Neuer Tag, neues Wetter. Es ist eisig (3° Celsius), aber: sonnig! Ich komme direkt von der Bettmeralp und bin entlang der Rhône mit der Bahn unterwegs nach Salgesch und Sierre. Damit Berge und Orte einen Namen bekommen und beim Passagier einen bleibenden Eindruck hinterlassen, ist auf der Fensterablage eine Landkarte integriert. Gefällt mir.
Wolkenfetzen hängen noch am Himmel, der heute endlich wieder richtig blau ist. Felsige Hänge mit kleinen Büschen wechseln sich ab mit sanft geformten Hügeln, Brücken und Straßen, die sich im Zick-Zack nach oben winden. Weiße Spitzen blitzen in der Ferne. Die Szene einzufangen mit ein paar Fotos erweist sich als sinnlos, das Ergebnis zeigt nur eine schlechte Kopie des Panoramas, das gerade vor meinen Augen vorüberzieht.
Vor jeder Kurve pfeift der Zug wie ein Murmeltier.
Dann, die ersten Rebberge von Salgesch und Sierre kommen in Sicht. Mehr als 50 Rebsorten werden im Wallis angebaut, aber Salgesch ist vor allem bekannt für gute Rotweine wie Pinot Noir. Hier kreierten die Schweizer auch ihren ersten Grand Cru Wein. Ich probiere verschiedene Weine im Keller von Rhodan, besuche das Rebmuseum im Zumofenhaus in Salgesch und wandere auf dem Weinweg durch die sonnigen Rebhänge zurück nach Sierre.
Der sechs Kilometer lange Weg teilt sich in vier Etappen: Schlucht der Raspilles (Reben in wilder Natur), Rebsortensammlung (mehr als 34 Sorten, Naschen erlaubt), Veyras (Künstler fanden Inspiration in der Stille) und Winzerquartiere (Rebhäuschen als Zeugen des Nomadenlebens der Winzer).
Vis-à-vis des Naturparks Pfyn-Finges führt der Pfad mal durch die Rebzeilen, mal entlang alter Suonen. Das sind Wassergräben, mit denen die Winzer früher das Schmelzwasser der Gletscher in die Weinberge umgeleitet haben. Heute erfüllen sie eher eine touristische Funktion.
Nach einem knackigen Anstieg aus Salgesch heraus, geht’s hinunter in die Schlucht der Raspilles, die das Gletscherwasser von Crans Montana hinabspült. Beim Fluss verläuft die Grenze, ab hier sprechen die Schweizer französisch.
Am Weg liegt das Château Muzot, in dem Rainer Maria Rilke gedichtet und seine letzten Jahre verbracht hat, umgeben vom Wein.
Weiter geht’s durch das alte Sierre. Um die Weinberge zu bewirtschaften, zogen die Bewohner ganzer Dörfer wie Ayer aus dem Val d’Anniviers über den Sommer nach Sierre, wo sie unter sich blieben. So entstanden die verschiedenen Stadtteile, die bis heute erhalten sind. Wie auch Villa mit dem Endpunkt des Weinwanderweges am Château de Villa aus dem 17. Jahrhundert. Während in Salgesch die Arbeiten im Weinbau im Fokus stehen, informiert das Museum in Sierre über die Weinbereitung.
Mehr als 600 Walliser Weine von mehr als hundert Winzern bietet die Vinothek an, von Visperterminen bis Martigny.
Weiteres Muss im selben Haus: die Raclette-Degustation mit fünf verschiedenen AOC-Bergkäse aus Wallis – vom milden Bagnes aus Etiez bis zum würzigen Gomser. Die Auswahl wechselt immer mal. Ich bin kein Fan von geschmolzenem Käse und Raclette kannte ich bisher nur als Pfännchen mit Gemüse, über das man eine Scheibe Käse legt und zerlaufen lässt. Was ähnlich wie Plastik für mich schmeckt. Das hier ist eine andere Liga. Cremig, nicht zu fest, nicht zu flüssig – einfach perfekt. Nicht umsonst gilt Château de Villa unter den Einheimischen als Raclette-Tempel. Der Hit war die klitzekleine Zugabe auf jedem Teller: ein streichholzgroßes Stück knusprig-gegrillter Käserinde.
Nach diesem grandiosen Abschluss, freue ich mich auf den letzten Tag meiner Wallis-Reise morgen: das Val d’Anniviers.
Die Wein-Tour dauert ca. 2,5 Stunden, Rückweg mit dem Zug, www.chateaudevilla.ch, www.museevalaisanduvin.ch
Meine Wallis-Reise wurde unterstützt durch Valais Promotion und auf dieser Etappe von Sierre-Anniviers Marketing.