die Nordsee ist ruhig an diesem Wintertag, gleichförmig rollen die Wellen aus. An Land fegt der Wind dunkle Wolken weg. Gelegentlich schickt die Sonne ein paar Strahlen auf die Oude Kerk von Katwijk, deren Weiß gleich noch viel stärker leuchtet.
Auf dem Dünenweg spazieren wir am Nordseeboulevard entlang, inhalieren die von Salz und Jod getränkte Luft. Von Katwijk könnten wir in weniger als zwei Stunden am Meer bis nach Nordwijk laufen (und täten das auch gern, wenn wir mehr Zeit hätten).
Tatsächlich würde es wohl aber viel länger dauern, denn am Strand lauern zahlreiche Versuchungen: Strandpavillons. Für uns sind diese gemütlichen Dünen-Restaurants an der niederländischen Küste schon ein Grund für sich, herzukommen. Und zwar nicht nur im Sommer.
Was gibt es Schöneres als sich an einem knackig-kalten Tag klare Winterluft um die Nase wehen zu lassen und anschließend am knisternden Kaminfeuer ein leckeres Sandwich zu genießen – mit Blick auf die See.
Dank der großzügigen Fenster im Surf & Beach verschmelzen drinnen und draußen, es ist kuschlig warm und die Sessel so bequem, dass wir am liebsten den ganzen Nachmittag mit Aufs-Wasser-schauen verbringen möchten.
Wassenaar – Bier und Bilderbuchflair
Vier Städte in drei Tagen. Klingt nach Stress, ist es aber nicht in Südholland. Eben noch am Nordseestrand, sind wir eine halbe Stunde später schon ganz bequem in Wassenaar, einer zauberhaften Kleinstadt südlich von Leiden.
Doch zuerst stoppen wir noch kurz bei Crooked Spider im Gewerbegebiet an der Einfahrtsstraße. Hier richtet Niels gerade seine Mikro-Brauerei ein. Bei unserem Besuch sind die Räume zwar noch leer, doch nach den Plänen des jungen Braumeisters kann man hier schon bald tiefer ins Bierbrauen eintauchen und natürlich auch passende Events besuchen.
Dass er etwas davon versteht, beweisen Auszeichnungen, die seine Biere bereits erhalten haben, besonders das fast schwarze, schokoladig und malzig schmeckende Russian Imperial Stout.
Inzwischen ist es dunkel geworden, doch genau das verleiht Wassenaar einen ganz besonderen Charme. Wir bummeln durch Straßen mit Fischgrätpflaster, die aus einem historischen Roman entsprungen sein könnten.
Straßenlaternen und hell erleuchtete Fenster setzen Details in Szene, an denen man vielleicht sonst vorbei gehen würde: eine kunstvolle Haustür, den Glockenturm am Rathaus, das einladende Flair der kleinen Boutiquen, Restaurants und Kneipen.
Würde uns nicht wundern, wenn jetzt auch noch Mary Poppins herbei schwebt.
So charmant wie das Bistro am Plein 14, wo wir zu Abend essen. Da es anfängt zu nieseln, sind wir etwas früh dran – und bekommen einen besonders schönen Tisch am Fenster.
Und während wir überlegen, welches der Gerichte wir am liebsten probieren würden, macht Chef des Haues einen Vorschlag ganz nach unserem Geschmack: „Wie wär’s, wenn ihr von allem ein bisschen probiert?“. So wurden aus dem geplanten 3-Gänge-Menü kurzerhand neun Kostproben quer durch die Karte – ein Traum von Ceviche bis zum getrüffelten Steak.
Als wahre Kunstwerke kommen die Desserts daher: die Malerpalette mit schwarzer Zitronentarte ebenso wie die mit Kokosschaum gefüllte Badewanne.
Oegstgeest – eet smakelijk
In den dritten und letzten Tag starten wir mit einem Frühstück in der Villa Beukenhof in Oegstgeest, deren Ambiente alles andere als gewöhnlich ist.
Jede Ritze des mehr als 500 Jahre alten, verwinkelten Gebäudes verströmt einen individuellen Charakter – mal mondän, mal gemütlich wie im eigenen Wohnzimmer. Im Sommer sicher auch im lauschigen Garten unter der 200 Jahre alten Buche.
Glaubt man den Fotos an den Wänden, gab es in der Vergangenheit wohl wenige Promis aus dem Showgeschäft, die hier nicht zu Gast waren.
Oegstgeest und Leiden sind Nachbarstädte, die praktisch ineinander übergehen. Und doch ganz unterschiedlich sind. Oegstgeest wirkt eher ländlich, ohne provinziell zu sein.
Im Park rund um das ehemalige Landschloss Oud-Poelgeest könnt ihr zum Beispiel schöne Spaziergänge unternehmen, drinnen gibt es ein Café. Oder ein Boot mieten und durch die schmalen Kanäle im Hinterland der Küste schippern, vielleicht bis nach Katwijk aan Zee. Haben wir beides leider nicht geschafft, würden dafür aber jederzeit noch mal wiederkommen.
