Nur noch am Tresen sind Plätze frei, steht in der Antwort-Mail von The Test Kitchen. Über Monate im Voraus ausgebucht; da haben wir ja richtig Glück mit unserer Fünf-Wochen-vorher-Anfrage im derzeit wohl angesagtesten Restaurant Südafrikas.
Klar, wir nehmen die Plätze – und: Für uns sind es definitiv die besten im ganzen Lokal. Wir sitzen so nah am Geschehen, dass wir den Jungköchen die Sachen von den Tellern stibitzen könnten. Von hier aus lässt sich vorzüglich der komplette Küchenbereich mit all seinen Arbeitsabläufen beobachten.
Begehrte Plätze: 5 Monate im Voraus ausverkauft
Das ist genauso spannend, wie das Essen selbst. Der Souschef gibt kurze Ansagen (für uns unverständlich, weil codiert) die von denen, die’s betrifft, mit einem knappen “Que!” quittiert werden – und los geht’s. Jeder Handgriff sitzt, das Zusammenspiel vom Posten bis zum Service klappt unter den wachsamen Augen des Chefs Luke Dale-Roberts und seines Souschefs nahezu perfekt. Es sind nur Kleinigkeiten, die ab und zu am Pass noch zu beheben sind. Mal tauschen sie ein Salatblättchen aus oder ordnen ein Topping anders an. Schließlich ist jeder Teller, der rausgeht, auch ein kleines Kunstwerk – mehrere hundert sind es, die den etwa 60 Gästen bei diesem Lunch serviert werden. Normalerweise ist Platz für 65 Leute, heute blieb ein Tisch frei – schade drum.
Im November 2010 öffnete The Test Kitchen in einer ehemaligen Werkstatt. Durch die hohe Decke und die flache, offene Küche wirkt das ganze Restaurant sehr offen und überschaubar. Das durch schmale, hohe Fenster schräg einfallende Tageslicht schafft eine wohlig-warme, etwas schummrige Atmosphäre. Ganz bewusst wurde bei der Einrichtung auf Überflüssiges verzichtet. Auffallend sind die rustikalen Tische mit blanken Metallflächen und ohne Dekoration.
Stimmig dazu ist die Ausrichtung des Services: Alle sind natürlich, ungekünstelt, arbeiten ohne Schnickschnack und Allüren. Auch in der Enge zwischen den Tischen, bei der schnellen Folge der Gänge und beim Weinservice läuft alles sehr eingespielt, professionell und trotzdem wohltuend leger ab.
Kreativ: Langusten mit eingelegten Pilzen und Reis-Essig-Tee
Zur Küche selbst: Klassische Zutaten wie Lamm, Langustine, Perlhuhn und Kingklip (ein milder, fettarmer Weißfisch) kombiniert Dale-Roberts äußerst gekonnt mit asiatischen “Flavors”. Hier machen sich ganz deutlich die Inspirationen aus fünf Jahren Asien-Aufenthalt des Chefs bemerkbar. Der Brite war viele Jahre auf Wanderschaft. Er kochte in der Schweiz und in England, bevor er dann nach Singapore, Malaysia, Süd-Korea und auf die Philippinen geht. Schließlich bleibt er in Südafrika hängen. Als Küchenchef führt Dale-Roberts das “La Colombe” im Constantia Uitsig Wine Estate an die Spitze der südafrikanischen Restaurants.
Nach ganz kurzer Anlaufzeit erreicht er das auch mit “The Test Kitchen”: “Eat Out” zeichnet 2011, also schon im Jahr nach der Eröffnung, Dale-Roberts als “Chef of the Year” aus und das Restaurant wird unter den “Top 10 Restaurants” geführt. Ab 2012 ist “The Test Kitchen” Seriensieger, wird drei Mal in Folge zum “Eat Out Restaurant of the Year” gekürt.
Die Wahl für 2015 steht noch aus, sie findet Mitte November statt. Auch bei S.Pellegrino & Acqua Panna “The World’s best Restaurants” steigt das Renommée des Hauses jährlich weiter. Dieses Jahr erreicht “The Test Kitchen” Platz 28 und wird “Best Restaurant in Africa”.
Kein Wunder bei dieser Karte … Was wir auf die Teller bekamen, war alles andere als “Versuchsküche”.
The Old Biscuit Mill, 375 Albert Rd, Woodstock, Cape Town, Tel.:+27 21 447 2337, www.thetestkitchen.co.za