Der Kulinarische Jakobsweg im österreichischen Paznaun-Ischgl lockt Genusswanderer in die spektakuläre Bergwelt im Westen Tirols.
(Enthält Werbung) Das Fleisch: butterzart. Obendrauf knusprige Ingwerjulienne-Streifen. Dazu Süßkartoffelpüree: aromatisch, ein Farbtupfer in Orange. Aber dann ist da noch so ein kleiner blassgelber Tropfen auf dem Teller – der alles verändert.
Bitter. Salzig. Erfrischend zitronig. Die Aromen wirbeln durcheinander im Mund, eine kleine Explosion. Ausgelöst durch diesen Klecks aus Salzzitronen. Überraschend. Genau so wie Sterneküche sein soll.
Nur, dass ich hier auf einer Berghütte auf knapp 2.300 m Meereshöhe bin, und nicht in einem Gourmettempel. Die Köche, vielfach ausgezeichnet, sind ebenfalls mit herauf gewandert – auf der Heidelberger Hütte wird an diesem Juli-Sonntag der Kulinarische Jakobsweg eröffnet, 2019 bereits zum elften Mal.
An den jeweiligen Chef’s Tables gibt es an diesem Samstag alle Gerichte zu kosten, was sich natürlich keiner zwei Mal sagen lässt. Vor der Kulisse einer Berghütte und verschneiten Gipfeln probiere ich mich von Tisch zu Tisch.
Inhaltsverzeichnis
Kulinarischer Jakobsweg: 5 Berghütten, 5 Genussrouten, 5 Sterneköche
Bekannt ist Ischgl als Ski-Region mit Hang zur Exklusivität. Im Sommer locken die Berge der Samnaun- und Silvretta-Gruppe zu wunderschönen Wandertouren, die für jedermann machbar sind.
Das Paznaun-Tal ganz im Westen von Tirol gilt aber schon länger auch als kulinarischer Hotspot. In vielen Hotels stehen Top-Köche aus aller Welt am Herd. Warum nicht auch ein bisschen dieser kulinarischen Kreativität in die Berge transferieren?
“Nasi Goreng hat auf einer Hütte einfach nichts zu suchen”, sagt der Touristiker Alfons Parth, dessen Sohn Benjamin 2019 als Koch des Jahres ausgezeichnet wurde. Sterneküche mit Chichi allerdings auch nicht, ergänzt Jahrhundertkoch Eckart Witzigmann, der als Schirmherr und Zugpferd für den Kulinarischen Jakobsweg agiert. Es gehe schlicht darum, mit Top-Produkten zu kochen, egal ob in der Höhe oder im Tal.
Atemberaubendes Alpenpanorama trifft Top-Gastronomie
Das Konzept des Kulinarischen Jakobsweges: fünf Berghütten, fünf Genussrouten, fünf Sterneköche. Jeder Koch kreiert ein Gericht für “seine” Hütte, dass dort den ganzen Sommer lang auf der Karte steht.
Mit dabei 2019:
- Tristan Brandt (D, 2-Sterne, u.a. Opus V, Mannheim)
- Jean-Georges Klein (F, 2 Sterne, Villa René Lalique, Wingen-sur-Moder, Elsass)
- James Knappet (GB, 2 Stern, Bubbledogs, London)
- Paul Ivic (A, 1 Stern & 3 Hauben, Tian, Wien)
- Onno Kokmeijer (NL, 2 Sterne, Ciel Bleu, Amsterdam)
Herausfordernd sei das Hineindenken in die Alpenküche, erklärt Koordinator Martin Sieberer, Tirols höchstdekorierter Koch. Das Arbeiten mit regionalen Produkten in ihrer Umgebung und das möglichst nachhaltig.
Was die Gourmetköche daraus machen, ist sehr unterschiedlich wie die Kostproben beim 2019er Auftakt zeigen: Kalbsbäckchen, Wild mit Sellerie und Schokolade, Flammkuchen, Wagyu-Rind mit Quinoa bis hin zum traditionellen Wasser- oder Kasmus, dem typischen Bergbauernessen im Paznaun.
Wanderung von Ischgl zur Heidelberger Hütte
Vor dem kulinarischen Genuss kommt zunächst ein anderer: die Wanderung zur Hütte.
Von Ischgl aus führt der Weg in rund drei Stunden durch das Fimbatal zur Heidelberger Hütte. Insgesamt etwa 300 Höhenmeter. Immer leicht ansteigend, nie steil, passt die Strecke perfekt zu ihrem Wandervorbild, dem echten Jakobsweg: Der Weg ist schließlich das Ziel.
Das Rauschen des Fimba-Baches begleitet mich ebenso wie das Gebimmel der Kuhglocken. Fast schon meditativ, ich kann meinen Gedanken freien Lauf lassen. Der Weg ist breit genug und einfach zu gehen. So habe ich Zeit, die Landschaft zu genießen – das weite, grüne Hochtal.
Bald komme ich zur Grenze, doch wäre da nicht das Schild, hätte ich es gar nicht bemerkt. Die Heidelberger Hütte liegt auf Schweizer Boden, ist aber offiziell nur von Österreich aus erreichbar.
