Ein Wochenende in Hamburg. Weder Musical noch Einkaufen auf dem Programm, stattdessen einfach mal schauen, was die Stadt mit uns so anstellt.
Ankunft am Samstagmorgen, halb neun, Frühstück wäre jetzt nicht schlecht. Die Idee mit dem Fischmarkt fällt aus, der findet nur sonntags zwischen 5 und 9.30 Uhr statt. Auch Plan B, gleich um die Ecke, platzt – geschlossen wegen Betreiberwechsel.
Also gut, dann eben in der Langen Reihe im Stadtteil St. Georg, auf dem Weg in unser Hotel.
Oder ganz anders: Hinterm Hauptbahnhof entdecken wir Mutterland. Das Delikatessengeschäft verkauft ausschließlich Produkte von deutschen Manufakturen. Frühstück und einen letzten freien Tisch gibts auch – perfekt. Die Wände mit schwarzer Tafelfarbe und Bauernhofidylle in Form von Kreidekritzeleien versprechen: Hier fühlst du dich wie früher bei Mutti zu Hause. Na dann, einmal Rührei mit Nordseekrabben und einen Stolzen Hahn (Landei mit Hofkäse auf Bauernbrot), die in XXL-Größe auf den Tisch kommen. Es schmeckt köstlich.
Das Treppenviertel in Blankenese mit seinen 5.000 Stufen dient als Aktivprogramm bis zum Mittagessen – vom Waseberg oder vom Süllberg bis zum Elbestrand und wieder zurück durch verwinkelte Gassen. Dass auf dem Weg mehr als eine kulinarische Heimsuchung lauert, geschenkt. Eine davon ist der Fischclub Blankenese, direkt auf dem Fähranleger. Mehr am Wasser geht nicht, wir sitzen quasi auf der Elbe. Der Fisch ist superlecker, der Teller auch hier reichlich beladen. Draußen ziehen Containerschiffe an uns vorbei, in der Sonne glitzert das Wasser und der Ponton schaukelt ganz sanft.
Zurück in der Stadt ein Stopp im Gängeviertel, einem alternativen Sanierungsprojekt in Hamburg. Im Grunde geht es darum, die letzten Häuser des ehemaligen Armenviertels aus dem Mittelalter und damit ein Stück Hamburger Geschichte zu erhalten und neu zu beleben. Das erste Haus der Kupferdiebe ist seit Anfang 2015 fertig saniert. Komm in die Gänge, steht an den Häusern. Einladend sieht das Viertel aber noch lange nicht aus und das liegt nicht nur am Baustellencharakter.
Der Gegenentwurf städtischer Architektur wartet in der Hafencity darauf, dass Leben einzieht. Kreuzfahrtschiffe wie die Queen Mary legen hier an, Geschäfte und Restaurants entstehen. Zehntausend Menschen sollen hier wohnen, wenn alles fertig ist und noch mal so viele werden hier arbeiten. Ob sich der Ghettocharakter verliert und wirkliches Leben einzieht, frage ich mich, als wir auf dem menschenleeren Überseeboulevard laufen.
Eine großartige Kulisse gibt die U-Bahn-Station Hafencity schon jetzt ab, nicht nur für Modenschauen oder Events. Jeweils zur vollen Stunde startet eine Lichtshow mit klassischer Musik.
Was eignet sich besser für den stilgemäßen Übergang in den Abend als ein Drink mit Blick auf Hamburg? Von oben. Das 20up öffnet um 18 Uhr, mit uns haben schätzungsweise zweihundert andere dieselbe Idee. Fenstertische reserviert man besser im Voraus, aber auch in der zweiten Reihe sehen wir gut. Beim Green-Apple-Martini startet unter uns das Liveprogramm: Umkehrmanöver eines Aida-Schiffes im Hafenbecken. Schon beeindruckend.
Um die Ecke in der Davidstraße, im Copperhouse, wird abends zum Buffet live gekocht. Jeder nimmt sich Fisch, Fleisch oder Gemüse und bringt es zum Koch, der die rohen Zutaten brät. Beim Zuschauen wandern die ersten Sushi-Stücke genüsslich in den Mund. Kleinere Mägen können selbstverständlich à la carte bestellen, anscheinend waren aber nur die großen anwesend an diesem Abend.
Die Nacht gehört St. Pauli und kann durchaus gesittet verlaufen. Zum Beispiel mit Erwin beim Nachtwächterrundgang auf dem Kiez.
Eins gleich vorweg: Wir haben es nicht geschafft. Weder durchzumachen, noch am Sonntag gegen fünf in der Früh aus dem Bett zu kriechen und auf den Fischmarkt zu gehen. Stattdessen ein gemütlicher Spaziergang an der Alster und ein ausgiebiger Sonntagsbrunch, Zeit für die Speicherstadt mit Besuch der Kaffeerösterei, wo eine Latino-Live-Band spielte – und eine Stadtrundfahrt mit der U-Bahn. Richtig gelesen: Die U3 fährt ringförmig ab und bis Barmbek fast immer oberirdisch durch Stadtteile wie St. Pauli, Eppendorf oder Winterhude. Mit der Hamburg Card kostet der Spaß keinen Cent. Zur Tour gibt’s einen Audioguide fürs Handy als Download.
Mutterland
Laden und Lokal mit heimischen Produkten aus kleinen und mittleren Manufakturen.
Ernst-Merck-Straße/Kirchenallee (St. Georg), www.mutterland.de
Fischclub
Regionale und mediterrane Fischgerichte, dazu maritimes Flair direkt auf der Elbe.
Nicht ganz günstig, aber den Preis wert.
Strandweg 30a (Blankenese), ab 11 Uhr, www.restaurant-fischclub.de
20up
Spektakuläre Aussicht auf Hamburg und den Hafen: Skyline-Bar im 20. Stockwerk des Empire Riverside Hotel
Bernhard-Nocht-Straße 97 (St. Pauli), ab 18 Uhr, www.empire-riverside.de
Copperhouse
Chinesische Küche à la carte und Live Cooking & Buffet
Davidstraße 37 (St Pauli), ab 12 Uhr, www.copperhouse.de
Die Recherche für diesen Artikel wurde teilweise unterstützt von Hamburg Tourismus.