Im Wald umzingelt von einer Rentierherde, Blut auf dem Teller und Rauch in der Hütte – unvergessliche Erlebnisse in Finnisch Lappland, Europas wildem Norden.
Der Wald ist licht, weiter hinten schimmert das Wasser eines Sees durch. Nichts als Stille. Dann ein Pfiff. Die Erde grummelt, immer lauter. Wie auf ein Kommando kommen sie aus allen Richtungen angaloppiert: etwa 60 hungrige Rentiere.
Und wir mittendrin.
Gut zu wissen, dass Rentiere Vegetarier sind … Das und alles, was sonst so im Jahr eines Rentieres passiert, erzählt uns Timo, unser Guide im Salla Wildpark. Wir begleiten ihn zur täglichen Visite; bald fressen auch uns die gar nicht scheuen Rentiere fast aus der Hand – und lassen sich sogar streicheln. Außer am Geweih, das mögen sie gar nicht. Doch schon bald sind Beeren und Pilze wieder spannender als wir.
Timo hat in der Zwischenzeit frischen Kaffee gebrüht, so wie die Finnen es machen: über dem offenen Feuer Wasser zum Kochen bringen, Kaffeepulver rein und etwa 20 Minuten ziehen lassen. Programme wie dieses offeriert der Salla Wilderness Park von Mai bis zum Herbst, auch mit Übernachtung im Park.
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Inhaltsverzeichnis
Salla Nationalpark: wandern, paddeln und fatbiken
Wer lieber individuell unterwegs ist, findet im 2022 neu gegründeten Salla Nationalpark unzählige Möglichkeiten – von uralten Wäldern, Mooren, unberührten Seen bis zum Gipfel des Iso Pyhätunturi, von dem man die Weite der Landschaft bewundern kann.
Auch vom Gipfel hinter unserer Unterkunft am Salla Ski Resort ist die Aussicht grandios und nur eine knappe Stunde Aufstieg entfernt. Wir spazieren nach dem Abendessen hinauf und genießen – na klar – einen Kaffee am Feuer. Der Sonnenuntergang wartet auf uns bis zum Rückweg gegen 22 Uhr, einfach fantastisch.
Während es im Sommer ein paar Wochen lang überhaupt nicht richtig dunkel wird, glänzt der Sternenhimmel in der übrigen Zeit umso intensiver. Lichtverschmutzung? Gibt es nicht in Lappland. Die Milchstraße glitzert milliardenfach am schwarzen Firmament.
Getoppt wird das Spektakel nur noch von den Nordlichtern, die von Herbst bis zum Frühjahr zu sehen sind. Unter anderem dafür wurden dieses Jahr vier Observationshütten aufgestellt, in denen man die Phänomene des Nordens ganz gemütlich beobachten kann.
In und um Salla locken mehr als 300 Kilometer markierte Wanderwege in die Natur, von der kleinen Runde bis zur Mehrtagestour. Wir starten direkt am Besucherzentrum auf dem Ämmin Polku, einem knapp drei Kilometer langen Weg, der teils durch den Wald und teils auf Holzbohlen bis zu einem kleinen See führt, mit Picknick- und Grillhütte.
Für den Kaunisharju Trail leihen wir uns im Salla Ski Resort ein Fatbike. Mit dessen besonders breiten Reifen kommen wir bestens durchs Gelände. Obwohl ich anfangs etwas skeptisch bin, meistert das Rad selbst Wurzeln, Schotter und steile Stücke problemlos, ja es macht sogar richtig Spaß. Diese und weitere Tourenbeschreibungen gibts im Salla Ski Center oder im Besucherzentrum des Nationalparks.
Unter der Mitternachtssonne auf einem See paddeln – ein weiteres Highlight unserer Tour durch Finnisch Lappland im August. Bis kurz vor elf Uhr abends ist es da noch hell. Auf dem Hangasjärvi lässt unser Guide die Boote ins Wasser, hilft beim Einsteigen – tatsächlich der „gefährlichste“ Moment einer Kanutour – und dann paddeln wir auf dem spiegelglatten, stillen See. Ein unbeschreibliches Gefühl, so mitten in der Natur, über die sich die Nacht senkt, zu sein.
Nach etwa einer Stunde erreichen wir das Ende des Sees und stärken uns für die Rückfahrt am Feuer mit Kaffee und selbst gemachtem Pie mit Rentierfleisch oder Lachs. Finnen lieben es, in der Natur zu sein und so gibt es an den schönsten Plätzen Feuerstellen zum Picknicken. Holz liegt in einer kleinen Hütte daneben, jeder darf sich bedienen.
Ruka/Kuusamo: Wild Food, Home Baking & Rauch-Sauna
Von Salla fahren wir nach Ruka, das rund hundert Kilometer südlich liegt. Schnurgerade Straße, keine Ortschaften, keine Tankstelle, gelegentlich mal ein paar Rentiere und sonst – nichts als Wald und Wasser.
Nach unserem gut ausgestattetem Apartment in Salla wartet in Ruka noch eine Steigerung auf uns: ein Haus am See Iso-Veskajärvi mit Sauna und – ein freier Blick zum Himmel vom Bett aus. Schade nur, dass sich die Fenster nicht öffnen ließen.
Vorm Essen bleibt noch etwas Zeit für einen Spaziergang auf den Konttainen Hill, ein etwa zwei Kilometer langer Trail führt vom Parkplatz aus zum Aussichtspunkt am Gipfel. Die Aussicht: ein Traum, besonders schön vom späten Nachmittag an bis zum Sonnenuntergang.
Der Gipfel bietet eine wirklich lohnende Aussicht auf den See Konttaisenjärvi und die umliegenden Hügel von Ruka. Wer mehr Zeit hat: Der Wanderweg Konttaisen polku ist Teil des Karhunkierros-Weges.