Nicht entgehen lassen wir uns den Kaffee bei De KoffieMeulen. Inhaberin Karen teilt nicht nur gern ihr Wissen um die besten Bohnen, sondern zeigt auch gern wie ein perfekter Kaffee zubereitet wird. Und serviert diesen mit viel Liebe garniert, auf Wunsch mit ihren köstlichen handgemachten Pralinen. Die sehen so kunstvoll aus, dass man sich kaum traut, sie zu vernaschen.
Küste & Kultur
Ganze 13 Museen könnten wir besuchen in und um Leiden, die Auswahl fällt wirklich schwer: Rijksmuseum, Museum Volkenkunde, Molenmuseum, Leids Wevershuis und so fort.
Ein Highlight ist sicher das Corpus. Bei der 50-minütigen Tour reisen wir einmal durch den menschlichen Körper. Schlüpfen durchs Knie in unser Innerstes, rasen mit roten Blutkörperchen durch die Adern und nehmen mit allen Sinnen wahr, was uns täglich so selbstverständlich vorkommt: Unser Körper ist nicht weniger als ein Wunderwerk.
Wer will, kann locker einen halben Tag im Corpus verbringen und im interaktiven Teil der Ausstellung wahrscheinlich mehr lernen als im gesamten Bio-Unterricht zusammen.
Viel zu schnell verfliegt die Zeit. Doch wir können nicht abreisen, ohne die nach Matjes und Käse vielleicht typischste holländische Spezialität: Bollen.
Die Kroketten sind Teil des beliebten Lunch-Trios mit Tagessuppe und Sandwich im Hemels-Bistro in Oegstgeest, wo um die Mittagszeit kaum noch ein freier Platz zu finden ist.
Es hat sich herumgesprochen, dass der Chef nicht nur frisch kocht, sondern auch ein Faible für beste Zutaten aus der Region hat. Und dafür nimmt man sich auch unter der Woche gern ein bisschen Zeit für die Mittagspause.
Kein Wunder, dass hier alle so entspannt sind: Das ist hygge auf holländisch.
Infos und persönliche Tipps
Hinkommen: Mit dem Flugzeug (oder Bahn, wer z.B. in NRW wohnt) via Amsterdam. Von Schiphol aus fahren alle 15 min Züge nach Leiden, Fahrzeit ca.20 min.
Übernachten: Fletcher Wellness Hotel Leiden, Bargelaan 180, Leiden, twelveleiden.nl
Erleben:
- Grachtenbootsfahrt mit Bootjes en Broodjes, Blauwpoortsbrug 1, Leiden, bootjesenbroodjes.nl (Tickets und Treffpunkt am pittoresken Brückenhäuschen auf der Blauwpoortsbrug)
- Young Rembrandt Studio, Langebrug 89, Leiden, www.leiden.nl/youngrembrandt
- Corpus, Willem Einthovenstraat 1, Oegstgeest, www.corpusexperience.nl
Essen & Trinken:
- Waag Leiden, Aalmarkt 21, Leiden, waagleiden.nl
- Schuitemaker Viswinkel, Voorstraat 9, Katwijk aan Zee, schuitemaker-vis.nl
- Strandpavillon Surf & Beach, Boulevard Zeezijde 9, Katwijk aan Zee, surfenbeach.nl (Parken könnt ihr in der unterirdischen Parkeergarage Boulevard direkt an der Nordsee)
- Bier-Tasting bei Crooked Spider, Rijksstraatweg 60, Wassenaar, crookedspider.com (bitte anmelden)
- Bistro Plein 14, Plein 14, Wassenaar, bistroplein14.nl
- Villa Beukenhof, Terweeweg 2-4, Oegstgeest, villa-beikenhof.nl
- De Koffiemeulen, De Kempenaerstraat 26A, Oegstgeest, dekoffiemeulen.com
- Landgoed Kasteel Oud-Poelgeest, Poelgeesterweg 1, Oegstgeest, kasteeloudpoelgeest.com
- Brasserie Hemels , Terweeweg 5c, Oegstgeest, brasseriehemels.nl
Allgemeine Infos:
- Leiden: visitleiden.nl/de
- Noordwijk: noordwijk.info/de
- Katwijk: vvvkatwijk.nl/de
- Wassenaar: wassenaar.nl
- Oegstgeest: terugnaaroegstgeest.com
Autovermietung (1 min vom Hotel zu Fuß): Inqar HuurMij, Pesthuislaan 8, Leiden
Die Reise erfolgte in Kooperation mit Küste & Kultur. Bei meinen Recherchen arbeite ich zum Teil mit Tourismusverbänden, Veranstaltern und Hotels zusammen. Auf Art, Inhalt und Umfang meiner Artikel hat dies keinen Einfluss, meine Meinung bleibt wie immer die eigene.