Anton scharrt mit den Hufen. Er will endlich los. Lange Reden mag er ganz offensichtlich nicht. Hannes lässt sich davon aber nicht beeindrucken und startet erst mal eine Vorstellungsrunde. Ein Eselführer will schließlich wissen, mit wem er die nächsten sechs Stunden verbringt.
Eine bunt gewürfelte Truppe: Saarländer, Frankfurter, Wiesbadener und Stuttgarter, Freundinnen, Oma-Opa-Enkel-Ausflügler und ein Labrador, zwischen vier und 70 Jahre alt, wollen alle mit dem Esel wandern. Und dann ist da noch Lotti, Antons Gefährtin. Lotti ist 14 Jahre alt und läuft wie ein Model auf dem Catwalk, immer leicht über Kreuz. Sieht selbst mit vier Beinen äußerst elegant aus.
Anton ist erst vier. Und weiß genau, was er will: fressen. Immer und überall. Selbst beim Laufen rupft er jeden Grashalm, den er erwischt. Die saftigen Kräuterwiesen im Bliesgau schmecken halt auch verdammt gut. Anton kennt die Tour noch nicht, es ist seine erste. Mit zwei Jahren wurde er auf einem Viehmarkt in Sizilien verkauft. Ein Brummifahrer nahm ihn mit nach Deutschland, wo er zunächst mit Hunden und Katzen aufwuchs, erzählt Hannes. Heute lebt der Graue bei ihm auf dem Hof Sonnenbogen. Fürs Wandern ist er bestens gerüstet. Als Steinwüstenbewohner sind seine Hufen an harten und steinigen Boden gewöhnt, weshalb er enorm trittsicher unterwegs ist.
Eselwandern im Bliesgau
Nach einem ersten kurzen Anstieg aus Breitfurt heraus legen wir eine Pause ein. Anton und Lotti bedienen sich am Gras, wir an Hannes’ selbst gemachten Kräuterbutter-Broten. Was drin ist, wächst quasi um uns herum. Einen kleinen Kräuter-Workshop gibt’s gleich obendrauf.
Manchmal findet Anton, wir sind zu langsam – und setzt zum Sprint an. Kaum zu glauben: Ein Esel schafft bis zu 50 Kilometer in der Stunde, auch wenn er das Tempo nicht längere Zeit durchhalten würde. Nur mit Mühe gelingt es mir, die 150 Kilo Lebendgewicht im Zaum zu halten, wenn Anton anders will als ich. Wer ist der Chef?
Der Esel, keine Frage.
Hinter der nächsten Kuppe mit grandioser Fernsicht über den Bliesgau liegt unser Vesperziel: der Neukahlenberger Hof. Die hundert Hektar, die zum Hof gehören, werden biodynamisch bewirtschaftet. Auf rund 30 Prozent wachsen Weizen, Dinkel oder Kartoffeln. Das Grünland liefert Silage für die eigenen Kühe. Deren Milch, 120.000 Liter im Jahr, verarbeitet die angeschlossene Hofkäserei. Bliesgauer Schnittkäse, Bergkäse oder Münster verkauft man auf den Wochenmärkten der Region, beliefert aber auch Restaurants, unter anderem Sternekoch Cliff Hämmerle in Blieskastel.
Ein Bio-Hof wie andere auch. Nicht ganz. Auf dem Neukahlenberger Hof leben und arbeiten Menschen mit Behinderung. Jeder macht, was er schafft – nicht beschäftigungstherapiert, sondern sinnvoll und wirtschaftlich erfolgreich.
Nach einer ausgedehnten Rast wandern wir gemächlich mit ein, zwei kleineren Foto-Stopps zurück zum Ausgangspunkt. Anton frisst weiter ohne Pause und Lotti trägt nun die beiden jüngsten Mitwanderer auf ihrem Rücken. So finden diese Wandern noch besser.
Übrigens: Von wegen störrischer Esel – unsere beiden Grautiere haben kein einziges Mal gebockt.
Eselwanderungen: Hannes Ballhorn, Wolfersheim, http://hof-sonnenbogen.jimdo.com
Hofladen: Neukahlenberger Hof, Blieskastel-Böckweiler, www.haussonne.de
Die Reise erfolgte mit freundlicher Unterstützung der Tourismuszentrale Saarland. Bei meinen Recherchen arbeite ich zum Teil mit Tourismusverbänden, Veranstaltern und Hotels zusammen. Auf Art, Inhalt und Umfang meiner Artikel hat dies keinen Einfluss, meine Meinung bleibt wie immer die eigene.
3 Kommentare
Wie lustig war das! Die Bilder sind auch sehr schön. Danke für den Beitrag!
Hallo Antje,
herzlichen Dank für den schönen Bliesgau-Esel-Wanderbeitrag, den wir gleich auf dem reiseblog.saarland gelinkt haben: Für alle Natur- und Tierfreunde!
Herzlich,
Susanne
Oh, vielen Dank. Es hat uns auch riesig Spaß gemacht im Saarland. Bis bald mal wieder, Antje
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