Ellis Hände zittern. Doch die 71-jährige hat sich immerhin getraut, auf den Segway zu steigen und eine Proberunde zu absolvieren. Noch bevor wir richtig in Fahrt kommen, muss jeder den Balancetest antreten. Bloß nicht den Lenker verdrehen, sagt Tourguide Erik. Vor, zurück, klappt. Unfallfrei rauf- und wieder runterzukommen, ist auch schon der schwierigste Teil.
In den Kurven bewegt man sich nur nach links und rechts – wie ein riesiger Joystick. Wii-Fit-Nutzer sind im Vorteil: Körpergewicht verlagern und damit in die gewünschte Richtung steuern. Ein paar Slalomhütchen sind gemeistert. Kann losgehen.
Es ist zehn Uhr, der riesige Parkplatz ist noch leer. Im Eight Restaurant frühstücken die ersten Gäste. Die Acht liegt auf die Seite, das Zeichen für Unendlichkeit als endloser Kreislauf. Soll heißen, alles was im Restaurant verarbeitet wird, kommt von der Farm, Abfälle werden recycelt. Nebenan im Deli to go, kann man sich sein Picknick selbst zusammenstellen und mitnehmen auf die Wiese am See. Eine friedliche Stimmung liegt über dem Wasser an diesem Morgen.
Die Spier Wine Farm wirkt wie ein weitläufiges Dorf. Im Haus am See kann man Weine verkosten, Wohnzimmerambiente mit Kamin inbegriffen. Der Gast soll sich wie Zuhause fühlen. Dann gibt es noch den Laden mit Kunsthandwerk und das Gehege mit den Geparden.
Wir wollen mit dem Segway heute die andere Seite der Farm erkunden, den Anbau. Mit mir eine südafrikanische Familie, Erik und sein Assistent. Oma Elli traut der Sache dann doch nicht und wartet lieber im Restaurant. Normalerweise führt die Tour durch den Proteagarten. Wegen dem vielen Regen der letzten Tage ist es heute aber zu matschig. Schade.
Mit Schrittgeschwindigkeit schleiche ich los, Sekunden später fühlt es sich so einfach an wie Fahrradfahren. Und ich mich wie der Cop in einem dieser amerikanischen Kinofilme. Beim ersten Anstieg übernimmt der Segway. Kein Strampeln, einfach etwas nach vorne lehnen und ab geht’s. Bis zu 20 Stundenkilometer schnell düst das Zweirad durchs Gelände, nach maximal 35 Kilometern müsste der Segway an die Steckdose.
Outdoor-Hühner im Planwagen
Wir kommen an einer Art Planwagen vorbei. Bewohnt werden diese von den Hühnern der Farm. Die Tiere können rein und raus, wann sie wollen. Auf dem Feld picken sie, was sie finden und alle drei bis vier Tage fährt man die Wagen an einen anderen Ort auf der Farm. So wird nach und nach der Boden auf ganz natürliche Weise gedüngt. Die Eier werden im Restaurant verarbeitet und an lokale Händler verkauft.
Mitten durch die Farm schlängelt sich der Eerste Rivier, dessen Ufer auffallend viele junge Bäume säumen. Ein Ergebnis des Treepreneurs-Projekts, das nicht nur die Lebensbedingungen in den Townships nachhaltig verbessern soll, sondern gleichzeitig dem Naturschutz dient.
Guter Tausch: Bäume gegen Bildung
Und das funktioniert so: Nach der Ernte sammeln die Arbeiter Samen von verschiedenen heimischen Bäumen und Pflanzen ein und ziehen daraus Setzlinge. Sind diese 15 Zentimeter groß, können sie die Minibäumchen in der Farm eintauschen. Geld bekommen sie nicht, Spier bezahlt in Naturalien oder mit Gutscheinen für Kleidung, Werkzeug, Fahrräder und Ähnlichem. Oder übernimmt die Schulgebühren für die Kinder. Leslie, die das Projekt leitet, muss neben ihrer Arbeit auf der Farm viel Aufklärungsarbeit leisten. Dass Bäume wertvoll sind für die Umwelt, das Klima und dass jeder, der mitmacht, auch seinen eigenen Alltag erleichtern kann. Sie verteilt die Samen, Anzuchttöpfe und Erde, gibt Tipps zur Pflege.
Mehr als 180 Leute aus den Townships sind bislang dabei, der jüngste ist fünf Jahre, der älteste 93. Tannie Babs Visagie hat bereits 5.600 Pflanzen eingetauscht, darunter 500 Speckbäume, die auf der Veranda des Spier Hotels zu sehen sind. Von den Gutscheinen kauft die 49-jährige, die einen kleinen Imbiss betreibt, Lebensmittel für die Waisen in ihrer Nachbarschaft.
Begonnen haben die Treepreneurs in KwaZulu-Natal, angeleitet von Wildlands, einer Non-Profit-Organisation. Inzwischen sind 24 Kommunen in ganz Südafrika beteiligt. Spier arbeitet seit 2009 mit Wildlands und hat seitdem tausende Bäume gepflanzt.
Auch auf unebenem Gelände im Weinberg macht der Segway keine Mätzchen. Will ich ihn bremsen, ziehe ich den Lenker näher zum Körper und bestimme das Tempo. Umfallen ist eigentlich nicht möglich, sagt der Guide. Bis der Schlussmann unserer Gruppe dann doch rücklings vom Segway kippt – zur allgemeinen Erheiterung in Slow Motion. Passiert ist glücklicherweise nichts. Auf der holprigen Piste kommen alle unversehrt zurück.
Buchen kann man die Segwaytour bei Erik Neethling unter Tel. +27 74 142 23 07 oder spier@segwaytours.co.za (275 ZAR/Std. oder 450 ZAR/2 Std.)
Die Reise wurde unterstützt von Wines of South Africa (WOSA) und Spier Winefarm.
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