Saarland ist eigentlich nicht richtig. Bliesland wäre richtiger. Der kleine Nebenfluss der Saar schlängelt sich viel länger durch das Land als die Namensgeberin. Besonders schön macht sie das im Bliesgau, im südöstlichen Zipfel des Saarlands.
Vorbei an den Orchideenwiesen von Gersheim beispielsweise. Etwa 60 Arten wachsen in Deutschland, annähernd die Hälfte kann man im Bliesgau bestaunen. Klein und filigran sind die Blumen, man muss schon genau hinsehen, sonst würde man einfach dran vorbei gehen.
IM BIOSHÄRENRESERVAT ZU HAUSE: ORCHIDEEN, BIBER UND EISVOGEL
Landschafts und Naturführerin Heike Welker zeigt uns ein weiteres Orchideen-Fleckchen oberhalb von Blieskastel. Ein steiler Magerwiesenhang kurz vorm Wald, gut getarnt von einer Hecke. Und ein herrliches Picknick-Plätzchen (siehe Titelfoto). Nur ein paar Schritte davon entfernt pilgern Wanderer auf dem Jakobsweg von Speyer bis Metz. An der Stelle mit der schönsten Aussicht hat man ein Sternenfeld in den Boden gemeißelt.
Am Waldrand verläuft die Landesgrenze. Direkt durch die Bank, die da steht – einer sitzt in Rheinland-Pfalz, der andere hockt im Saarland.
Wir fahren nach Böckweiler. Ein beliebter Stopp bei Pilgern ist die schlichte Stephanuskirche, deren dreiteiliger Chorturm als einmalig gilt. Gebaut etwa im 11. Jahrhundert, doch auf dem Gelände fand man Reste einer römischen Villa, die vermutlich als Poststation diente. Die große Linde vor der Kapelle und der Brunnen verbreiten eine seltsam angenehme Ruhe.
Weiter Richtung Medelsheim. Plötzlich zieht ein intensiver Geruch zu uns. Ein Meer aus weißen Blüten am Straßenrand … Bärlauch. Leider schon zu groß zum Pflücken.
Seit 2009 ist der Bliesgau anerkannt als Biosphärenreservat. Kurz gesagt, ist das eine Lebensform, bei der der wirtschaftende Mensch und die Natur bestmöglich miteinander vereinbar sind. Als bedürfe dies eines Beweises, sprinten neben der Straße Reh und Hase übers Feld.
15 solcher Reservate gibt es in Deutschland. Der Bliesgau als Modellregion ist auch deshalb so spannend, weil die Bevölkerungsdichte mit 300 Einwohnern pro Quadratkilometer deutlich höher liegt als anderswo in Deutschland. Etwa 70 Prozent sind als Entwicklungsraum definiert, die restlichen 30 als Pflegezone, drei Prozent des Gebietes als Kernzone von der Nutzung ausgenommen. Ein wahres Freiluftlabor für Biologen, Geologen oder Förster. Und ein Platz zum Ausprobieren, regenerative Energien sind ein großes Thema.
In der Blies wurde der Biber wieder angesiedelt, mit Eisvogel und seltenen Schmetterlingsarten als Nachbarn. Auf einer alten Bahntrasse am Fluss rollen Radwanderer. Der Bliesgau ist über den Freizeitweg ans Radwegenetz angeschlossen, wer will, kann bis zur Nordsee durchradeln.
HARTUNGSHOF: HAUSGEMACHTES AUS REGIONALEN MANUFAKTUREN
Stopp in Bliesbruck-Reinheim im Europäischen Kulturpark. Zu sehen sind unter anderem Ausgrabungen römischer Thermen, das Grab der keltischen Fürstin von Reinheim und deren Goldschmuck sowie eine nachgebaute Siedlung.
Auf der gegenüberliegenden Seite sind wir bereits in Frankreich. Auf 15 Kilometern Länge gilt die Blies als Grenze – am deutschen Ufer, nicht wie sonst üblich in der Mitte. Dank dem Wasserrecht, die Flößerei war wichtig für die Franzosen.
Bei Frauenberg wechseln wir wieder auf die deutsche Seite und fahren nach Bliesransbach zum Hartungshof. Neben einer Wald- und Energiewirtschaft und einer Pferdepension mit Reithalle haben sich kleine Manufakturen angesiedelt: die Bliesgau-Ölmühle, Naturkosmetik, ein Orgelbauer.
Christel Breyer stellt unter dem Label MaLi’s Delices Marmeladen, Chutney und Brotaufstriche her, bevorzugt aus den Früchten, die im Bliesgau wachsen. Mit Ziegenkäse und Brot verkosten wir ein paar der feinen Sachen – hhmmm, so schmeckt eben nur Hausgemachtes.
BAROCKSTADT BLIESKASTEL
Zurück in Blieskastel, drehen wir noch eine kleine Runde zu Fuß. Die barocke Altstadt steht unter Denkmalschutz. Über die Schlossstraße kann man hinauf zum Kloster laufen oder zum Gollenstein. Der über sechs Meter hohe Monolith steckt senkrecht im Boden. So ganz genau hat man nicht herausgefunden, was es damit auf sich hat, ziemlich sicher aber wohl eine Stätte für Kulthandlungen.
Auffallend in der kleinen Stadt ist die große Auswahl an Restaurants. Alles da – von der Dönerbude bis zum Sternerestaurant von Cliff Hämmerle. Das Beste aber: Einer der begehrten Tische ist für uns reserviert.
Titelfoto: Gollenstein, Blieskastel
Die Reise erfolgte mit freundlicher Unterstützung der Tourismuszentrale Saarland. Bei meinen Recherchen arbeite ich zum Teil mit Tourismusverbänden, Veranstaltern und Hotels zusammen. Auf Art, Inhalt und Umfang meiner Artikel hat dies keinen Einfluss, meine Meinung bleibt wie immer die eigene.
2 Kommentare
Bliesgau ist sehr schön vor allem die Natur drum herum. Eine Reise wert.
Tolle Fotos..