Aus der Ferne kann ich die Hütte schon sehen, doch es dauert noch gemütliche 60 Minuten bis ich ankomme. Gut so: Diese Tour lädt regelrecht dazu ein, langsam zu wandern und die Landschaft zu genießen.
Auch langsames Gehen macht hungrig und durstig. Das kühle Kracherl-Radler auf der Hütte erfrischt ungemein. Die Tische sind gut gefüllt, an der frischen Luft schmeckt’s einfach doppelt gut.
Das gilt auch für das Gourmet-Gericht, dass sich Kochpate Tristan Brandt, 2-Sternekoch aus Mannheim, ausgedacht hat: Kalbsbäckchen mit Süßkartoffeln, Ingwer und Salzzitrone.
Alle Hütten des Kulinarischen Jakobsweges zu einer langen Wanderung verbinden, ist leider nicht möglich, diese liegen einfach zu weit auseinander.
Mit einer Ausnahme: Die Heidelberger Hütte und die Jamtalhütte kann man zu einer genussvollen Wochenend-Tour kombinieren (siehe Tourenvorschläge unten). Von Hütte zu Hütte dauert es knapp vier Stunden, Betten sind jeweils ausreichend vorhanden.
Wanderung von Galtür zur Jamtalhütte
Am zweiten Tag ist die Jamtalhütte mein Ziel. Von Galtür auf 1.582 m braucht man etwa drei Stunden bis zur Jamtalhütte (2.165 m) auf der Forststraße, alternativ kann man auch von der Menta-Alm starten (1.657 m). Das Tal ist ebenso schön wie das Fimba-Tal gestern und noch eine Spur wildromantischer und felsiger.
Gletschergrau bis Mint rauscht das Wasser neben dem Weg ins Tal, Wasserfälle stürzen von den schneebedeckten Gipfeln herab. Die Alpenrosen beginnen Anfang Juli ihre pinkfarbene Schönheit zu entfalten, gelbe Trollblumen leuchten in der Sonne und hier und da blitzen kobaltblau ein paar Enzianblüten zwischen den Steinen hervor.
Trotz der Höhe wird mir schnell warm in der Sonne, die sich an diesem Tag leider nur selten zeigt. Das Wetter in den Bergen kann ohnehin sehr schnell wechseln, Regen- und Sonnenschutz sollte im Rucksack nicht fehlen.
In der Jamtalhütte servieren die Hüttenwirte Gottlieb und Sabine Lorenz in diesem Sommer Flammkuchen de luxe – eine 3-in-1-Kreation des Elsässer Sterne-Kochs Jean-Georges Klein. Eine Seite ist ganz klassisch belegt, die andere mit Crème fraîche und Kaviar; als Dessert gibts die süße Variante mit Äpfeln und Zimt. Mir haben alle drei sehr gut geschmeckt.
Der Plan, nach dem Essen zurück ins Tal zu laufen, endet nach weniger als zehn Minuten – pitschnass mit einem kräftigen Guss von oben – wieder in der Hütte.
Zum Glück ist noch Flammkuchen da 🙂 Und einen Zirbenschnaps zum Aufwärmen hat die Hüttenwirtin auch gleich parat.
Ischgl: Hochgenuss statt Halligalli
Das Schöne an Ischgl (der Ort mit dem höchsten Champagnerkonsum in Österreich) ist, dass jeder nach seiner Façon glücklich werden kann. Die Après-Ski-Fraktion ebenso wie anspruchsvolle Genießer, die abends gern in Ruhe ein schönes Dinner erleben möchten. Oder Wanderer, die statt Pistenglück lieber Alpenrosen suchen. Wie ich.
Ich hatte Gelegenheit, bei einem der Pioniere der Ischgler Gourmetszene zu essen: Martin Sieberer, Sternekoch und Küchenchef im 5-Sterne-Hotel Trofana Royal, der uns am Vorabend der Eröffnung des Kulinarischen Jakobsweges reichlich verwöhnt hat.
Ebenso bei Benjamin Parth, Ischgls junger Küchenstar, vom Gault Millau als Koch des Jahres 2019 ausgezeichnet. In seinem Restaurant Stüva setzt er auf Minimalismus und Kreationen mit leichten Saucen, die so puristisch und klar daher kommen wie ein Sommergewitter. Maximal drei Geschmackskomponenten kombiniert er – betont schlicht – zu einem Gericht.
Weitere Informationen und persönliche Tipps:
Kulinarischer Jakobsweg:
Der Kulinarische Jakobsweg bringt Top-Gastronomie in die Berge von Paznaun-Ischgl: Zu allen Hütten führen leicht zu gehende Wanderwege. Jedes Sterne-Gericht kostet 15 Euro. Von Juli bis September bieten die Heidelberger Hütte, Jamtalhütte, Friedrichshafener Hütte, Ascherhütte und Almstüberl neben spektakulären Aussichten auch Hochgenuss auf dem Teller. Infos zu den Köchen findest du auf der Website von Ischgl.