Das Ruksa Restaurant der Familie Määttä setzt voll und ganz auf Naturküche: modern, wild und lokal sind die Speisen auf der Karte. Ob Tatar vom Whitefish, der zur Familie der Lachse gehört, mit Limettenkaviar und roter Bete, gedünstetes Rentierfleisch mit Kartoffelstampf und Preiselbeeren oder das gebackene Eis mit arktischen Beeren und Merengue – einfach köstlich.
Rentier hatten wir auch die Tage zuvor in Salla schon probiert – und zwar in verschiedenen Versionen, unter anderem als Blutwurst und Zunge. Was nach etwas Überwindung klingt, schmeckt würzig und sehr lecker.
Tanja und Matti Pohjolan leben ziemlich abgeschieden, im Haus der Großmutter aus dem 19. Jahrhundert, nur noch acht Haushalte zählt das „Dorf“ in der Nähe von Kuusamo.
Besuch haben sie dennoch ziemlich oft, sogar Promis wie Fußballstar Messi waren schon da. „A Day like a Finn“ heißt das Programm, wo man ein paar Stunden lang mit den beiden in ihrer Küche Rieska, das traditionelle Fladenbrot, und Zimtschnecken backt und beim gemeinsamen Essen viel erfährt über das Leben der Finnen hier.
Der Teig ist schon vorbereitet, dann gehts ans Kneten, Ausrollen und Formen. Im Steinbackofen bekommt das Gebäck dann seinen unvergleichlichen Geschmack. Das Rezept wollte Tanja aber lieber für sich behalten.
Wir fahren weiter zu den Nachbarn, zirka 20 Minuten entfernt, direkt an der russischen Grenze. Hier betreiben die beiden Schwestern Katja Vira und Sirpa Kämäräinen das Isokaisten Klubi, ein einfaches Hotel mit dem gewissen Etwas. Das Etwas ist die Rauchsauna – und das sollte jeder, der nach Finnisch Lappland kommt, erlebt haben. Für Finnen ist die Sauna ein heiliger Ort, erklärt Katja, das ganze Leben lang begleitet diese den Menschen – früher kamen hier sogar die Babys zur Welt, wenn es weit und breit der einzige Ort war, an dem es Wärme und Wasser gab.
Die Zeremonie ist aufwändig: Sechs Stunden vorher wird das Feuer angefacht und rund tausend Kilo Steine erhitzt. Dann wird der Rauch abgelassen, die trockene Hitze bleibt in der Sauna – über viele Stunden hinweg. Dampf entsteht dadurch, dass man sich ganz nach Belieben mit kalten oder lauwarmem Wasser über den Körper gießt oder mit nassen Birkenzweigen abklatscht. Nach dem Saunagang springt man direkt in den See zum Erfrischen. Und startet dann das Ganze von vorn.
Während wir noch die finnische Wellness genießen, wirbelt Sirpa bereits in der Küche. Beste Hausmannskost aus dem, was die Natur gerade hergibt – lokal, frisch und sehr schmackhaft zubereitet.
Tiefentspannt und mit einem feinem Raucharoma am Gaumen fallen wir abends ins Bett. Das angenehm schaukelnd auf dem Wasser des Heikinjärvi schwimmt. Wie auf einer kleinen Insel steht die Aurorahütte, zur Seeseite und nach oben verglast – falls die Aurora Borelia, die Nordlichter, tanzen, muss man nicht mal das wohlige Nest verlassen.
Finnisch-Lappland – alles Wichtige auf einen Blick
Hinkommen: FinnAir fliegt von mehreren deutschen Städten nach Helsinki, von dort weiter nach Kuusamo (ca. 1,5 Stunden). In Lappland kommt man am besten mit einem Mietwagen herum. Die Annahme und Abgabe am Flughafen sind unkompliziert, unbedingt vorab reservieren.
Übernachten:
- Holiday Club Salla, Revontulentie 2, 98900 Salla, www.holidayclubresorts.com; Übernachtung in gemütlichen Appartments mit Sauna und Kamin.
- Villa Veskaranta, Rukan Salonki, Veskantie 1, 93830 Rukatunturi, rukansalonki.fi/en/accommodation/veskaranta-sky-view-villas-en; Doppelhäuser mit eigenem Seezugang
- Isokenkäisten Klubi, Heikinjärventie 3, 93800 Kuusamo
Essen & Trinken:
- Restaurant Kiela, Hangasjärventie 1, Salla
- Restaurant Keloravintola, Revontulentie 9, Salla
- Restaurant Ruksa, Rukatunturintie 12, 93830 Kuusamo
Erleben:
- Salla Wilderness Park, Hautajärventie 111, Salla, www.nationalparks.fi/sallavisitorcentre; verschiedene Angebote wie Rentierfütterung oder Kanutouren, teils auch mit Übernachtung; Informationen zu Wandertouren mit Karten gibts im Besucherzentrum
- Salla Ski Resort, Revontulentie 7, Salla, ski.salla.fi; im Sommer Vermietung von Fatbikes
- Oulanka National Park Besucherzentrum, Liikasenvaarantie 132, 93900 Kuusamo
- Museum of War and Reconstruction, Savukoskentie 12, 98900 Salla
Hinweis: Das ist ein redaktioneller Beitrag, der unter Umständen dennoch eine werbliche Wirkung entfalten könnte. Die Reise erfolgte mit freundlicher Unterstützung der Regionen Salla und Ruka/Kuusamo. Bei meinen Recherchen arbeite ich zum Teil mit Tourismusverbänden, Veranstaltern und Hotels zusammen. Auf Art, Inhalt und Umfang meiner Artikel hat dies keinen Einfluss, meine Meinung bleibt wie immer die eigene.