Hüttenfest auf der Jamtalhütte am 18. August 2019:
Gemeinsame Wanderung mit Martin Sieberer ab 10 Uhr von der Scheibenalm. Auf der Hütte gibts alle fünf Gerichte der internationalen Starköche zum Probieren.
Anreise:
Mit dem Zug über München oder Zürich bis Landeck-Zams, weiter per Bus oder Taxi. Mit dem Auto über die Inntalautobahn, Arlberg-Schnellstraße und Silvretta-Bundesstraße nach Ischgl.
Unterkunft:
Hotels gibts reichlich in Ischgl und Umgebung, vom 5-Sterne-Haus bis zum Appartement ist für jedes Budget etwas dabei. Ich habe im Hotel Ischgler Hof übernachtet und war sehr zufrieden: Alpenchic mit viel Holz und warmen Farben, edler Wellness-Bereich.
Bereits ab einer Übernachtung bekommst du die Silvretta Card, mit der du u.a. kostenlos Seilbahnen, Busse, Bäder nutzen kannst.
Essen & Trinken:
Berghütten am Kulinarischen Jakobsweg:
- Heidelberger Hütte (Ischgl)
- Jamtalhütte (Galtür)
- Ascherhütte (See)
- Friedrichshafener Hütte (Ischgl)
- Almstüberl (Kappl)
Restaurants in Ischgl:
- Restaurant Stüva im Hotel Yscla, www.yscla.at
- Paznauner Stube im Hotel Trofana Royal, www.trofana-royal.at
- Restaurant im Hotel Tirol, www.tirol-ischgl.at
Weitere Infos: ischgl.com
Wandervorschläge zu den Hütten am Kulinarischen Jakobsweg
Jamtalhütte
Galtür Dorfplatz – Jamtal – Alpe Egg – Menta Alm – Scheiben Alm – Jamtalhütte
Das Jamtal ist eines der schönsten Hochtäler im Paznaun und erstreckt sich von Galtür bis zu den Gletschern sowie ganzen 44 Zwei- und Dreitausendern. Vom Galtürer Dorfplatz ausgehend, führt der Wanderweg vorbei an der Menta Alm (1.657 m) und der Scheiben Alm (1.833 m) bis zur Jamtalhütte (2.165 m). Gehzeit ca. 3,5 Stunden. Besonders schön Ende Juni/Anfang Juli, wenn die Alpenrosen blühen.
Heidelberger Hütte
Ischgl oberhalb der Kirche – Fußwanderweg Fimba – Seilbahn Mittelstation – Bodenalpe – Gampenalpe – Fimba Alpe – Heidelberger Hütte
Von der Kirche in Ischgl führt der Wanderweg Fimba vorbei an der Bodenalpe (1.842 m), der Gampenalpe (1.975 m) und der Fimba Alpe (2.123 m), ca. 4 Stunden Gehzeit. Alternative: Mit der Fimba-Bahn hochfahren und in ca. 3 Stunden zur Heidelberger Hütte durch das Tal wandern. Bei entsprechender Kondition und Bergerfahrung empfiehlt sich eine Kombination mit der Jamtalhütte (über das Kronenjoch 2.976 m) als Wochenendtour.
Friedrichshafener Hütte
Parkplatz Friedrichshafener Hütte (Ortsteil Valzur) über die Abkürzung zur Hütte
Von Mathon, Ortsteil Valzur (Parkplatz), gehts 700 Höhenmeter hinauf zur Friedrichshafener Hütte (schneller über die Abkürzung in knapp zwei Stunden) durch den Wald, später mit schöner Aussicht Richtung Ischgl und Galtür.
Ascherhütte
See – Medrigalm – Ascherhütte – Versingalpe – Medrigalm – See
Von See kommst du mit der Seilbahn bequem zur Medrigalm auf 1.800 m. Entlang eines breiten Forstweges gehts vorbei an der Versingalpe (bewirtschaftete Alm) bis zur Ascherhütte auf 2.256 m. Abstieg auf dem breit angelegten Fahrweg (kinderwagentauglich) bis zur Medrigalm, von dort mit der Seilbahn oder zu Fuß zurück nach See.
Almstüberl
Kappl – via Diasbahn zur Bergstation – Almstüberl
Kappl erstreckt sich insgesamt auf 90 kleine Weiler, umgeben von den majestätischen Dreitausendern. Mit der Dias-Seilbahn gemütlich von Kappl auf 1.800 m fahren, von dort ist es nur noch eine kurze Wanderung bis zum Almstüberl. Zurück wie Hinweg (6 km einfache Strecke).
Packtipp:
Das Wetter in den Bergen kann sich schnell ändern, einem blauem Himmel kann in wenigen Minuten ein kräftiger Regenguss folgen. Für deine Wanderung packe am besten eine wasserfeste Jacke, evtl. auch eine Regenhose zum Überziehen ein.
Die Reise erfolgte in Kooperation mit dem Tourismusverband Paznaun-Ischgl. Auf Art, Inhalt und Umfang hat dies keinen Einfluss, meine Meinung bleibt wie immer die eigene.